ALBVVG

Europäisches Los auch für patentfreie Onkologika

Berlin - 17.05.2024, 16:00 Uhr

(Foto: DAZ / Schelbert)

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Das Bundesgesundheitsministerium hat angeordnet, dass nun auch bei der Ausschreibung von Rabattverträgen für bestimmte patentfreie Onkologika ein EU-Los berücksichtigt werden muss. Eine Forderung, die Pro Generika seit langem erhebt. Dennoch ist der Verband nicht zufrieden.

Die Techniker Krankenkasse (TK) informierte in dieser Woche, dass die Ersatzkassen erstmals Rabattverträge für patentfreie Antibiotika nach den neuen Regeln des Lieferengpassgesetzes (ALBVVG) ausgeschrieben und bezuschlagt haben. Das Gesetz zielt unter anderem auf eine Diversifizierung der Lieferketten ab, konkret bedeutet das, dass bei der Ausschreibung ein Los die EU-Wirkstoffproduktion berücksichtigen soll.

Es stellte sich heraus: Auch wenn eines der umsatzstärksten Antibiotika aus EU-Produktion bezuschlagt wurde, so konnten doch nur für zwei von acht Losen auch EU-Hersteller gefunden werden.

Pro Generika sprach mit Blick auf die Ausschreibung unter Berücksichtigung des Produktionsstandorts von einem „überfälligen Schritt“. Der Geschäftsführer des Verbands, Bork Bretthauer, mahnte allerdings auch, dass es nicht nur Probleme mit Antibiotika gebe und die Regelung auf weitere Arzneimittel ausgedehnt werden müsse. 

„Drohende oder bestehende versorgungsrelevante Marktkonzentration“

Dem ist das Bundesgesundheitsministerium (BMG) nun in einem bestimmten Bereich nachgekommen – auch hierfür hatte das ALBVVG eine Grundlage geschaffen (§ 130a Abs. 8b SGB V). An diesem Mittwoch wurde im Bundesanzeiger bekannt gemacht, dass bestimmte onkologische und weitere Arzneimittel als solche „mit drohender oder bestehender versorgungsrelevanter Marktkonzentration“ eingestuft werden. Das hat die Konsequenz, dass auch für sie bei der Ausschreibung von Rabattverträgen Lose mit Blick auf den Produktionsstandort berücksichtigt werden müssen.

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Die Idee klinge gut und sei an sich richtig, viel helfen werde es aber nicht, ist sich Pro Generika sicher. Der Grund: Sie betrifft nur einen kleinen Teil der generischen Krebsmittel. Engpässe bei Tamoxifen beispielsweise werden so nicht verhindert, denn das Mittel gegen Brustkrebs wird bereits in Europa produziert. Auch bei Chemotherapien gibt es keine Änderung, weil die Regelung sich nur auf ambulant verordnete Krebsmittel bezieht.

Es gibt nur Centbeträge

Die neue Regelung ignoriere aber vor allem „ein Riesenproblem: Das deutsche Gesundheitssystem zahlt für lebensrettende Krebsarzneien oft nur Centbeträge – und das macht die Lage fragil“, so Bretthauer laut einer Pressemitteilung des Verbandes von diesem Freitag.

Und der Verband warnt: Bei biologischen Krebsmitteln, die in parenteralen Zubereitungen angewendet werden, könnte es in Zukunft auch zu Engpässen kommen. Seit dem 15. März gelten nämlich Regeln für den Austausch von Biopharmazeutika in der Apotheke.

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„Es ist nicht mehr zu erklären“, so Bretthauer. „Bei einigen Krebsmitteln schafft die Politik das Hauptsache-Billig-Prinzip ab, bei anderen führt sie es neu ein. Das ist ein Schlingerkurs, der das Ziel Versorgungssicherheit längst aus den Augen verloren hat.” Ein Paradox, auf das Bretthauer bereits früher in einem Interview mit der DAZ hinwies.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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