Kommentar

Rückkehr der Skonti: Quick-Win oder Eigentor?

14.06.2024, 07:00 Uhr

Hoffentlich wird die Wiederzulassung der Skonti kein Eigentor. (Foto: Alexey Kuzma/Stocksy )

Hoffentlich wird die Wiederzulassung der Skonti kein Eigentor. (Foto: Alexey Kuzma/Stocksy )


Großhandelsskonti über 3,15 Prozent wieder zuzulassen – das scheint auf den ersten Blick eine charmante Lösung zu sein, die Apotheken kurzfristig finanziell etwas zu entlasten. Es lässt sich schnell umsetzen und ist für Steuer- und Beitragszahler kostenneutral. Es kann aber eigentlich nicht im Sinne des Erfinders sein, dass die Vergütung der Apotheken vom Verhandlungsgeschick beziehungsweise dem guten Willen der Großhändler abhängig ist. Und möglicherweise schadet es auf lange Sicht sogar. Ein Kommentar von DAZ-Chefredakteurin Julia Borsch. 

Der Bundesgesundheitsminister ist der Apothekerschaft bei seiner Apothekenreform doch in ein paar Punkten entgegengekommen. Da ist einmal die Möglichkeit, Betäubungsmittel künftig im Kommissionierer statt im Tresor zu lagern – ein Wunsch, der bereits im Rahmen eines Antrags beim Deutschen Apothekertag hervorgebracht wurde. Auch damit, dass sich zwei Approbierte künftig eine Filialleitung teilen dürfen, könnte eine langgehegte Forderung vieler Kolleg*innen umgesetzt werden.

Und dann wären da noch die Skonti. Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom Februar 2024 dürfen sie wie alle anderen Rabatte auch bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln den prozentualen Zuschlag des Großhandels von 3,15 Prozent auf den einheitlichen Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers nicht überschreiten. Dadurch hat sich die wirtschaftliche Lage vieler Apotheken nochmal zugespitzt. Per Gesetz klarzustellen, dass handelsübliche Skonti auch darüber hinaus erlaubt sein sollen, schien eine naheliegende Lösung, den Apotheken schnell etwas Luft zu verschaffen. Eine entsprechende Änderung der Arzneimittelpreisverordnung ließe sich schnell umsetzen. Und das Beste daran ist: Die Kosten fallen allein beim pharmazeutischen Großhandel an. Steuerzahler und Krankenkassen werden nicht belastet. Klingt erstmal nach einem Quick-Win, oder?

Ein entsprechender Vorschlag findet sich nun im Entwurf eines Gesetzes für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform (Apotheken-Reformgesetz – ApoRG).

Keine echte Verbesserung

Dass das keine echte Verbesserung ist, sondern lediglich eine Rückführung auf den Zustand vor dem BGH-Urteil, ist wohl allen klar. Und der Zustand war vorher auch schon schlecht.

Zudem profitieren davon nur die Apotheken, die überhaupt Skonti in dieser Höhe erhalten. Möglicherweise sind das aber genau nicht diejenigen, die am dringendsten Unterstützung brauchen.

Außerdem kann es ja nicht im Sinne des Erfinders sein, dass das Überleben einer Apotheke von deren Verhandlungsgeschick gegenüber dem Großhandel abhängt. Das sieht im Übrigen auch der Bundesgerichtshof so. In seiner Urteilsbegründung schreibt er: „Soweit die Revision geltend macht, die Apotheken seien auf die Skonti angewiesen, um eine flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung sicherzustellen, trägt dies der Regelungssystematik der Arzneimittelpreisverordnung nicht Rechnung. Die angemessene Vergütung der Apotheken wird nicht durch die Gewährung verbotener Rabatte auf die Großhandelspreise, sondern durch die in § 3 AMPreisV vorgesehenen Apothekenzuschläge gesichert, die – sollten sie hierfür nicht ausreichen – bei Bedarf vom Verordnungsgeber angehoben werden können.“

