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Was poste ich heute?

Stuttgart - 16.05.2024, 07:00 Uhr

Online-Marketing lohnt sich auch für Apotheken (Foto: Dragana Gordic/AdobeStock)

Online-Marketing lohnt sich auch für Apotheken (Foto: Dragana Gordic/AdobeStock)


Viele Apotheken erweitern ihre Unternehmenskommunikation durch Kanäle in den sozialen Medien. Meist ist ein Mitarbeiter federführend verantwortlich, der sich täglich fragt: „Was poste ich heute?“. Das „was“ bedeutet in diesem Zusammenhang aber nicht „irgendetwas“. Es geht nicht darum, dass sich der Feed des Unternehmens mit Belanglosem füllt. Die Posts sollen Interesse wecken, die Kundenzahlen der Apotheke steigern, die pharmazeutische Kompetenz sichtbar machen oder einen anderen Zweck erfüllen. Damit der Post den gewünschten Effekt erzielt, braucht es Emotionen und eine gute Geschichte.

„Was? Schon wieder Freitag? Ich wollte diese Woche doch eigentlich noch etwas posten, aber morgen sind wir zu wenig Leute.“ Eine Szene, die sich in vielen Apotheken wöchentlich abspielt. Sich auf Knopfdruck überlegen zu müssen, was gepostet werden soll, ist vergleichbar mit dem weißen Blatt, das Autorinnen und Autoren so sehr fürchten. Dahinter steckt der Irrglaube, dass Ideen vom Himmel fallen. Sie tun es nicht. Aber Ideen lassen sich entwickeln. Louis Pasteur brachte es auf den Punkt, als er sagte: „Der Zufall trifft nur einen vorbereiteten Geist.“ Wir müssen also selbst gute Bedingungen dafür schaffen, dass es vorangeht und ein paar Vorbereitungen treffen.

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Die Zielgruppe kennen – für wen schreibe ich?

Social-Media als Teil der Unternehmenskommunikation bedeutet, dass es eine Form der Kommunikation ist. Wenn die Kommunikation glückt, gibt es einen Leser, Zuhörer, Gesprächspartner auf der anderen Seite und eine Verbindung entsteht. Um eine Verbindung herzustellen, muss klar sein, wen die Nachricht erreichen soll. Die Zielgruppe muss definiert sein. Am besten erreicht man möglichst viele Menschen, aber „alle“ ist keine Zielgruppe. Telefonieren lässt sich nur schwerlich, wenn vorher keine passende Nummer ausgewählt wurde. Durch den technischen Fortschritt geht das „Aus- und Anwählen“ mit einem Klick und ist durch die Routine kaum noch wahrnehmbar. Zur Zeit des Wählscheibentelefons, die Älteren erinnern sich, brauchte ein erfolgreiches Telefonat ein wenig mehr Vorbereitung. Eine kurze Zeitreise: Es musste die Telefonnummer des Gesprächspartners rausgesucht werden, die sich meist in einem kleinen Telefonbüchlein befand, was nicht zwingend an dem Ort lag, wo es hätte liegen sollen. Die Suche konnte wenige Minuten bis Tage in Anspruch nehmen. Wer die Nummer auswendig kannte, weil er ein gutes Nummerngedächtnis hatte oder im regen Kontakt stand, konnte diesen Punkt überspringen. Dann musste jede einzelne Nummer über die Wählscheibe angewählt werden: Hörer abnehmen, Finger ins Loch mit der passenden Zahl stecken, die Scheibe bis zum Anschlag drehen, warten bis die Scheibe wieder in die Ausgangsstellung zurückdreht und dann die nächste Zahl wählen. Einmal nicht lange genug gewartet, falsche Nummer, Hörer aufgelegt und der ganze Spaß geht von vorne los.

Man lernt ziemlich schnell, sich vor diesem Aufwand zu überlegen, ob die gewünschte Person überhaupt in der Nähe des Telefons sein konnte und die Möglichkeit hatte zu telefonieren.

Heute ist die Erreichbarkeit unserer Follower oder potenziellen Follower durch andere Gegebenheiten eingeschränkt, aber das Prinzip bleibt das Gleiche und damit auch die Fragen, die wir uns im Vorfeld stellen müssen.

Was will meine Interessentengruppe?

Am besten ist es, sich eine ganz konkrete Person vorzu­stellen, welche die Interessentengruppe möglichst gut repräsentiert.

  • Welche Interessen hat diese Person?
  • Worüber denkt diese Person nach?
  • Wie fühlt sich diese Person im Moment?
  • Welche Probleme hat sie?
  • Wann ist diese Person erreichbar?

