Aufarbeitung der Corona-Pandemie

Ampelfraktionen erwägen Einsetzung von Bürgerrat und Enquete-Kommission

Berlin - 25.06.2024, 15:15 Uhr

Wurden Kinder und Jugendliche durch die Corona-Maßnahmen geschädigt? Das könnte ein Bürgerrat diskutieren. (Foto: IMAGO / Zoonar)

Wurden Kinder und Jugendliche durch die Corona-Maßnahmen geschädigt? Das könnte ein Bürgerrat diskutieren. (Foto: IMAGO / Zoonar)


Mit einem Corona-Bürgerrat wollen die Ampelfraktionen zur Aufklärung von Fehlern während der Pandemie-Bekämpfung beitragen. Grüne und FDP fordern zudem die Einberufung einer Enquete-Kommission. Die Aufarbeitung der damaligen Maskenbeschaffung ist bereits im Gange. 

Die Ampelfraktionen planen die Einberufung eines Bürgerrates für die Aufarbeitung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Sonntag in der Sendung „Bericht aus Berlin“ geäußert, dass er diesen Vorschlag gutheiße, da hier die Bürger*innen beteiligt würden. In einer Enquete-Kommission kämen nur Abgeordnete und Experten zu Wort. Insbesondere mit Blick auf die damaligen Schulschließungen erkennt Scholz die Notwendigkeit zur Fehlerdiagnose: „Das war sicherlich nicht die richtige Entscheidung.“

Ergänzung durch Enquete-Kommission

FDP und Grüne setzen sich zudem dafür ein, eine Enquete-Kommission einzuberufen. „Ein Paket aus einem Bürgerrat und einer Enquetekommission halten wir für sachgerecht, damit wir für zukünftige ähnliche Situationen besser gerüstet sind“, sagte Grünen-Fraktionsvize Maria Klein-Schmeink, wie die Deutsche Presseagentur am Dienstag berichtet. Die FDP betont, die Aufklärung müsse vorrangig in den Händen einer Enquete-Kommission liegen: „Ein Bürgerrat kann ergänzen, aber er kann niemals verbindliche Schlüsse ziehen. […] Es kann und darf nicht sein, dass wir als Parlamentarier die Verantwortung für das, was geschehen ist, an eine zusammengewürfelte Versammlung von Bürgerinnen und Bürgern abgeben“, so FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann.

Bürgerrat als politisches „Experiment“

In Bürgerräten werden per Losverfahren Bürger*innen aus ganz Deutschland bestimmt, die über einen bestimmten Zeitraum zu vorgegebenen Themenkomplexen beraten. Am Ende verfassen die Teilnehmer*innen ein Empfehlungsschreiben, dass an die Fraktionen und zuständigen Fachausschüsse des Bundestages übergeben wird. Dieses ist für die politischen Entscheider*innen jedoch in keiner Weise bindend.

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Bundeskanzler Scholz sieht im Bürgerrat ein „Experiment“, dass schon „einmal“ gut funktioniert habe. Tatsächlich gab es schon drei solcher Bürgerräte – 2019 auf Initiative einer NGO den „Bürgerrat Demokratie“, 2020 übernahm Wolfgang Schäuble (CDU) die Schirmherrschaft des Bürgerrats „Deutschlands Rolle in der Welt“. Unter der Ampelregierung wurde der „Bürgerrat Ernährung“ einberufen, dessen Empfehlungen zum Beginn dieses Jahres dem Bundestag vorgelegt wurden. 

In Frankreich werden Bürgerräte bereits an zentralen politischen Entscheidungsprozessen beteiligt. Ein Bürgerrat hatte im April dieses Jahres seine Empfehlung zur Sterbehilfe an Präsident Macron übermittelt. Ein Gesetzesentwurf auf Grundlage der vom Bürgerrat erarbeiteten Beschlüsse wurde auf den Weg gebracht. 

Aufarbeitung der Maskenbeschaffung

Neben den Schulschließung wird wohl auch die fehlgeleitete Maskenbeschaffungsstrategie zum Beginn der Pandemie ein Schwerpunkt der anstehenden Aufarbeitung sein. Aktuell fordert die Fraktion der Grünen Auskünfte vom ehemaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). 

Am Beginn der Pandemie hatte das Bundesgesundheitsministerium (BMG) Lieferverträge abgeschlossen, in denen die Kosten der gelieferten Masken im Vorfeld nicht klar festgelegt wurden. Der Kauf erfolgte zu überhöhten Preisen. Im Nachhinein machte das BMG Qualitätsmängel geltend und verweigerte Zahlungen an die Lieferanten, die daraufhin klagten. 

Paula Piechotta (Grüne) hob die finanzielle Dimension hervor: „Bis zu 3,5 Milliarden Euro, die jetzt als Schadenshöhe im Raum stehen, sind einfach ein zu großer Schaden, für den politische Verantwortung festgestellt und dann auch übernommen werden muss.“ Schon damals sei absehbar gewesen, dass „hier extrem riskant zum Schaden der deutschen Steuerzahler gehandelt wurde.“ 

Am kommenden Mittwoch wird sich der Haushaltsausschuss des Bundestages mit dem Thema befassen.


mz / dpa


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