Bestandsaufnahme nach dem Urteil

Aus für Rx-Skonti? Erste Lösungsansätze

Stuttgart - 25.06.2024, 07:00 Uhr

Einen Zahlenaufriss sollte jede Apotheke machen, mindestens für den Haupt-Großhandel und die Direktbezüge. Das zeigt,  wo gegengesteuert werden kann. Foto: IMAGO / Westend61

Einen Zahlenaufriss sollte jede Apotheke machen, mindestens für den Haupt-Großhandel und die Direktbezüge. Das zeigt,  wo gegengesteuert werden kann. Foto: IMAGO / Westend61


Das Skonto-Urteil des Bundesgerichtshofs hat im Februar für großen Wirbel gesorgt. Seitdem ist einige Zeit vergangen und die ersten Folgen sind spürbar. Wo kann man mit seiner Apotheke gegensteuern und welche Auswirkungen hat dies? Im neuen AWA Apotheke & Wirtschaft hat sich Prof. Dr. Reinhard Herzog mit der Thematik auseinandergesetzt und gibt Inhaberinnen und Inhabern Tipps für individuelle Strategien.

Die Großhandlungen ziehen bei den Skonti flächendeckend die Zügel an. Höchste Zeit, sich ein Bild über die eigene Sachlage zu machen und eine individuelle Strategie zu entwickeln. Reagieren Sie nicht überhastet, sondern lassen Sie erst einmal die nun eintrudelnden Angebote auf sich wirken und machen Sie sich über Ihre Lage schlau. Zuerst gilt es, die Umsätze auf die Einkaufswerte (mindestens unterteilt in Rx Hochpreiser, Rx normal, Non-Rx) herunterzubrechen.

Weiterhin ist die Unterscheidung in  Direkteinkauf und Großhandelsbezug vorzunehmen, wobei wir uns auf Rx fokussieren. Das kann dann beispielhaft so aussehen wie in Abbildung 1 für eine Apotheke mit 4 Mio. Euro Netto-Warenumsatz (ohne Dienstleistungen, Rezepturen) und 120.000 Packungen (48.000 Rx). Die Apotheke hat aus Rx-Direkteinkäufen knapp 4.400 Euro bei Hochpreisern (25 Prozent Anteil am Hochpreisereinkauf) und 6.800 Euro aus Normal-Rx (dort 15 Prozent Anteil) an Skonti erhalten. Diese stehen zur Disposition. Beim Großhandel gab es gut 24.000 Euro an Skonti auf Normal-Rx nach diversen Ausschlüssen in Höhe von angenommen 25 Prozent des Normal-Rx-Umsatzes. Auch die stehen im Feuer. Zusammen machen die Skonti hier 35.400 Euro aus, davon 24.000 Euro seitens des Großhandels.

Abb. 1: Aufgliederung der Umsatz- und Einkaufsvolumina samt Rabattierung 

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Hinzu kommen die Rabatte, bis zur gesetzlichen Marge weiter möglich: Immerhin gut 8.000 Euro für die Hochpreiser aus dem Großhandels-Festrabatt von 32 Euro pro Packung, sowie 33.000 Euro aus dem Normal-Rx-Rabatt des Großhandels (Annahme 3,00 Prozent). Der Spannenausgleich schlägt hier (Sollspanne 6,48 Prozent) mit – 1,27 Prozent-Punkten oder 19.800 Euro zu Buche, was 0,49 Prozent am Gesamtumsatz ausmacht und insoweit die gesamte Betriebsmarge mindert. Aus Direkteinkäufen von Normal-Rx (15 Prozent Anteil) vereinnahmt die Apotheke weitere 7.000 Euro Rabatt zusätzlich zu o. a. Skonti. Alles in allem nominal (ungefährdete) 48.000 Euro, allerdings eben geschmälert um rund 19.800 Euro Spannenausgleich.

Einen solchen Zahlenaufriss sollten Sie stets machen, mindestens für Ihren Haupt-Großhandel und Ihre Direktbezüge. Das zeigt dann eben auch, wo gegengesteuert werden kann, mit welchen Auswirkungen.

Spannenausgleich modifizieren

Der Rx-Handelsspannenausgleich (bezogen auf „Normal-Rx“ ohne Hochpreiser) ist eine Konstruktion des Großhandels, um sich eine gewisse prozentuale Marge zu sichern. Inwieweit überhaupt der Ansatz einer prozentualen Zielmarge sinnvoll ist oder ob nicht vielmehr absolute Stückerträge – welche auch beim Großhandel stets steigen – der zielführendere Ansatz wären, sei nur am Rande bemerkt.

Jedenfalls bewegte sich die Wunschvorstellung um 6,35 Prozent vor der Fixumserhöhung von 0,70 Euro auf 0,73 Euro, und dann bei rechnerisch etwa 6,48 Prozent. Nur bei sehr niedrigen Packungswerten unterhalb von gut 20,50 Euro zum Listen-Einkaufspreis (AEP) entsteht kein Malus. Mit durchschnittlich etwa 24 Euro AEP müssen 0,5 Prozent-Punkte berappt werden, bei rund 29 Euro AEP beträgt der Malus immerhin einen ganzen Prozentpunkt, bei (sehr selten so hohen) 49 Euro wären es dann zwei Prozentpunkte.