Es ist jedoch davon auszugehen, dass zumindest bei der aktuellen Bundesregierung beim Thema Honorar nichts mehr zu holen ist – abgesehen von der geplanten Umverteilung, deren Nutzen bekanntermaßen zweifelhaft ist. Da ist das Wiederzulassen der Skonti vermutlich besser als nichts. Dieses Entgegenkommen birgt allerdings die Gefahr, dass es auf lange Sicht bemüht wird, wenn es darum geht, künftige Honorarwünsche der Apothekerschaft abzubügeln. Ganz nach dem Motto: „Ihr wolltet, ihr habt bekommen, das war's.“ Und dann wäre das eher ein Eigentor.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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5 Kommentare

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von LUeandsSuZEriDAN am 19.06.2024 um 20:55 Uhr

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von aVeYlUAXwdQpkE am 19.06.2024 um 20:54 Uhr

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Eckpunktepapier - Einladung zum Tanz hätte angenommen werden sollen.

von Dominik Klahn am 14.06.2024 um 11:09 Uhr

Auch wenn ich vermutlich nicht die Meinung der Merheit hier im Chat vertrete, so muss ich leider feststellen, dass sich die in unserem Diskussionspapier (zu den Eckpunkten des BMG) formulierte Befürchtung bewahrheitet hat:

Denn die ABDA hat ihre gesundheitspolitische Kommunikation nach dem Erscheinen der Eckpunkte nicht auf die Herausforderungen des gesamten Versorgungssystem und deren gemeinsame Bewältigung ausgerichtet, sondern sie hat weiterhin und ausschließlich am Thema Honorarsteigerung auf EUR 12,00 festgehalten.

Mit den Eckpunkten - sind besser als ihr Ruf, sollten vor einer Beurteilung allerdings ebenso wie der Referentenentwurf im Wortlaut gelesen werden - lud Prof. Dr. Lauterbach zum Diskurs ein und machte dazu deutlich, dass er über seine Eckpunkte und nicht zuvorderst über eine - wenn auch erforderliche - Honorerhöhung sprechen wolle. Seitdem wurde zudem von diversen Gesundheitspolitik aus Bund und Ländern verlautbart, dass es keine Honorarsteigerungen geben werde.

Dem entgegen hielt die apothekerliche Standesvertretung weiterhin stoisch an ihrer traditionellen, aber heutzutage überkommenen, Wagenburgmentalität fest. Schlussendlich ist die ABDA fatalerweise mitnichten auf den Bundesgesundheitsminister eingegangen. Dessen zentrales Thema die flächendeckende Sicherstellung des bedarfsgerechten Zugangs der Bevölkerung zur (Arzneimittel-) Versorgung ist.

Hand aufs Herz: wie kann man auf diese systemrelevanten Themen des Bundesgesundheitsministers nicht eingehen?

Unter dem Strich ist die Lobbyarbeit der ABDA gescheitert und die Eckpunkte wurden eins zu eins (und ein wenig mehr) in einen Referentenentwurf übertragen. Es wäre für die Vor-Ort-Apotheken wünschenswert (aber für mich völlig überraschend), wenn die ABDA das Ruder im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens nochmals herumreißen würde. Die Erfahrung lehrt leider etwas Anderes. Traurig aber. wahr: Unser Bundesgesundheitsminister ist weniger das Problem der Apotheken vor Ort als deren eigene Standesorganisation.

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AW: Eckpunktepapier - Einladung zum Tanz hä

von Ulrich Ströh am 14.06.2024 um 11:54 Uhr

Das Problem ist richtig benannt.

Nichts ist härter als die Wahrheit!

Idee Spahn

von beldowitz am 14.06.2024 um 8:54 Uhr

Hatte nicht mal mal Spahn die Idee, die Summe die nun aufgrund des Urteils beim Großhandel gelandet ist, dem Großhandel wegzunehmen und dafür die Packungspauschale zu erhöhen? Das würde auch die Schere zwischen den Apotheken verkleinern.

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