Eincremen nicht vergessen

Hautpflege ist ein wichtiger Teil des Diabetesmanagements

12.06.2024, 07:00 Uhr

Eine reichhaltige Hautpflege ist für Diabetespatienten extrem wichtig - nicht nur an den Füßen! Foto: Maria Fuchs/AdobeStock

Eine reichhaltige Hautpflege ist für Diabetespatienten extrem wichtig - nicht nur an den Füßen! Foto: Maria Fuchs/AdobeStock


Diabetes ist eine enorme Herausforderung für die Betroffenen: Täglich heißt es, den Blutzucker zu messen, den Essensplan einzuhalten und verschiedene Arzneimittel zu verabreichen. Doch damit noch nicht genug – auch eine gute Hautpflege ist bei Diabetes ein Muss. Gefragt sind konsequente Fußchecks und die richtigen Pflegeprodukte. So lässt sich Hautkomplikationen wie Infektionen und schlecht heilenden Wunden erfolgreich vorbeugen.

Dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte wirken sich auf zahlreiche Organe aus, etwa auf Nerven, Blutgefäße, Augen und Nieren, aber auch auf die Haut. Bei einem Insulinmangel oder einer Insulinresistenz scheidet der Körper vermehrt Flüssigkeit über den Urin aus. Verschlimmert wird die Situation durch eine diabetische Neuropathie, die zu einer verminderten Talg- und Schweißdrüsenproduktion führt. Die Folge all dieser Faktoren: Die Haut wird extrem trocken und juckt. Es entstehen Risse, Keime dringen durch die gestörte Hautbarriere leichter in den Körper ein und verursachen Infektionen. Erschwerend hinzu kommt: Aufgrund der Nervenschäden werden Wundschmerzen meist nicht wahrgenommen. Damit fehlt ein wichtiges Frühwarnsystem, und selbst kleinste Verletzungen können sich zu schlecht heilenden Problemwunden, wie etwa diabetischen Fußulzera mit drohender Amputation, entwickeln. Weiterhin verursachen Fehlbelastungen des Fußes leicht Druckstellen und übermäßige Hornhautbildung. Schnell kann auch hieraus unbemerkt eine tiefe Wunde entstehen. Um Hauterkrankungen und Wundheilungsstörungen bei Diabetes vorzubeugen, sind eine normnahe Blutzuckereinstellung, eine tägliche Fußinspektion sowie eine adäquate Hautreinigung und -pflege essenziell.

Richtig reinigen

Da die Haut von Diabetes-Patienten nicht mehr ausreichend Feuchtigkeit binden kann und hauteigene Lipide nicht ausreichend produziert werden, ist die epidermale Barrierefunktion ihrer Haut gestört. Abhilfe schaffen hier bei der Hautreinigung feuchtigkeitsspendende, rückfettende Produkte, welche die Schutzbarriere stärken. Generell ist für die Hautreinigung anzuraten: Diabetes-Patienten sollten besser duschen als baden, am besten nur kurz und nicht zu heiß (max. 35°C). Die empfindliche Gesichtshaut lässt sich schonend mit Emulsionspräparaten (Reinigungsmilch oder -creme) reinigen. Diese müssen gemäß der Anwendung nicht mit Wasser abgespült werden. Als Reinigungsprodukte für Hände und Körper eignen sich milde Reinigungsfluids (z. B. Eucerin® Urea Repair Waschfluid), lipidreiche Duschöle (z. B. Eubos® Sensitive Duschöl F) oder Duschcremes (z. B. Physiogel® Daily MoistureTherapy Dusch-Creme) und pH-neutrale Syndets. Darüber hinaus stehen rückfettende Badeöle zur Verfügung (z. B. Linola® Fett-N-Ölbad), die zum Teil auch juckreizmildernde Wirkstoffe (z. B. Balneum Hermal® Plus mit Polidocanol) enthalten. Verzichtet werden sollte auf austrocknende oder hautirritierende Sub­stanzen wie alkalische Seifen, Tenside oder hartes Wasser.