Die „Wunschspanne“ ist nicht in Stein gemeißelt. Was spricht dagegen, diese individuell abzusenken? Profitieren tun freilich vor allem diejenigen, welche höherpreisig im entsprechenden Ärzteumfeld unterwegs sind. Center-Apotheken haben hier nur einen kleineren Hebel. Eine weitere, kleinere Stellschraube ist die Berechnungsgrundlage: Welche Packungen zählen in den Ausgleich (nicht) hinein, z. B. Kontingentartikel?

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In OTC-Rabatte umschichten

Es ist kein Geheimnis, dass der Großhandel im OTC-Segment noch ganz ordentliche Margen erzielen kann, weil hier gerade die großen Generikaanbieter erhebliche Nachlässe gewähren. Das heißt, dass Ihre Abwägung Non-Rx-Direkteinkauf versus Großhandelsbezug unter den aktuellen Kautelen nochmals relevanter wird, was Sie wohin umschichten.

Zur Wahrheit gehört natürlich auch, dass der Non-Rx-Einkauf regelhaft nur zwischen gut 10 Prozent bis 20 Prozent des gesamten Einkaufsvolumens ausmacht. Lediglich ausgesprochene Center- oder Lauflagen-Apotheken kommen hier auf signifikant höhere Werte – und für diese Betriebe wird das ein noch wichtigerer Hebel. Bei den typischen Apotheken aber gilt: Mit einem Prozentpunkt besseren Non-Rx-Rabatten (wohlgemerkt über das gesamte Non-Rx-Segment, welches sich nochmal aufteilt, Stichwort z. B. Hilfsmittel) kompensieren Sie 0,1 Prozent bis 0,2 Prozent Rabatt-/Skontiverlust im Rx-Bereich, also nicht allzu viel.

An der Gebührenschraube drehen

Touren-/Energiepreispauschale, Btm-Beleggebühr, die Monatsgebühren für Kooperationen, Sondereinkaufsgemeinschaften u. a. m. sollten Sie ebenfalls im Auge behalten. Dabei machen viele dieser Positionen für sich betrachtet nur niedrig vierstellige Beträge pro Jahr aus – sie sind aber für den Großhandel eine berechenbare Basis. Am meisten herauszuholen ist bei den teils hunderte Euro monatlich betragenden Kosten für diverse Gemeinschaften bzw. Einkaufsprogramme. Hier lohnt es sich, nachzuhaken – und ob die besseren Angebote überhaupt diese Gebühren bislang gerechtfertigt haben. Unter dem Strich reden wir hier aber eher von den „Peanuts“.

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Geld für Datenlieferungen, neue Werbekosten-/Platzierungszuschüsse, aber auch höhere Dividenden bei den genossenschaftlichen Großhandlungen sind weitere (im Gesamtkontext allerdings ebenfalls eher kleinere) Rädchen, die gedreht werden können. Doch wie heißt die Devise? „Kleinvieh macht eben auch Mist …“ In diesem Zusammenhang lohnt zudem ein neuer Blick auf Ihre Zahlungsfristen und die Modalitäten der Vorfinanzierung.

OTC-Preise anpassen

Sie können selbst ebenfalls was tun – an Ihrer OTC-Preispolitik, verbunden mit einem kritischen Blick auf die Effektivität Ihrer Werbeausgaben. 1 Prozent höhere Preise über das gesamte Non-Rx-Segment bedeuten in unserem Apotheken-Beispiel mit 800.000 Euro (20 Prozent) Non-Rx-Umsatz immerhin 8.000 Euro Zusatzertrag. Selbst wenn wir 25 Prozent abziehen für Hilfsmittel oder sonst schwer preislich anpassbare Artikel, bleiben 6.000 Euro je Prozent Preisaufschlag.

Rechnerisch würden in unserem Fall 6 Prozent Preiserhöhung wegfallende Skonti in Höhe von 35.000 Euro kompensieren können. Bei rezeptlastigen Apotheken wäre der Zuschlag höher, bei barverkaufsorientierten niedriger. Es ist einer der wirksamsten Hebel, den Sie selbst in der Hand haben!

Fazit

Die einfachste Lösung wäre, wenn die Politik Skonti wieder explizit erlauben würde; dazu wäre nur eine kleine Ergänzung der Arzneimittel-Preisverordnung (§ 2 Abs. 1 Satz 1) nötig: „Die Zulässigkeit der Gewährung handelsüblicher Skonti auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers bleibt unberührt.“

Es gibt Signale, dass dies von der Politik aufgegriffen werden könnte, denn unmittelbare kostensteigernde Auswirkungen für die Versicherten hätte das ja nicht. Ungeachtet dessen rollt die Welle der Konditionsanpassungen über die Apothekenlandschaft hinweg. Sie sollten in jedem Falle zahlenmäßig orientiert sein – sei es, um die Einbußen bestmöglich zu kompensieren, oder sei es, um auch beim möglichen Zurückdrehen des Rades nicht über den Tisch gezogen zu werden.


Prof. Dr. Reinhard Herzog, Apotheker, DAZ-Autor
redaktion@daz.online


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