Verbände und Kammern lassen Dampf ab

Referentenentwurf: „Bankrotterklärung des Ministers“

Berlin - 13.06.2024, 15:30 Uhr

Das „Pseudo-Apotheken-Konzept“ grenzt schon fast an Unverschämtheit, sagt die LAV-Präsidentin Tatjana Zambo. (Foto: ABDA)

Das „Pseudo-Apotheken-Konzept“ grenzt schon fast an Unverschämtheit, sagt die LAV-Präsidentin Tatjana Zambo. (Foto: ABDA)


Seit diesem Mittwoch ist der Referentenentwurf für die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geplante Apothekenreform bekannt. Die Kommentare aus der Apothekerschaft sind scharf.

Die geplante Apothekenreform „bedroht die Arzneimittelversorgung der Menschen“. Das sagte ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening an diesem Mittwoch in einer Stellungnahme. Es sei „keine Weiterentwicklung der apothekerlichen Tätigkeit in den Apotheken vor Ort, sondern kommt einem Trojanischen Pferd gleich“.

Kurz zuvor hatte die Frankfurter Allgemeine Zeitung über den ihr bis dahin exklusiv vorliegenden Referentenentwurf berichtet. Seither haben sich zahlreiche Apothekerverbände und -kammern zu Wort gemeldet.

Mit Blick auf die Pläne zu Apotheken ohne ständige Anwesenheit eines Apothekers und zu Zweigapotheken sagte die Präsidentin des Landesapothekerverbands Baden-Württemberg, Tatjana Zambo, laut einer Pressemitteilung: „Ein solches Pseudo-Apotheken-Konzept als Zukunftsvision für die Arzneimittelversorgung in Deutschland verkaufen zu wollen, grenzt schon fast an Unverschämtheit – mindestens aber an vollständiger Unkenntnis der Versorgungsrealität.“

Bezüglich der Neugründung von Zweigapotheken sagte sie, dies sei eine „Bankrotterklärung des Ministers“. Sie seien eigentlich ein Element der Notversorgung. „Daraus ein Element der Regelversorgung zu machen, zeigt die Hilf- und Planlosigkeit des Ministeriums.“

Die Honorarpläne bezeichnete Zambo als „Nullsummenspiel“ – „Was wir aber brauchen, um einen über 11-jährigen Stillstand bei den apothekerlichen Honoraren auszugleichen, ist eine wirkliche Anpassung an höhere Betriebskosten, steigende Personalkosten, Einschränkungen im Einkauf und Inflation und andere Kostentreiber.“

Impfen? Überlastung der Apothekenmitarbeiter

Auch die zusätzlichen Aufgaben beim Impfen sieht sie kritisch: Apothekerinnen und Apotheker könnten mehr als sie dürfen, aber „solche zusätzlichen Aufgaben können eine Überlastung der Apothekenmitarbeiter bedeuten, wenn hierfür nicht angemessene personelle und finanzielle Ressourcen bereitgestellt werden.“

Die LAV-Präsidentin forderte eine „grundlegende Überarbeitung des Entwurfs“. Darüber hinaus soll der Minister in einen „echten Dialog mit den Apothekern“ treten, „um gemeinsam nachhaltige und praxisgerechte Lösungen zu entwickeln“.

Es bleiben „Ramschläden“

Der Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, Manfred Saar, spricht mit Blick auf die Apotheken ohne Apotheker von einer Demontage des jetzigen Apothekenwesens. Es handle sich dabei letztlich nur noch um „Ramschläden“.

Zu der Tatsache, dass der Entwurf erneut über eine Tageszeitung öffentlich gemacht wurde – die ABDA hatte ihn bis Donnerstagmittag immer noch nicht offiziell zugestellt bekommen – sagte Saar: „Es ist mehr als verstörend, wenn die größte Apothekenreform in der Geschichte der Bundesrepublik und im Ergebnis die darauf fußende Demontage der jetzigen Form der öffentlichen Apotheke über die Presse lanciert wird.“ Es sollte Konsens sein, dass „ein unmittelbar von einem Referentenentwurf betroffener Berufsstand frühzeitig in die ministeriellen Überlegungen eingebunden wird“.

Skonti mit „mehr als einem Beigeschmack“

In Zusammenhang mit der angepeilten Skonti-Regelung im Apothekengesetz sagte Saar, dies habe „mehr als einen Beigeschmack“. Die zuständigen Ministerien hätten einfach die Arzneimittelpreisverordnung anpassen können, aber Lauterbach wisse um die „angespannte finanzielle Situation“ der Apotheken und wolle den wirtschaftlichen Druck ausnutzen, „um seine Idee der Ramsch-Apotheke durchzudrücken“.

„Keinerlei Handlungsspielräume für Kompromisse“

Der Vorsitzende des Apothekerverbands Nordrhein (AVNR), Thomas Preis, sagte auf dem Frühjahrsempfang des Apothekerverbands Köln, dessen Vorsitzender er auch ist, die Bundesregierung überschreite mit dem geplanten Ende der Präsenzpflicht eine „rote Linie“. Man sehe hier „auch in Verantwortung für die Gesundheit der Menschen in unserem Land keinerlei Handlungsspielräume für Kompromisse“. Die „heil- und freiberufliche Brandmauer wird da unumstößlich bleiben und nicht weichen“, so Preis.

Auch er äußerte sich dazu, dass die FAZ über den Referentenentwurf berichtet hatte. Dies sei ein „unlauterer Politikstil“ gegenüber der stets dialogbereiten Apothekerschaft, so der AVNR-Vorsitzende.


Matthias Köhler, DAZ-Redakteur
redaktion@daz.online


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