Maßgeschneidert für kleine Patienten

Worauf bei der Kapselherstellung für Kinder zu achten ist

Stuttgart - 26.06.2024, 09:14 Uhr

Bei der Herstellung individueller pädiatrischer Rezepturen gibt es viele Fehlerquellen, die Apotheker kennen und vermeiden sollte  (Foto: gpointstudio/AdobeStock)

Bei der Herstellung individueller pädiatrischer Rezepturen gibt es viele Fehlerquellen, die Apotheker kennen und vermeiden sollte  (Foto: gpointstudio/AdobeStock)


Lieferengpässe oder das Nichtvorhandensein eines Fertigarzneimittels in geeigneter Stärke: Gründe für die Herstellung pädiatrischer Rezepturen gibt es viele. Gängige Darreichungsformen sind Suspensionen oder Kapseln. Bei der Kapselherstellung für Kinder gibt es so einige Besonderheiten – Zeit für ein Update des Rezepturwissens.

Bei der Auswahl der Rezepturbestandteile, der eingesetzten Dosiermethode und der Beratung bei der Abgabe sollte das Alter der kleinen Patienten berücksichtigt werden. Kapseln können von Kindern erst ab einem Alter von etwa sechs Jahren geschluckt werden. Sie sind daher für jüngere Kinder nicht Darreichungsform, sondern Primärpackmittel, das von den Eltern geöffnet und entleert wird. Streng nach Arzneibuch handelt es sich also um „abgeteilte Pulver zum Einnehmen“. Der Inhalt wird entnommen und in einer Flüssigkeit dispergiert oder über Nahrung, beispielsweise Brei oder Apfelmus, gestreut und eingenommen. Hieraus ergeben sich schon die ersten Besonderheiten: Es sollten in jedem Fall farblose und damit durchsichtige Kapselhüllen gewählt werden, damit die Eltern die vollständige Entleerung kontrollieren können. 

Eine Untersuchung des Zentrallaboratoriums Deutscher Apotheker (ZL) ergab, dass hinsichtlich der vollständigen Entleerbarkeit Hypromellosekapseln den klassischen Hartgelatinekapseln überlegen sind [1]. Diese sind gleichzeitig eine Alternative für Familien, die auf eine vegetarische oder vegane Ernährung achten wollen und mittlerweile auch für die Apothekenrezeptur erhältlich. Hypro­mellosekapseln können beispielsweise über WEPA Apothekenbedarf GmbH & Co KG, ebenfalls vegane Cellulosekapseln über Fagron GmbH bezogen werden.

SnapFit® nicht verschließen

In der Regel werden Hartkapseln nach dem Befüllen durch einen Einrast-Mechanismus (SnapFit®) verriegelt. Sollen sie jedoch von den Eltern wieder geöffnet werden, wird der SnapFit® nicht geschlossen, sondern das Oberteil nur bis kurz vor die Rille, in der das Einrasten erfolgt, auf das Unterteil geschoben. Auch wenn die Kapseln nicht geöffnet, sondern von älteren Kindern eingenommen werden sollen, sind farblose Kapselhüllen den in der Regel mit Titandioxid eingefärbten weißen Hüllen vorzuziehen. Titandioxid ist zwar als Farbpigment in Arzneimitteln noch zugelassen, als Lebensmittelzusatzstoff jedoch seit 2022 verboten, da es als potenziell erbgutschädigend eingestuft wurde [6].

Ist die Apothekenrezeptur mit mehr als einem Standard-Füllgerät zur Befüllung von Kapseln der Größe 0 oder 1 ausgestattet, lohnt es sich auch, über die geeignete Kapselgröße nachzudenken: je kleiner die vom Kind einzunehmende Pulvermenge, desto besser. Erst recht, wenn Kinder im Grundschulalter die Kapseln als Ganzes schlucken sollen, macht eine möglichst kleine Kapselgröße, zum Beispiel Größe 3 oder 4, Sinn. Andererseits sind größere Kapseln für die Eltern leichter zu öffnen und zu entleeren – ein Vorteil, der ausgenutzt werden sollte, wenn die einzunehmende Pulvermenge nicht relevant ist.