Aus diesen Fragen ergibt sich der Zeitpunkt, an dem der Follower online ist und somit der Post veröffentlicht werden sollte. Der Follower muss zudem gedanklich erreichbar sein. Mit was beschäftigt er sich gerade? Was sieht und hört er üblicherweise an Medien? Ist die Plattform die richtige für das Thema?

  • Wer könnte noch ans Telefon gehen?

Bei einem Festnetztelefon meldet sich nicht zwingend die Person, die wir ursprünglich erreichen wollten. Auf einem Social-Media-Kanal werden wir nicht den gesundheitlich angeschlagenen Neunzigjährigen erwischen, aber seine Enkelin, die ihn sehr liebt und sich kümmert. Mit wem spricht also unsere Zielperson?

Wer beim Posten eine Idee davon hat, wer diese Nachricht erhalten soll, der kann viel gezielter formulieren und die Geschichten anpassen.

Schema F für Posts

Um einen kurzen, aber guten Post aufs Papier zu bringen, helfen „Blaupausen“ also vorgegebene Strukturen, an denen man sich beim Schreiben orientieren kann. Ein Modell ist das AIDA-Prinzip, das ursprünglich aus der Werbung stammt. AIDA ist ein Akronym, dessen Anfangsbuchstaben für folgende Begriffe stehen:

  • Attention (Aufmerksamkeit)
  • Interest (Interesse)
  • Desire (Begierde)
  • Action (Aktion)

In dieser Reihenfolge lassen sich vier Textelemente für einen Post zusammenfügen.

Die Aufmerksamkeit auf den Post zu ziehen, ist die erste Aufgabe. Einen Teil dieser Aufgabe erfüllt das Bild oder Video, den anderen Teil erfüllt die Hook (der erste Satz), die den Leser einfangen soll. Die Relevanz für den Leser muss klar werden.

Durch die anschließende Geschichte kann Interesse geweckt werden. Posts sind sehr kurze Texte, die prägnant in ein paar Sätzen ein gedankliches Bild erzeugen sollen. Auf die Spitze treiben diesen Ansatz Ultrakurzgeschichten. Als Beispiel:

Eine grünliche Hand legte sich auf die Schulter des Inka-Königs. „Komm, wir müssen los. Das Raumschiff wartet nicht länger.“

Drei Sätze und die Entstehung einer Hochkultur inklusive ihres Verschwindens im Genre Science-Fiction sind erklärt. Die Geschichten in den Posts müssen nicht ganz so kurz sein und dürfen deutlich realitätsnäher sein.

Zu diesem Textbaustein passen alternativ Fragen an den Leser, die mit „Ja“ beantwortet werden können, aber auch knappe Informationen, wie Zahlen, Daten oder Fakten.

Das Textelement „Desire“ zielt auf die Bedürfnisse, Wünsche und Gefühle des Lesers ab. Es dürfen beim Leser Gedanken entstehen, wie „Das möchte ich auch“ oder „Dazu möchte ich mehr wissen“.

Der Call-to-Action bildet den Schluss des Textes. Es ist der Aufruf, was der Leser tun soll. Soll er in die Apotheke kommen, den Post kommentieren, liken oder für später speichern?

Spannung ist nicht alles

An welchen Posts stoppen wir unser fließendes Wischen über den Bildschirm und halten einen Moment inne? Es ist etwas, was unser Interesse weckt, ein Thema, was uns anspricht, etwas Lustiges und natürlich Videos von kleinen, niedlichen Tieren.

Auf der Suche nach einer neuen Idee für einen Apotheken-Post werden wir schnell bei Beratungsthemen, Informationen zur Apotheke, zum Team und zu den Angeboten fündig. Der Zweck ist klar, es geht um Information und Beratung. Der Wissensdurst der Follower soll gestillt werden. Das muss nicht alles sein. Es gibt noch viele andere Emotionen, die wir dem Leser zutrauen dürfen. Was ist mit Freude, Empörung, Unbehagen, Zufriedenheit oder Wohlwollen? Emotionen fangen uns, sie sind der Schlüssel zur Aufmerksamkeit.

Der britische Autor David Nicholls wird von seinen Kollegen als Meister der Emotionen gefeiert. Neben vielen anderen Werken schrieb er das Drehbuch zu „Patrick Melrose“ mit Benedict Cumberbatch in der Hauptrolle. Selbst bei einem Blick in den Trailer, wird schnell klar, was in der Serie emotional auf einen zukommt. Nicholls Herangehensweise unterscheidet sich von der anderer Autoren. Bevor er eine Szene ausarbeitet, definiert er, was der Leser oder Zuschauer in dieser Szene fühlen soll. Ein Vorgehen, das mittlerweile auch andere Autoren übernehmen.