Konsequent pflegen

Eine wirksame Hautpflege, die möglichst zweimal täglich angewandt wird, gleicht den Mangel an Feuchtigkeit und Fett aus. Allgemein können Diabetes-Patienten alle Produkte zur Reinigung und Pflege verwenden, die für eine trockene, zu Atopie neigende Haut eingesetzt werden (z. B. Eucerin®, Cetaphil®, Linola®, Physiogel®, CeraVe, Dermasence®, Bepanthol®, La Roche Posay). Darüber hinaus sind auch Kosmetik- und Medizinprodukte erhältlich, die speziell für Diabetiker entwickelt wurden (z. B. Allpresan® Diabetic, Eubos® Diabetische Hautpflege). Besonders bewährt haben sich Externa mit hautbarriere-stärkenden Lipiden und hydratisierenden Substanzen wie Harnstoff, Milchsäure oder Glycerin, welche dem transepidermalen Wasserverlust entgegenwirken. Häufig findet sich auch hautberuhigendes Panthenol in den Pflegeprodukten. Geeignet sind grundsätzlich unterschiedliche Formulierungstypen wie W/O-Emulsionen, lamellare Systeme und Schaumcremes, möglichst ohne Duft- und Konservierungsstoffe. Vermieden werden sollten Hydrogele, alkoholhaltige Gesichtswässer oder Peelings, welche die Haut zusätzlich austrocknen oder irritieren. Ebenso ungeeignet sind reine Fettsalben oder Öle, Melkfett, Puder oder Zinkpasten ‒ sie erzeugen einen Wärme- und Feuchtigkeitsstau auf der Haut.

Tab.: Pflegeprodukte für Diabetes-Patienten (eine Auswahl für Körper, Beine, Füße)
ProduktInhaltsstoffe (Auswahl)Eigenschaften und Anwendung
Allpresan® diabetic Schaum-Creme Intensiv + RepairUrea, Glycerin, Panthenol, biomimetische Lipide
  • Schaum zieht schnell ein, fettet nicht, keine Rutschgefahr
  • ohne Duft-, Farb- und Konservierungsstoffe
  • vor Gebrauch gut schütteln, bei Entnahme aufrecht halten
  • auch in Zehenzwischenräumen anwendbar, ohne das bakterielle Infektionsrisiko zu erhöhen
Cetaphil® Pro Urea 10% Aufbauende Intensiv-SalbeHarnstoff, Glycerin
  • glättet raue rissige Füße
  • langanhaltende Hydratisierung
  • geruchsneutral, ohne Duftstoffe
Dermasence Adtop Lipidlotion5% Urea, Glycerin, Oliven- und Jojobaöl
  • bindet Feuchtigkeit
  • 25% hautpflegende Öle
  • hautfreundlich parfümiert
efasit® Fuß Schaum Trockene Haut10% Urea, Glycerin, Aloe Vera, Allantoin
  • leicht zu verteilen, zieht schnell ein, ohne zu fetten
  • Dose vor Gebrauch gut schütteln, bei Entnahme aufrecht halten
Eubos® Med Diabetes Haut Spezial Fuß & Bein Multi ActivAlgenextrakt Pheohydrane, Urea, Lactat, Glycerin, Bisabolol, Allantoin, Panthenol, Shea-Butter
  • stärkt die natürliche Hautbarriere, beruhigt die Haut
  • enthält Parfüm
Eucerin® UreaRepairPlus Fußcreme 10%10% Urea, Ceramid, Glycerin
  • spendet Feuchtigkeit
  • beruhigt die Haut
  • stärkt die Hautbarriere
Linola® FußcremeAllantoin, Glycerin, Glycol­säure
  • fördert Rückbildung übermäßiger Hornhaut
  • wirkt gegen Bakterien und Pilze
  • verbessert die Regenerationsfähigkeit der Haut
  • Lipidgehalt: 32%

 

Fokus auf Hände und Füße

Eine besondere Aufmerksamkeit benötigen die Hände von Diabetes-Patienten, die durch die tägliche Blutentnahme stark strapaziert sind. Hier bieten sich Pflegepräparate mit Harnstoff oder Glycerin an (z.  B. Cetaphil® Repair Regenerierende Handcreme, Bepanthol® Derma Regenerierender Handbalsam). Auch für die Füße ist auf eine schnell einziehende Spezialpflege zu achten. Die entsprechenden Produkte können die Hornhaut geschmeidig halten und Fissurenbildung vorbeugen. Passend sind Fußcremes (z. B. Eucerin® UreaRepair Plus Fußcreme 10%), Lotionen oder Schäume mit Harnstoff. Schaum-Cremes (z. B. Allpresan® diabetic Schaum-Creme Intensiv + Repair) haben im Vergleich zu anderen Produkten den Vorteil, dass sie die trockene Haut nicht mit zu hohem Fettanteil belasten. Allgemein zu beachten gilt: Die meisten Präparate sollten nicht zwischen den Zehen gecremt werden, weil das feuchte Klima Pilzinfektionen begünstigt (Ausnahme: Allpresan®).

