Morbus Crohn, Colits ulcerosa

Zwölf Ernährungstipps bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen

Stuttgart - 16.04.2024, 16:45 Uhr

Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung fragen sich oft, wie sie sich am besten ernähren sollen. (Bangun Stock Photo / AdobeStock)

Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung fragen sich oft, wie sie sich am besten ernähren sollen. (Bangun Stock Photo / AdobeStock)


Menschen, die unter einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung leiden, fragen sich (und ihr Apothekenteam) oft, wie sie sich am besten ernähren sollen. Nun hat die American Association for Gastroenterology neue Empfehlungen zur Ernährung von Patienten mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa veröffentlicht. Die DAZ stellt die zwölf Ernährungsempfehlungen vor.

Welche Ernährungsweise kann für Patienten und Patientinnen mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen hilfreich sein? Diese Frage auf Basis des aktuellen Forschungsstandes zu beantworten, hat sich eine Forschungsgruppe der Mayo Clinic im US-amerikanischen Jacksonville zur Aufgabe gemacht. Herausgekommen sind zwölf Ernährungstipps für Menschen mit Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Veröffentlicht wurden die Ergebnisse im Fachjournal Gastroenterology.

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1. Mediterrane Ernährung befolgen

Die mediterrane Ernährung gilt im Allgemeinen als „Goldstandard der Ernährungsweisen“. Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen wird sie empfohlen, um das allgemeine Wohlbefinden zu steigern und Mangelernährung vorzubeugen, wie die Autoren der Leitlinie die Studienlage zusammenfassen. Jedoch: Es gibt keine Diät, die in Studien konsequent die Remission erhalten konnte. Bei Colitis ulcerosa könnte das Vermeiden von rotem Fleisch die Rückfallrate reduzieren, bei Morbus Crohn aber nicht, wie die Studienautoren anmerken.

Was ist mediterrane Ernährung?

Wer der Mittelmeerküche folgt, isst drei- bis fünfmal am Tag. Vollkornprodukte und Gemüse sollten in jeder Hauptmahlzeit vertreten sein. Olivenöl als Salatdressing, zu Gemüse oder bereits gekochten Vollkornnudeln führt zu einer täglichen Aufnahme des Pflanzenöls von ungefähr vier Esslöffeln. Geflügel und vor allem Omega-3-Fettsäuren-reicher Fisch wie Hering oder Makrele stehen mehrmals pro Woche auf dem Speiseplan. Obst sollte an den meisten Wochentagen bis täglich als Snack oder Nachtisch dienen. Milchprodukte wie Joghurt oder Käse können täglich, aber in moderaten Mengen verzehrt werden. In einer Woche sollten nicht mehr als vier Eier konsumiert werden, dazu zählen sowohl als Eierspeise verzehrte Eier als auch in Kuchen und anderen Backwaren enthaltene.

Rotes Fleisch und stark verarbeitete Lebensmittel wie Süßigkeiten oder Tiefkühlkost werden nur sehr selten in geringen Mengen verzehrt. Alkohol kann in Form von Wein zum Essen getrunken werden, jedoch maximal zwei Gläser Wein à 125 ml für Männer und ein Glas für Frauen. Als Flüssigkeitsquelle dienen Wasser und ungesüßter Tee oder auch Kaffee. Beim Zubereiten von Speisen wird Salz sparsam eingesetzt und stattdessen Gewürze nach individuellem Belieben verwendet.

2. Ballaststoffreiche Lebensmittel kochen und gut zerkauen

Manche Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung leiden an Darmverengungen. Ballaststoffe werden dann womöglich schlecht vertragen. Sorgfältiges Kauen von Obst und Gemüse, sowie das Zerkochen von Lebensmitteln mit einem hohen Faseranteil zu einer breiigen Konsistenz können helfen.

3. Exklusive enterale Ernährung bei Morbus Crohn

Patienten und Patientinnen mit aktivem Morbus Crohn profitieren von einer ausschließlichen enteralen Flüssignahrung, um das Stadium der Remission zu erreichen. Die enterale Ernährung könne als steroidsparende Brückentherapie betrachtet werden, wie die Studienautoren schreiben.

4. Spezielle Diät bei Morbus Crohn

Eine Crohn’s Disease Exclusion Diet (CDED), eine Form der partiellen enteralen Ernährungstherapie, kann bei mild bis moderat verlaufendem Morbus Crohn zur Remission führen.