Für den Social-Media-Auftritt wird dieser Ansatz nutzbar, wenn wir vorher bestimmen, welche Emotion ausgelöst werden soll. Vertrauen in das Unternehmen, Freude, Geborgenheit oder die Sicherheit, dass es jemanden gibt, an den ich mich mit allen Gesundheitsfragen wenden kann.

Bauplan einer Geschichte

Eine gute Geschichte erzeugt Kopfkino. Es heißt nicht umsonst: „Denken ist wie googeln nur krasser.“ Das Gehirn darf zur Höchstform auflaufen. In diesem Fall läuft im Kopfkino, nachdem es aufgewacht ist: „Wer klopft denn da? Ist es die letzte Frau oder der Alien aus dem Inka-Raumschiff, den wir gerade schon kennengelernt haben?“

„Der letzte Mann auf der Welt sitzt allein in seinem Zimmer, da klopft es an die Tür.“

Die Kernkomponenten einer Geschichte sind häufig identisch.

  • Es geht um eine Person, den Helden der Geschichte oder mehrere Personen, mit denen sich der Zuschauer identifizieren kann.
  • Der Held sieht sich mit einem Problem konfrontiert.
  • Der Held überwindet das Problem und geht gestärkt aus der Situation hervor.

Attention, you are walking on stage!

Wie oft folgen die Geschichten, die wir im Alltag hören, genau diesem Bauplan? Das eine Mal stehen wir als Darsteller auf der Bühne, das andere Mal lassen uns Kunden an ihren Erlebnissen teilhaben.

  • „Ich traue mich nicht mehr zum Kartenspielen, weil meine Blase ein wenig schwächelt.“ Da kennen wir eine gute Lösung, oder?
  • „Es tut immer so weh, wenn ich mein Insulin spritze. Das war früher nicht so.“ „Wie lange verwenden Sie die Nadel schon?“
  • „Ich kann so schlecht schlafen!“ „Welche Medikamente nehmen Sie?“
  • „Meine Allergie wird gar nicht besser. Ich habe schon mit Kamille inhaliert.“ Schweigen und Luft holen.
  • „Ich brauche die Pille danach. Das Kondom ist schon wieder gerissen.“ „Welche Kondome verwenden Sie üblicherweise?“
  • PTA: „Happy Birthday.“ Kunde: „Sie sind die erste, die das heute sagt.“

Wir leisten so viel Unterstützung in der Apotheke, dass wir es oft gar nicht mehr wahrnehmen. Dazu gehört das Ver­weisen an Kooperationspartner der Apotheke, soziale Einrichtungen, Sorgentelefone und vieles mehr. Vielleicht dürfen wir auch das nach außen zeigen. Der Held in den oben genannten Geschichten löst sein Problem, indem er sich kompetenten Rat holt und den gibt es nun mal in der Apotheke. Er hat die Abkürzung genommen, sich die Recherche im Internet erspart und aktuelles Fachwissen eingeholt, passend auf seine Medikation und die Krankheitsgeschichte abgestimmt. Jetzt ist für den Leser nur noch wichtig zu erfahren, was diese Geschichte mit seinem Leben zu tun hat und was er selbst daraus mitnehmen kann.

Ganz wichtig: Alle Geschichten müssen anonymisiert werden und die Anonymisierung muss für den Leser ersichtlich sein. Niemand möchte sein Gesicht verlieren oder bloßgestellt werden. Bei der Arbeit mit Geschichten geht es darum häufig gestellte Fragen, also Themen, die viele Kundinnen und Kunden interessieren, an einem Beispiel zu erläutern.

Geschichten für alle Fälle

Menschen lieben Geschichten. Geschichten machen komplexe Informationen zugänglich und durch eine gute Story werden Fakten siebenmal häufiger gemerkt.

Die Frage ist, welche Art von Geschichte muss ich erzählen und welches Gefühl ansprechen, damit mein Post das Ergebnis erzielt, was ich mir wünsche.

Vertrauen ins Unternehmen

Wenn es darum geht, das Vertrauen in die Apotheke und das Team zu stärken, sind persönliche Geschichten ein guter Ansatz.

Ein neues Gesicht hinterm HV wird jedem Stammkunden sofort auffallen. Wer kennt nicht den mehr oder weniger freundlich klingenden Hinweis: „Also Sie sind aber neu hier.“

Wenn Apotheken ihre neuen Mitarbeiter in den sozialen Medien vorstellen, welche Erfahrung sie mitbringen, für welchen Arbeitsbereich sie zuständig sein werden, dann hat der Post diese persönliche Note, die einen Vertrauensvorschuss generiert. Sowohl für die neue Kollegin als auch für das Unternehmen. Selbstverständlich müssen die Menge und Qualität der Informationen angemessen sein. Zu persönliche Inhalte wären nicht nur für den neuen Mitarbeiter unangenehm, sondern für den Leser befremdlich und würden eher Unbehagen als Vertrauen auslösen.

