Niedriger Spiegel erhöht Blutungsrisiko

Bei dualer Plättchenhemmung an LDL-Cholesterol denken

14.05.2024, 07:00 Uhr

Vor allem die Kombination aus Ticagrelor und ASS erhöhte das Risiko einer ­Blutung in einer aktuellen Studie. (Foto: luchschenF / AdobeStock)

Vor allem die Kombination aus Ticagrelor und ASS erhöhte das Risiko einer ­Blutung in einer aktuellen Studie. (Foto: luchschenF / AdobeStock)


Patienten, die einen Schlaganfall oder eine transitorisch ischämische Attacke (TIA) erleiden, können zur Rezidivprophylaxe eine duale antithrombozytäre Therapie erhalten (DAPT). Die Ergebnisse einer chi­nesischen Studie zeigen einen Zusammenhang des Blutungsrisikos innerhalb von drei Monaten und niedrigen Low-Density-Lipoprotein-­Cholesterin(LDL-C)-Werten. Vor allem die Kombination aus Ticagrelor und ASS erhöhte das Risiko einer ­Blutung signifikant.

Die Senkung des LDL-C-Werts spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von ischämischen Schlaganfällen. Zur Sekundärprävention wird eine inten­sive Senkung des LDL-C-Werts auf 70 mg/dl oder geringer empfohlen. Trotz des durch klinische Studien belegten Nutzens in der Schlaganfall­prävention weisen einige Studien auf ein erhöhtes Risiko von Blutungen bei niedrigen LDL-C-Werten hin. Patienten, welche eine duale antithrombozytäre Therapie erhalten, unterliegen zusätzlich einem erhöhten Blutungsrisiko.

In der vorliegenden Studie aus China wurde der Zusammenhang des mit dem LDL-C-Spiegel verbundenen Blutungsrisikos bei Patienten, die eine DAPT erhielten, untersucht. Für diese Kohortenstudie wurden Daten aus der CHANCE-Studie (Clopidogrel in High-Risk Patients With Acute Nondisabling Cerebrovascular Events) und der CHANCE-2-Studie (August 2022 bis Mai 2023) extrahiert und zusammengeführt. Beide Studien wurden placebokontrolliert, doppelblind, randomisiert und multizentrisch durchgeführt. Es wurden Daten von 7440 Patienten mit dualer antithrombozytärer Therapie nach einem milden ischämischen Schlaganfall oder einer Hoch­risiko-transitorischen ischämischen Attacke (TIA) analysiert. Das Durchschnittsalter betrug 64,32 Jahre, und 33,32% (n = 2479) der Probanden waren weiblich. Die Clopidogrel-ASS-Gruppe schloss 4486 Teilnehmer ein, die zu Beginn einmalig 300 mg Clopidogrel und anschließend 75 mg täglich für 90 Tage erhielten. In der Ticagrelor-ASS-Gruppe, welche 2954 Patienten inkludierte, wurden initial 180 mg Ticagrelor, gefolgt von zweimal täglich 90 mg für 90 Tage verabreicht. Beide Gruppen erhielten zusätzlich 100 mg ASS täglich für 21 ­Tage. Primärer Endpunkt war jede neu aufgetretene Blutung, sekundärer Endpunkt waren mittelschwere und schwere Blutungen drei Monate nach Randomisierung. Mittelschwere Blutungen wurden definiert als Blutung, die eine Transfusion erforderte, wobei eine schwere Blutung durch einen operativen Eingriff gestillt werden musste oder tödlich verlief.

Mehr Blutungen bei niedrigeren LDL-C-Werten

Von den 7440 Teilnehmern lag der LDL-C-Wert bei 756 Probanden unter 70 mg/dl, bei 6684 lag der Wert ≥ 70 mg/dl. Insgesamt wurden 270 Blutungsereignisse nach drei Monaten gemeldet, von denen 39 Probanden aus der Gruppe mit LDL-C-Werten unter 70 mg/dl stammten. Im Vergleich war das Blutungsrisiko in der Gruppe mit LDL-C-Werten unter 70 mg/dl im Gegensatz zur Gruppe mit LDL-C-Werten ≥ 70 mg/dl höher (Hazard Ratio [HR] = 1,48; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 1,03 bis 2,12). Die meisten Blutungen traten in den ersten 21 Tagen der dualen antithrombozytären Therapie auf. 5,35% der Blutungsereignisse traten in der Ticagrelor-ASS-Gruppe und 2,50% in der Clopidogrel-ASS-Gruppe auf. Von Bedeutung ist auch, dass in der Ticagrelor-ASS-Gruppe die meisten Blutungen bei Patienten mit LDL-C-Werten unter 70 mg/dl auftraten (HR = 1,71; 95%-KI = 1,08 bis 2,72), wohingegen in der Clopidogrel-ASS-Gruppe kein signifikanter Unterschied zwischen den LDL-C-Konzentrationen gefunden wurde (HR = 1,30; 95%-KI = 0,73 bis 2,30). Es bestand kein Zusammenhang zwischen dem LDL-C-Spiegel und schweren Blutungen, weder in der Ticagrelor-ASS- noch in der Clopidogrel-ASS-Gruppe.

Blutungsrisiko vor allem bei Ticagrelor-ASS erhöht

Patienten mit niedrigem LDL-C-Spiegel, die nach einem Schlaganfall oder TIA eine duale antithrombozytäre Therapie erhalten, haben ein erhöhtes Blutungsrisiko, vor allem bei der Kombination Ticagrelor-ASS. Der LDL-C-Wert sollte in Zukunft bei der Wirkstoffwahl einer DAPT mit in die Risiko-Nutzen-Betrachtung einbezogen werden. 

Literatur

[1] Cheng A et al. LDL-C Levels and Bleeding Risk in Patients Taking DAPT After Minor Ischemic Stroke or TIA. JAMA Neurol 2024, doi:10.1001/jamaneurol.2024.0086


Sophie Schrade, Apothekerin, DAZ-Autorin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Niedriger Spiegel erhöht Blutungsrisiko

Bei dualer Plättchenhemmung an LDL-Cholesterol denken

Duale Plättchenhemmung kann nach einem Monat auf Monotherapie reduziert werden

Blutungsrisiko erniedrigt, gleicher Schutz

Therapie kann nach kurzer Zeit ohne ASS fortgeführt werden

Plättchenhemmung „light“ statt dual

ASS plus Ticagrelor ist der Standardprophylaxe nach Schlaganfall und TIA überlegen

Duale Plättchenhemmung ist effektiver

Hohes Blutungsrisiko könnte durch kürzere Dauer gesenkt werden

Duale Antikoagulation bereitet Sorge

Strategien zur Sekundärprävention auf dem Prüfstand

Schmaler Grat der Schlaganfallprophylaxe

Nach leichtem Schlaganfall oder TIA profitieren Patienten von zusätzlicher Clopidogrel-Gabe

Duale Plättchenhemmung schützt besser

Höheres Risiko für gastrointestinale Blutungen unter den neueren Substanzen

Ticagrelor, Prasugrel oder Clopidogrel?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.