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Experten fordern verstärkte Kooperation mit EU
Brexit hat Arzneimittelengpässe in Großbritannien verschärft
Auch in Großbritannien sind Lieferengpässe bei Arzneimitteln in den letzten Jahren ein zunehmendes Problem. Immer öfter muss der Staat finanziell eingreifen, um die Beschaffung notwendiger Arznei zu gewährleisten. Der Brexit hat das Problem verschlimmert, sagen Expert:innen. Sie fordern mehr Kooperation mit der EU in puncto Arzneimittelversorgung.
Die Arzneimittelknappheit in Großbritannien hat sich in den letzten zwei Jahren zunehmend verschlimmert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung der Denkfabrik Nuffield Trust. Meldungen von Arzneimittelherstellern über drohende Engpässe hätten sich in den vergangenen drei Jahren mehr als verdoppelt. Wurden im Jahr 2020 noch 648 Engpässe gemeldet, waren es 2023 schon 1.634. Die Arzneimittelknappheit sei zur „neuen Normalität“ im Vereinigten Königreich geworden, sagten die Verantwortlichen von Nuffield Trust in einer Pressemitteilung vom Donnerstag.
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„Der Anstieg von Engpässen bei lebenswichtigen Medikamenten von einer Seltenheit zu einer Alltäglichkeit ist eine schockierende Entwicklung, die vor einem Jahrzehnt nur wenige erwartet hätten. Immer mehr Patienten in ganz Großbritannien erleben, wie ihnen ein Apotheker mitteilt, dass ihr Medikament nicht verfügbar ist, dass es möglicherweise bald nicht mehr verfügbar ist und dass es möglicherweise nirgendwo in der Nähe erhältlich ist“, sagte Mark Dayan, Leiter des Brexit-Programms bei Nuffield Trust.
Mehr staatliche Zuzahlungen
In immer mehr Fällen musste die britische Regierung finanzielle Mittel bereitstellen, um den Einkauf benötigter Arzneimittel zu subventionieren, da diese nicht mehr zu den vom nationalen Gesundheitsdienst (NHS) vorgegeben Preis verfügbar seien. Vor 2016 war dies kaum mehr als 20-mal im Monat der Fall. Ende 2022 musste die Regierung monatlich in 199 Fällen zusätzliche Mittel zur Arzneimittelbeschaffung bereitstellen. Um die Arzneimittelpreise auf dem vom NHS vorgegebenen Niveau halten zu können, musste die britische Regierung 2023 allein bis September 220 Millionen Pfund zahlen.
Brexit hat Krise verschärft
Zwar sei die Knappheit bei der Arzneimittelversorgung nicht auf den „Brexit“ im Jahr 2021 zurückzuführen, so die Autor:innen der Studie. Allerdings sei die Fähigkeit Großbritanniens, auf Engpässe zu reagieren durch den EU-Austritt entscheidend geschwächt worden. Bei koordinierten Gegenmaßnahmen wie im Rahmen der Critical Medicines Alliance der EU sind die Briten außen vor.
Weniger Neuzulassungen
Zudem hinke das Vereinigte Königreich der EU bei der Neuzulassung von Arzneimitteln hinterher. So wurden im Jahr 2023 in 56 Fällen Arzneimittel erst später zugelassen als in der Europäischen Union. Acht Arzneimittel, die in der EU auf den Markt kamen, verpassten die Zulassung im Vereinigten Königreich. Lediglich in vier Fällen erfolgte die Zulassung schneller als in der EU.
Expert:innen fordern mehr Kooperation mit der EU
Die Studie ist Teil des Forschungsprojektes „The future for health after Brexit“, das von der britischen Health Foundation finanziert wird. Laut Tamara Hervey, Professorin für EU-Recht an Londoner City Law School ist die Arzneimittelknappheit – diese ‚neue Normalität‘ – keineswegs unvermeidlich: „Es ist die Folge politischer Entscheidungen, und die könnten anders ausfallen. Wenn uns die COVID-19-Pandemie irgendetwas gelehrt hat, dann, dass die Welt ein vernetzter Ort ist, und dass freundschaftliche Beziehungen zu unseren nahen Nachbarn uns helfen werden, die Gesundheitsdienste zu erbringen, die unsere Bevölkerung verdient.“ Zur Lösung der Engpassproblematik empfehlen die Autor:innen der Studie einen „kooperativeren und proaktiveren“ Ansatz in den Beziehungen zur EU.
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