Ein häufiges Problem, auf das Social-Media-Beauftragte stoßen: Nicht jeder möchte sein Gesicht im Internet verewigt haben. Trotzdem gibt es die Möglichkeit einer Vorstellung. Ein Foto mit einem Fragezeichen anstatt des Gesichtes oder ein Foto, was über die Schulter aufgenommen wird und die Kollegin bei ihrer Tätigkeit zeigt, wären vielleicht Kompromisse. Ein wichtiger Hinweis wäre dann nur: „Wenn Ihr unsere neue Kollegin persönlich kennenlernen wollt, dann kommt vorbei.“

Noch wichtiger werden persönliche Geschichten bei einem Inhaberwechsel. Unweigerlich fragen sich die Kunden und Geschäftspartner der Apotheke: „Wer ist die neue Chefin und wie tickt sie?“ Mit Offenheit und Nahbarkeit ist der Samen für eine vertrauensvolle weitere Zusammenarbeit gesät.

Eine weitere Möglichkeit ist der Blick hinter die Kulissen. Zu zeigen, wie in der Rezeptur gearbeitet wird oder wie der Anmessraum für Kompressionsstrümpfe aussieht, schafft eine Verbindung zwischen Kunden und Apotheke. Qualität kann sichtbar gemacht werden, die im Alltag ansonsten unsichtbar bleibt.

Durstlöscher für Wissbegierige

Wenn es um Wissensvermittlung geht, funktionieren neben Geschichten über eigene Erlebnisse auch die Geschichten von Dritten, fiktive Ereignisse oder Gleichnisse. Einzige Prämisse: Der Leser muss sich mit der Person in der Geschichte identifizieren können, um diese auf sich selbst beziehen zu können. Hier gilt: Show, don‘t tell. Wenn die neue Strumpfanziehhilfe eingetroffen ist, veranschaulicht die Funktion ein kurzes Video am besten. Und welcher Kompressionsstrumpfkunde möchte morgens nicht ruckzuck den perfekten Sitz der Socken?

Tipps zum Schluss

  • Sammelt im Alltag Ideen für Geschichten. Zusätzlich geben die verschiedenen Gesundheitstage eine Menge an Anlässen und Themen her.
  • Überlegt im Vorfeld, was das Ziel des Social-Media-Auftritts sein soll. Welche Emotionen sollen angesprochen werden.
  • Klärt das „Wie“. Macht euch einen Terminplan, in dem die Themen vorgeplant werden.
  • Plant Zeitkontingente für die Erstellung der Posts ein.
  • Macht mehrere Posts fertig und terminiert die Ver­öffentlichung auf den gewünschten Zeitpunkt.
  • Wählt im Jahresverlauf den passenden Zeitpunkt für das Thema. Keine Ostereier zu Weihnachten.
  • Wählt Botschaften, die das Herz ansprechen.
  • Sucht nach weiteren Bauplänen für gute Geschichten.

Ins Handeln kommen

Wer möchte, dass die Kundinnen und Kunden ins Handeln kommen, sollte neben dem passenden Call-to-action eine Geschichte erzählen, die zum Handeln anregt. Gleiches gilt, wenn das Unternehmen sich verändert, dann braucht es eine Geschichte, welche die Veränderung greifbar macht.

Beim Werben um neues Personal darf klar werden, wie die Arbeit im Unternehmen aussieht und für welche Werte die Apotheke steht. Geschichten lassen die unbekannte Zukunft lebendig und gegenwärtig erscheinen.

Warnhinweis: Wer sich auf den Weg der Geschichten begibt, dem klingeln abends die Ohren und das Notizbuch mit Social-Media-Ideen quillt über!

 

Literatur

Eppler MJ, Hoffmann F, Pfister RA. Creability: Gemeinsam kreativ-Innovative Methoden für die Ideenentwicklung in Teams. Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart 2014

Fuchs WT. Warum das Gehirn Geschichten liebt: Storytelling-analog und digital. Haufe Verlag. München, 4. Auflage 2018

Pyczak, T. Tell me! Wie Sie mit Storytelling überzeugen. Rheinwerk Computing, Bonn, 3. Auflage 2020


Anja Keck, Fachapothekerin für Allgemeinpharmazie, Master-Coach (DGfC) und Systemische Beraterin


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