Wirtschaftsforum in Potsdam

Gutachter warnen vor Lauterbachs Reformplänen

Potsdam - 23.04.2024, 16:45 Uhr

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio hat für die ABDA ein Gutachten zur „Apothekerlichen Präsenzpflicht in der Apotheke“ erstellt. (Foto: IMAGO / Funke Foto Services)

Der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio hat für die ABDA ein Gutachten zur „Apothekerlichen Präsenzpflicht in der Apotheke“ erstellt. (Foto: IMAGO / Funke Foto Services)


Ein verfassungsrechtliches und ein gesundheitsökonomisches Gutachten entkräften die vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) vorgestellten Eckpunkte für eine Apothekenreform. Obwohl der Referentenentwurf für eine von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach seit Monaten angekündigte Apothekenreform noch nicht vorliegt, hatte die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände zwei Studien beauftragt.  

Auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands in Potsdam hat der ehemalige Bundesverfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio am Dienstag Nachmittag sein Rechtsgutachten „Apothekerliche Präsenzpflicht in der Apotheke“ vorgestellt – ein ausführlicher Bericht zu dem Gutachten folgt noch. Die ABDA hatte das Gutachten bei dem Verfassungsrechtler in Auftrag gegeben. In dem verfassungsrechtlichen Gutachten sollte juristisch geklärt werden, ob die von Minister Lauterbach verfolgte „Apotheke ohne Apothekerin oder Apotheker“ zulässig ist.

Gesetzgeberischer Schritt als „Grundrechtseingriff“ zu beurteilen  

Di Fabio stellt darin fest: „Mit der Ausgestaltung und Aufsicht über das Apothekenwesen erfüllt der Staat eine Schutzpflicht aus dem Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Laut einer Vorab-Pressemitteilung der ABDA schreibt Di Fabio darin weiter: „Der Gesetzgeber verfügt bei der Erfüllung des Verfassungsauftrags der Arzneimittelsicherheit und der Wahrung des Patientenwohls über einen Gestaltungsspielraum.“ 

Di Fabio schlussfolgert daraus, dass jeder gesetzgeberische Schritt „in Richtung einer Entfernung vom Leitbild persönlicher Kontrolle der Arzneimittelabgabe durch einen pharmazeutisch qualifizierten Apotheker oder eine Apothekerin als Grundrechtseingriff im Hinblick auf Eignung und Erforderlichkeit zu beurteilen ist“. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening sagt dazu: „Das Gutachten von Professor Di Fabio beweist unwiderruflich, dass eine Versorgung über Apotheken ohne Apothekerinnen und Apotheker einen Grundrechtseingriff darstellen würde. Ohnehin warnen wir seit Monaten vor solchen Vorschlägen, weil sich für unsere Patientinnen und Patienten dadurch Qualitätseinbußen und Leistungskürzungen ergeben würden.“

Zweites Gutachten zur Umverteilung des Apothekenhonorars

In einem zweiten Gutachten, das die ABDA in Auftrag gegeben hatte, wurde zudem wirtschaftlich geprüft, wie sich die vom Ministerium angekündigte Umverteilung des Apothekenhonorars auf die chronisch unterfinanzierten Apotheken auswirken würde (ausführlicher Bericht folgt in Kürze). Der Gießener Volkswirtschaftsprofessor Dr. Georg Götz beantwortet in seinem Gutachten die Frage „Bremst die BMG-Honorarreform das Apothekensterben?“. Wenn der variable Apothekenzuschlag – wie vom Ministerium geplant – schrittweise von 3 auf 2 Prozent abgesenkt wird und im Gegenzug der fixe Zuschlag um die dadurch frei werdenden Mittel ansteigt, dürfte sich laut Götz für die Bevölkerung keinerlei Verbesserung der Arzneimittelversorgung ergeben: „Bei unveränderten Krankenkassenausgaben führt sie zu keinem nennenswerten Gewinnanstieg bei den ertragsschwachen Apotheken“, stellt Götz in dem Gutachten fest. 

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Zudem seien die geplanten BMG-Maßnahmen nicht ausreichend, um ein weiteres Absinken der Apothekenzahl zu verhindern. Vielmehr seien mit Blick auf die wirtschaftlichen Kennzahlen der Apotheken „zusätzliche Mittel“ nötig, um den Negativtrend zu stoppen. 

Der DAV-Vorsitzende Dr. Hans-Peter Hubmann kommentierte: „Das Gutachten belegt eindrücklich, dass die Pläne und Ankündigungen des BMG nichts als Nebelkerzen sind. Keine einzige Apotheke könnte durch sie gerettet werden. Herr Lauterbach nähme somit wissentlich in Kauf, dass immer mehr Menschen weitere Wege zu ihrer nächsten Apotheke zurücklegen müssten und die Versorgung der Bevölkerung immer mehr ausdünnt.“


Deutsche Apotheker Zeitung
redaktion@daz.online


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