In der Selbstmedikation

AVNR-Chef Preis fordert Cannabis-Abgabe ohne Rezept

Berlin - 13.05.2024, 14:00 Uhr

Medizinisches Cannabis aus der Apotheke. (IMAGO / Smith)

Medizinisches Cannabis aus der Apotheke. (IMAGO / Smith)


Cannabis ohne Rezept in Apotheken abgeben? Das fordert Thomas Preis vom Apothekerverband Nordrhein. Er erwartet eine Verdopplung der Privatrezepte für Medizinalcannabis und will zukünftig auch Cannabisprodukte zur Selbstmedikation in den Apotheken anbieten. Eine Abgabe von Genusscannabis in Apotheken und Social Clubs lehnt er weiterhin ab.

Der Vorsitzende des Apothekerverbandes Nordrhein Thomas Preis (AVNR) setzt sich dafür ein, dass in Apotheken zukünftig Medizinalcannabis auch ohne Rezept an Patient*innen abgegeben werden kann. Das sagte er am vergangenen Freitag gegenüber der Rheinischen Post (RP). Nach dem Wegfall der Betäubungsmittelpflicht am 1. April fordert Preis nun auch einen OTC-Switch für medizinische Cannabisprodukte: „Nach der Teillegalisierung von Cannabis sollte die Politik darüber nachdenken, ob es sinnvoll ist, Menschen alleine zu lassen, die nur gelegentlich aus therapeutischen Gründen Cannabis anwenden wollen. Es ist durchaus vorstellbar, dass Apotheken unter strengen Rahmenbedingungen kleine Mengen Cannabis auch ohne Rezept zu medizinischen Zwecken an Patienten abgeben.“

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Für eine gelegentliche Selbstmedikation stünden in den Apotheken hochwertige Cannabisprodukte zur Verfügung – Patient*innen müssten nicht auf „dubiose Quellen“ zurückgreifen, so Preis. Er hob die Bedeutung der Apotheken vor Ort bei der Abgabe von Medizinalcannabis hervor. Eine heilberufliche Beratung sei hier besonders wichtig: „Dazu gehört die Aufklärung über Risiken und die richtige Anwendung – die Inhalation mit einem Verdampfer oder Cannabistropfen sind viel weniger gesundheitsschädlich als das Rauchen eines Joints.“

Keine Abgabe von Genusscannabis

Vor diesem Hintergrund kritisierte Preis das Cannabisgesetz der Bundesregierung, welches seit dem 1. April den Besitz von Cannabis zu Genusszwecken erlaubt und zudem ab dem 1. Juli den privaten Anbau legalisiert. In den geplanten Cannabis-Social-Clubs sei keine sachgerechte Beratung wie in den Apotheken zu erwarten, damit entstünden gesundheitliche Risiken für die Konsument*innen. Preis stellte zudem klar: „Als Abgabestelle von Cannabis zu Genusszwecken oder als Cannabisshop stehen Apotheken hingegen nicht zur Verfügung.“

Bereits im Vorfeld der Cannabislegalisierung hatte Preis sich kritisch gegenüber dem Gesetzesvorhaben der Bundesregierung geäußert, insbesondere aufgrund der gesundheitlichen Risiken für Jugendliche. Eine Mitwirkung der Apotheken bei der Abgabe von Genusscannabis in Modellregionen, wie ursprünglich vom Bundesgesundheitsministerium geplant, lehnte Preis damals ab. Darüber berichtete die „taz“ am 13. April.

Verdoppelung der Privatrezepte erwartet

Preis erwartet nun, dass mit der Teillegalisierung eine Entstigmatisierung von medizinischem Cannabis einhergeht, was zu einer steigenden Nachfrage führen würde. Damit steige auch die Nachfrage nach Selbstmedikation, so Preis. „Kurzfristig gehen wir von einer Verdoppelung der Privat-Verordnungen aus. Die Verordnungen für gesetzlich Versicherte werden nicht so schnell steigen. Denn Therapien mit Cannabis müssen weiter durch die Krankenkassen genehmigt werden.“ Bisher greifen viele Nutzer*innen von Medizinalcannabis auf fragwürdige Rezeptportale zurück oder beziehen Cannabis über den Schwarzmarkt.

Kritik vom VCA

Kritik an den aktuellen Forderungen des AVNR-Vorsitzenden zur rezeptfreien Abgabe von Cannabis in Apotheken äußerte die Geschäftsführerin des Verbandes der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA) Christiane Neubauer. Sie hält die Aussagen von Preis für „sehr gefährlich“. Darüber berichtete das Nachrichtenportal ntv.de am vergangenen Freitag. Viele Patient*innen, die Medizinalcannabis benötigen, litten an schweren Erkrankungen, wie Multipler Sklerose, Epilepsie oder chronischen Schmerzen: „Da sie so schwer erkrankt sind, dass sie oft nicht arbeitsfähig sind, ist es wirtschaftlich unzumutbar, wenn Sie ihre Medikation selbst bezahlen müssten“, so Neubauer. Zugleich stellt sie fest: „Eine Selbstmedikation unbegleitet von Ärzten ist absolut unmöglich für diese Patienten!“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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