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Energiestoffwechsel von Makrophagen
Wie Cortison Entzündungen stoppt
Glucocorticoide werden als entzündungshemmende Arzneimittel breit eingesetzt. Der genaue molekulare Wirkmechanismus des antiphlogistischen Effekts war jedoch bislang nicht bekannt. Eine kürzlich in nature erschienene Studie bringt Licht ins Dunkel.
Welches Arzneimittel würden Sie auf eine einsame Insel mitnehmen? Ein Cortison-Präparat wäre sicherlich keine schlechte Entscheidung, da kaum eine Wirkstoffgruppe so breit einsetzbar ist. Glucocorticoide hemmen die Aktivität des Immunsystems und werden daher bei einer Vielzahl entzündlicher oder immunologischer Erkrankungen eingesetzt. Gerade bei längerfristiger Einnahme hoher Dosierungen kann es jedoch zu einer Vielzahl von Nebenwirkungen kommen, beispielsweise Bluthochdruck, Diabetes, Osteoporose oder Gewichtszunahme, da die synthetischen Glucocorticoide die gleichen Effekte im Körper auslösen wie das Nebennierenrindenhormon selbst.
Das körpereigene Steroidhormon Cortisol, umgangssprachlich oft nach seiner oxidierten Form als Cortison bezeichnet, hat Effekte auf diverse Stoffwechselfunktionen des Körpers, zum Beispiel die Gluconeogenese, den Fettstoffwechsel und den Knochenumbau. Daher haben die als Arzneistoffe eingesetzten synthetischen Glucocorticoide mannigfaltige Nebenwirkungen. Um Wirkstoffe mit weniger unerwünschten Arzneimittelwirkungen kreieren zu können, hat ein Forschungsteam der Charité, des Uniklinikums Erlangen und der Universität Ulm näher untersucht, wie Cortisol das Immunsystem hemmt.
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„Bekannt war bisher, dass Cortison in verschiedenen Körperzellen eine Reihe von Genen aktiviert“, erklärt Prof. Gerhard Krönke, Direktor der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Rheumatologie und Klinische Immunologie an der Charité, in einer Pressemitteilung. „Auf diesem Weg mobilisiert es aber vor allem die Ressourcen im Körper; seine starke immundämpfende Wirkung lässt sich so nicht ausreichend erklären. In unserer Studie konnten wir nun zeigen, dass Cortison nicht nur auf die Gene von Immunzellen einwirkt, sondern auch auf die Mitochondrien. Dieser Effekt auf den Zellstoffwechsel ist wiederum ganz entscheidend für die entzündungshemmende Wirkung.“
Wenn Fresszellen in den Kampfmodus versetzt werden, funktionieren sie vereinfacht gesagt ihre Zellkraftwerke zu Waffenfabriken um: Statt Energie zu liefern, produzieren die Kraftwerke Baumaterial für den Kampf gegen Eindringlinge. Cortison macht aus den Kraftwerken wieder Energielieferanten und beendet damit gewissermaßen den Kampfmodus. Eine besonders wichtige Rolle spielt dabei das kleine Molekül Itaconat.
Das Forschungsteam setzte murine Makrophagen in vitro Entzündungsreizen aus und beobachtete die Effekte, die Cortisol auf das Geschehen hatte. Es zeigte sich, dass Cortisol sowohl die Genexpression änderte, als auch Einfluss auf mitochondriale Funktionen hatte. Die Ergebnisse wurden im Fachjournal Nature publiziert.
Cortisol beeinflusst den Citratzyklus und kurbelt dadurch die Produktion des körpereigenen Entzündungshemmers Itaconat an
Itaconat ist ein antiinflammatorisch wirkendes Molekül, das Makrophagen bereits zu Beginn der Entzündungsreaktion in den Mitochondrien produzieren, damit die Inflammation auch wieder abklingt. Bei einer lang anhaltenden Entzündung kommt es zum Erliegen der Itaconat-Produktion, da nicht genügend Energie hierfür zur Verfügung steht – eine chronische Entzündung ist die Folge „Hier greift das Cortison ein. Durch die Umprogrammierung der Mitochondrienfunktion kurbelt es in den Fresszellen die Bildung von Itaconat an, sodass dieses seine antientzündliche Wirkung wieder entfalten kann,“ erläutert Erstautor Dr. Jean-Philippe Auger von der Abteilung Rheumatologie und Immunologie des Uniklinikums Erlangen.
Wie wird die Mitochondrienfunktion durch Cortisol umprogrammiert?
Das entzündungshemmende Molekül Itaconat wird in den Mitochondrien abhängig vom Citratzyklus hergestellt. Entzündungsreaktionen haben einen Effekt auf die mitochondriale Funktion: Die Glykolyse läuft verstärkt ab, Zwischenprodukte des Citratzyklus häufen sich an, wodurch der biochemische Ablauf gestört und weniger Itaconat hergestellt wird.
Bindet zum Beispiel Cortisol an den Glucocorticoid-Rezeptor, interagiert dieser mit Teilen des Pyruvat-Dehydrogenase-Komplexes, der Schnittstelle zwischen Glykolyse und Citratzyklus. Infolge der Interaktion wird der Citratzyklus mit ausreichend Substraten versorgt (anaplerotische Reaktionen, also Reaktionen, die dem Citratzyklus Substrate liefern, werden befördert). Die Citratzyklus-abhängige Produktion von antiinflammatorischem Itaconat kann wieder ablaufen, die Entzündung klingt ab.
Möglicher Ausgangspunkt für nebenwirkungsärmere Entzündungshemmer
Wie stark der entzündungshemmende Effekt von Cortisol von Itaconat abhängt, konnte das Forschungsteam anhand von Tiermodellen für Asthma und rheumatoide Arthritis zeigen: Bei Tieren, die nicht die Fähigkeit hatten, Itaconat zu produzieren, war die Gabe von Glucocorticoiden wirkungslos.
„Wir gehen davon aus, dass die Vorgänge beim Menschen noch etwas komplexer sind als in der Maus. Wir wollen deshalb neue Wirkstoffe suchen, die die Kraftwerke der Immunzellen genauso gut umprogrammieren wie Cortison, aber weniger Nebenwirkungen aufweisen,“ sagt Gerhard Krönke über zukünftige Forschungsabsichten.
Literatur
Wie der Kampfmodus im Körper beendet wird. Uniklinikum Erlangen, forschung Nr. 37/2024, Wie der Kampfmodus im Körper beendet wird - Uniklinikum Erlangen (uk-erlangen.de)
Auger JP et al. Metabolic rewiring promotes anti-inflammatory effects of glucocorticoids. nature 10. April 2024, https://www.nature.com/articles/s41586-024-07282-7
Stifel U et al. Glucocorticoids coordinate macrophage metabolism through the regulation of the tricarboxylic acid cycle. Molecular Metabolism 2021, Glucocorticoids coordinate macrophage metabolism through the regulation of the tricarboxylic acid cycle (sciencedirectassets.com)
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