5. Enterale Ernährung gegen Mangelernährung bei Morbus Crohn

Mangelernährte Morbus-Crohn-Patienten, die eine geplante Operation vor sich haben, können ihr Risiko postoperativer Komplikationen reduzieren, indem sie vor dem Eingriff ausschließlich enteral ernährt werden.

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6. Kurzzeitige parenterale Ernährung bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung

Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung, die einen intraabdominellen Abszess oder eine diffuse Entzündung haben, haben oft Probleme, sich optimal zu ernähren. Gerade vor einem geplanten Eingriff ist es wichtig, Mangelernährung zu beseitigen, um postoperativen Komplikationen oder Problemen während des Eingriffs vorzubeugen. Eine kurzzeitige parenterale Ernährung sorgt für Darmruhe, verbessert den Ernährungszustand und reduziert infektiöse Entzündungen, so die Studienautoren.

7. Parenterale Ernährung für besondere Patientengruppen

Das Forscherteam empfiehlt eine parenterale Ernährung bei eiternden Darmfisteln, langanhaltendem Ileus, Kurzdarmsyndrom und bei chronisch entzündlicher Darmerkrankung mit schwerer Mangelernährung, wenn orale und enterale Ernährung nicht erfolgreich waren oder wenn ein enteraler Zugang nicht möglich oder kontraindiziert ist.

8. Auf die Hydratation achten

Eine langfristige parenterale Ernährung birgt Risiken, so kann sich zum Beispiel der intravenöse Zugang entzünden, das Darmmikrobiom verkümmern oder Elektrolytverschiebungen auftreten. Um Komplikationen parenteraler Ernährung zu vermeiden, sollten Patienten und Patientinnen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung und Kurzdarmsyndrom auf ein individuelles Hydratationsmanagement (intravenöse Elektrolytzufuhr und/oder orale Rehydrationslösung) umgestellt werden. Auch die orale Nahrungsaufnahme sollte bestärkt werden. Eine Therapie mit Glucagon-like-Peptide(GLP)-2-Agonisten kann den Übergang erleichtern.

9. Regelmäßig auf Mangelernährung prüfen

Da Mangelernährung den Krankheitsverlauf negativ beeinflusst, ist es wichtig, mangelernährte Patienten und Patientinnen zu erkennen und zu behandeln. Symptome von Unterernährung sind unbeabsichtigter Gewichtsverlust, Ödeme, Flüssigkeitsretention sowie der Verlust von Fett- und Muskelmasse. Bei vom Arzt erkannten Zeichen einer Mangelernährung ist eine umfassendere Beurteilung durch Ernährungsspezialist:innen angezeigt. Serumproteine werden aufgrund ihrer fehlenden Spezifität und hohen Entzündungsempfindlichkeit nicht mehr zur Diagnose von Mangelernährung empfohlen.

10. Auf Vitamin-D- und Eisenmangel untersuchen

Menschen mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung sollten regelmäßig ihren Vitamin-D- und Eisenstatus überprüfen lassen. Bei Patienten und Patientinnen mit ausgedehnter Erkrankung des Ileums oder vorheriger Ileumoperation (Resektion oder ileoanaler Pouch) solle auf Vitamin-B12-Mangel geachtet werden, so das Autorenteam der Leitlinie.

11. Ernährungsberatung

„Alle ambulanten und stationären Patienten mit komplizierter chronisch entzündlicher Darmerkrankung sollten von einem fachlich geschulten Ernährungsberater oder -beraterin betreut werden“, fordern die Studienautoren. Dies sei insbesondere der Fall bei Mangelernährung, Kurzdarmsyndrom, enterokutaner Fistel (Darmfistel mit Verbindung zur Haut), bei Erhalt komplexer Ernährungstherapie wie parenteraler Ernährung oder (ausschließlicher) enteraler Ernährung. Neu-diagnostizierte Patienten und Patientinnen sollten eine Ernährungsberatung erhalten.

12. Frühe Intervention und Präventionsmaßnahmen

Stillen verringert das Risiko, im Kindesalter an einer chronisch entzündlichen Darmerkrankung zu leiden. Auch eine gesunde, ausgewogene mediterrane Ernährung mit viel Obst und Gemüse und wenig hochverarbeiteten Lebensmitteln korreliert mit einem geringeren Risiko, Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa zu entwickeln.


Juliane Russ, M.Sc., DAZ-Redakteurin
jruss@dav-medien.de


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