Pediküre: bitte verletzungsfrei

Die regelmäßige Entfernung von Hornhaut ist von entscheidender Bedeutung. Das geht leichter nach einem kurzen Fußbad (max. 5 min, max. 35°C; wichtig dabei: Temperatur mit Badethermometer kontrollieren, Füße sorgfältig abtrocknen, vor allem Zehenzwischenräume, nicht trocken föhnen). Die Hornhaut lässt sich vorsichtig mit einem Bimsstein oder einer Sandpapierfeile wegrubbeln. Wegen der Verletzungsgefahr sind scharfe Hornhauthobel oder -raspeln tabu, gleiches gilt für Nagelschere oder -knipser. Besser geeignet zum Kürzen der Nägel ist eine abgerundete Diamantfeile, mit der die Nägel gerade gefeilt werden sollten, nicht rund, sonst wachsen sie leicht ein. Die Behandlung von Hühneraugen oder Warzen mit ätzenden Tinkturen oder keratolytischen Pflastern gehört in die Hände von Podologen. Auch Verletzungen an den Füßen sollten keinesfalls in Eigenregie behandelt werden. Sie sind bei einem Diabetes-Patienten immer ein Notfall und müssen dringend beim Hausarzt, Diabetologen oder in der Fußambulanz therapiert werden.

Täglicher Fußcheck

Diabetes-Patienten ist unbedingt zu einer täglichen Selbstkontrolle der Füße zu raten, um Läsionen oder Verletzungen schon frühzeitig zu erkennen und langwierige Komplikationen zu verhindern. Die Betroffenen sollten dazu jeden Tag ihre Füße auf Druckstellen, Blasen und kleine Verletzungen untersuchen, die sie mitunter gar nicht spüren. Mit einem Handspiegel lassen sich auch die Zehenzwischenräume und Fußsohlen gut auf Hornhautstellen oder Risse überprüfen. Bei eingeschränkter Beweglichkeit oder nachlassender Sehkraft sollten Angehörige oder Pflegekräfte regelmäßig die Füße anschauen. Auch der Arzt soll in gewissen Abständen einen Blick auf die Füße des Diabetes-Patienten werfen. Im Rahmen der Disease-Management-Programme für Typ-1- und Typ-2-Diabetes ist der Anspruch auf ärztliche Kontrolluntersuchungen der Füße gesetzlich geregelt. Die Kontrollintervalle hängen vom individuellen Risikostatus ab (gesunde Füße 1 x pro Jahr, bei Neuropathie alle sechs Monate, bei Ulkus oder nach Amputation alle 1 bis 3 Monate).

Professionelle podologische Behandlung

Patienten mit erheblicher Sehbehinderung oder eingeschränkter Beweglichkeit (Alter, Übergewicht) sollten unbedingt eine professionelle medizinische Fußpflege in Anspruch nehmen. Für Betroffene mit diabetischem Fußsyndrom – mit Veränderungen der Haut und/oder Zehennägel bei nachgewiesenen Gefühlsstörungen und/oder Durchblutungsstörungen der Füße – ist eine solche podologische Therapie Kassenleistung. Sie kommt infrage, wenn Folgeschäden der Füße wie Entzündungen und Wundheilungsstörungen drohen. Zu den speziellen podologischen Methoden zählen beispielsweise das Abtragen von Hornhautschwielen, fachgerechtes Entfernen von Hühneraugen, ein richtiger Nagelschnitt sowie die Behandlung von Nagelmykosen, von eingewachsenen Nägeln mit speziellen Nagelkorrektur-Spangen oder von verdickten Nägeln.

