Nach „Stern“-Interview mit Kanzler Scholz

ADA-Chef Rochell: Apotheken können Mindestlohnerhöhung nicht stemmen

Berlin - 17.05.2024, 13:45 Uhr

Bundeskanzler Scholz fordert, den Mindestlohn schrittweise von derzeit 12,41 Euro auf 15 Euro zu erhöhen. (Foto: IMAGO / Zoonar)

Bundeskanzler Scholz fordert, den Mindestlohn schrittweise von derzeit 12,41 Euro auf 15 Euro zu erhöhen. (Foto: IMAGO / Zoonar)


Bundeskanzler Scholz macht sich für eine schrittweise Erhöhung des Mindestlohns auf 15 Euro stark. Das würde sich auch auf die Gehälter der Apothekenmitarbeitenden auswirken. Der Vorsitzende des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken, Thomas Rochell, warnt: Ohne eine Anpassung der Packungspauschale können die Apotheken hierzulande die drohenden Mehrausgaben nicht verkraften.

In einem Interview mit dem Magazin „Stern“ spricht sich Bundeskanzler Olaf Scholz dafür aus, den Mindestlohn in Deutschland schrittweise von derzeit 12,41 Euro auf 15 Euro anzuheben. Das hätte auch für die Gehälter der Apothekenangestellten Konsequenzen: Nach aktuellem Stand lägen die Tariflöhne für PKA sowie PTA in den ersten Berufsjahren deutlich unter der von Scholz angepeilten Untergrenze. Eine PTA steigt mit einem tariflichen Stundenlohn von 13,98 Euro ein. PKA erhalten beim Berufsstart mit 12,46 Euro nur 5 Cent mehr als der derzeit geltende gesetzliche Mindestlohn. In Nordrhein, wo die Tariflöhne niedriger sind als im übrigen Bundesgebiet, liegt das Einsteigergehalt für PKA sogar schon heute unter dem Mindestlohn.

In einem Facebook-Post des Apothekerverbands Westfalen-Lippe äußert sich nun dessen Vorstandsvorsitzender Thomas Rochell zur Forderung des Bundeskanzlers. Rochell ist gleichzeitig auch Chef des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken (ADA), welcher mit der Apothekengewerkschaft Adexa die Tariflöhne für Apothekenangestellte aushandelt. Aus seiner Sicht würde ein solcher Schritt den wirtschaftlichen Druck auf die Apotheken hierzulande weiter erhöhen – bis an die Schmerzgrenze und darüber hinaus.

„Die Apotheken vor Ort haben seit 20 Jahren keinen Inflationsausgleich erhalten und könnten daher eine solche Erhöhung gar nicht finanzieren“, sagt Rochell. „Wir wissen schon jetzt nicht, wie wir eine Tarifsteigerung bezahlen sollen.“ Er appelliert daher an den Kanzler, auch an die Mitarbeitenden in den Apotheken zu denken – und letztlich auch an die Patientinnen und Patienten. Denn die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln sei schon jetzt gefährdet, weil immer mehr Apotheken in wirtschaftliche Schieflage geraten.

Zudem erinnert der ADA-Chef daran, wie die Zuständigkeiten verteilt sind. „Im Fall der Apothekenbeschäftigten hätte die Bundesregierung sogar Handlungsmöglichkeiten, unter anderem, indem sie die Packungspauschale erhöht und eine Lösung für die Skonti-Problematik findet. Für die Höhe des Mindestlohns ist sie hingegen gar nicht zuständig, das ist Aufgabe der Mindestlohnkommission.“

Quelle: Facebook / AVWL

Der Mindestlohn wird von einer dafür zuständigen Kommission festgelegt, in der die Sozialpartner vertreten sind. Im Jahr 2022 hatte ihn die Regierung in einem bisher einmaligen Schritt per Gesetz auf 12 Euro angehoben – ein zentrales Wahlversprechen von Scholz vor der vergangenen Bundestagswahl. Die Forderung nach einer Lohnuntergrenze von 15 Euro war zuvor auch aus den Reihen von Grünen, Linken sowie der Gewerkschaft Verdi gekommen.

Adexa würde eine Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns in zwei Stufen auf zunächst 14 Euro und dann 15 Euro, wie aktuell von Scholz gefordert, natürlich begrüßen, sagt Vorständin Tanja Kratt. In den Augen ihres Vorstandskollegen Andreas May zeigen die beiden Zahlen aber auch, dass Tarifgehälter für PKA und selbst für die unteren Berufsjahresgruppen der PTA derzeit im Niedriglohnbereich liegen. „Und damit ist das gesamte Gehaltsgefüge in den öffentlichen Apotheken betroffen. Darauf werden wir die Politik in den anstehenden Gesprächen wieder hinweisen.“ Kratt ergänzt: „Aber auch die Arbeitgebervertretungen müssen sich auf dieses Szenario einstellen. Zumindest der erste Schritt ist noch in dieser Legislaturperiode nicht unwahrscheinlich.“ 


Christina Grünberg (gbg), Apothekerin, Betriebswirtin (IWW), DAZ-Redakteurin
cgruenberg@daz.online


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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1 Kommentar

Mindestlohn

von Scarabäus am 18.05.2024 um 8:55 Uhr

Gut - dann werde ich meine Apotheke als "Ich-AG" betreiben mit Mindestöffnungszeiten und samstags geschlossen. Da spare ich mir Berufsgenossenschaften, Kassen- & Rentenbeiträge und Co. Bei Krankheit und Urlaub bleibt der Laden eben zu. Was ich nicht schaffe - Pech! Ich arbeite nur für mich ohne Reibungsverluste.

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