Auf einen Blick

  • Regelmäßige Hautpflege ist bei Diabetes ein Muss – inklusive täglicher Fußchecks auf Verletzungen.
  • Eine passende Hautreinigung und -pflege ersetzt Feuchtigkeit und fehlende Lipide und mildert die trockene, juckende Haut.
  • Diabetes-Patienten können Präparate verwenden, die für eine trockene, zu Atopie neigende Haut ausgelobt sind oder speziell für Diabetes-Haut entwickelte Kosmetik- und Medizinprodukte.
  • Vorsicht gilt beim Entfernen von Hornhaut und dem Kürzen der Nägel: hier droht schnell Verletzungsgefahr.
  • Eine podologische Behandlung ist für Betroffene mit diabetischem Fußsyndrom Kassenleistung.

Patienten informieren, schulen, beraten

Machen Sie Diabetes-Patienten im Beratungsgespräch auf mögliche Fußprobleme aufmerksam. Denn eine wiederholte Aufklärung über die richtige Pflege spielt eine wichtige Rolle bei der Prävention von diabetischen Fußulzera und Amputationen. Ziel ist es, das Selbstschutzverhalten des Patienten zu verbessern. Betroffene sollten sich der einzelnen Schritte bewusst sein, die sie bei Verletzungen unternehmen müssen. Informieren Sie auch über geeignetes Schuhwerk (ausreichend Platz im gesamten Fußbereich, weiches Oberleder, keine harten Kappen oder hohen Absätze, keine scheuernden Innennähte, feste Sohle) und angemessene Socken und Strümpfe mit hohem Baumwollanteil, weichem, nicht einschnürendem Bündchen und ohne drückende Nähte (z. B. Compressana GoWell Soft). Zudem helfen den Betroffenen Tipps, um Fuß- und Nagelpilz vorzubeugen oder allergische Reaktionen und Narben durch kontinuierliche zu tragende Glucosemessgeräte oder Insulinpumpen zu vermeiden.

Literatur
Dermatologist-recommended skin care for people with diabetes; https://www.aad.org/public/diseases/a-z/diabetes-skin-care; Abruf: 13.05.2024
Kirsner RS et al. Diabetic skin changes can benefit from moisturizer and cleanser use: A review. J Drugs Dermatol. 2019 Dec 1;18(12):1211-7
Messer LH et al. Preserving skin integrity with chronic device use in diabetes. Diabetes Technol Ther. 2018 Jun;20(S2): S254-S264; doi: 10.1089/dia.2018.0080
https://www.cerave.com/skin-smarts/skin-concerns/diabetic-skin/living-with-diabetes-everyday-skin-care; Abruf: 13.05.2024
Piérard GE. The skin landscape in diabetes mellitus. Focus on dermocosmetic management. Clin Cosmet Investig Dermatol. 2013; 6: 127–135; doi: 10.2147/CCID.S43141
Diabetes and skin complications; https://www.diabetes.org/diabetes/complications/skin-complications; Abruf: 13.05.2024
Diabetes and skin care; https://www.diabetes.co.uk/diabetes-and-skin-care.html; Abruf: 13.05.2024
Pressemitteilung des G-BA, 20.2.2020: G-BA erweitert Verordnungsfähigkeit von medizinischer Fußpflege; https://www.g-ba.de/presse/pressemitteilungen-meldungen/844/#:~:text=zu%20den%20Geschäftsberichten-,G-BA%20erweitert%20Verordnungsfähigkeit%20von%20medizinischer%20Fußpflege,ausschließlich%20bei%20einem%20diabetischen%20Fußsyndrom; Abruf: 13.05.2024
https://www.diabetes-news.de/wissen/das-diabetische-fussyndrom/was-ist-podologie; Abruf: 13.05.2024
https://iwgdfguidelines.org/wp-content/uploads/2023/07/IWGDF-Guidelines-2023.pdf; Abruf: 13.05.2024
https://www.aok.de/pk/magazin/cms/fileadmin/pk/plus/pdf/curaplan-fusspflege-kontrolle.pdf; Abruf: 13.05.2024
https://www.gesundheitsinformation.de/disease-management-programm-bei-typ-1-diabetes.html; Abruf: 13.05.2024


Dr. Ines Winterhagen, Apothekerin
redaktion@daz.online


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