Qualitätsbestimmend: Vorbereitung des Wirkstoffs 

Sofern der Wirkstoff als Rezeptursubstanz erhältlich ist, ist diese stets der Verarbeitung von Fertigarzneimitteln (Tabletten, Kapseln) vorzuziehen. Wenn möglich sollte mikrofeine oder sehr feine Substanz bezogen werden. Ist diese nicht verfügbar, muss der Wirkstoff vor der Herstellung der Pulvermischung in einer rauen Reibschale verrieben werden. Hier wird vom NRF die Verwendung einer ausreichend großen Schale gefordert: Die zu verreibende Pulvermenge sollte maximal 5% des Füllvolumens der Reibschale einnehmen. 

Für das Verreiben von 10 g Wirkstoff, der ein Volumen von rund 20 ml einnimmt, ist somit eine Reibschale von mindestens 400 ml Volumen oder einem Durchmesser von 12,5 cm erforderlich. Wenn der Wirkstoff in der Reibschale Agglomerate bildet, kann 1% hochdisperses Siliciumdioxid (Aerosil®) als Mahlhilfe zugesetzt werden. Dies muss später bei der Einwaage des Wirkstoffs durch eine entsprechende Mehreinwaage berücksichtigt werden (Faktor 1,01 nach Zusatz von 1%). Das früher übliche Sieben des verriebenen Wirkstoffs ist heute obsolet.

Steht keine Rezeptursubstanz zur Verfügung, kann alternativ ein Fertigarzneimittel, meist Tabletten, verarbeitet werden. Das NRF empfiehlt, diese Entscheidung unter Angabe der Begründung zu dokumentieren [5]. Nach Möglichkeit sind nicht überzogene Tabletten zu verwenden. Überzogene Tabletten sind schlecht, Tabletten mit verzögerter Wirkstofffreisetzung (Retardtabletten) auf keinen Fall zur Kapselherstellung geeignet. Um die starken Gehaltsschwankungen, die bei Fertigarzneimitteln zugelassen sind, auszugleichen, müssen die Tabletten stets im Überschuss verrieben werden. Das NRF empfiehlt, eine „mindestens zweistellige Anzahl“ von Tabletten, im Optimalfall die ganze Packung einzusetzen [5]. Nach der Bestimmung des Gesamtgewichts werden die Tabletten sorgfältig verrieben und dann die Menge der Verreibung abgewogen, die der benötigten Wirkstoffmenge entspricht (siehe Kasten „Beispiel: Berechnung der Wirkstoff-Einwaage bei der Kapselherstellung aus Tabletten“).

Beispiel: Berechnung der Wirkstoff-Einwaage bei der Kapselherstellung aus Tabletten

Herstellung von Isoniazid-Kapseln 60 mg, 50 Stück aus Isozid® 100 mg Tabletten

Indikation: Chemoprophylaxe einer Tuberkulose bei einem 6 kg schweren Säugling (Dosis: 10 mg/kg Körpergewicht)

benötigte Wirkstoffmenge: 50 × 0,06 g = 3,0 g

+ Produktionszuschlag 5%: Einwaage 3,15 g

Anzahl Tabletten, die die benötigte Wirkstoffmenge enthalten:

3,15 g : 0,1 g / Tablette = 31,5 Tabletten

32 Tabletten sind an sich bereits eine ausreichend hohe Anzahl Tabletten, um Gehaltsschwankungen auszugleichen. Isozid® 100 mg ist in Packungen zu 50 und 100 Tabletten im Handel. Hier wird also in jedem Fall eine Packung à 50 Tabletten benötigt. Sinnvollerweise werden alle 50 Tabletten verrieben.

Einwaage der Tabletten-Verreibung:

1 Tablette wiegt laut ABDA-Datenbank 110 mg, 50 Tabletten haben also ein Gesamtgewicht von 5,5 g. Informationen zum Tablettengewicht können auch in der Fachinformation oder der Gelben Liste zu finden sein. Alternativ wird das Gesamtgewicht durch gemeinsame Wägung aller Tabletten ermittelt.

50 Tabletten enthalten 50 × 0,1 g = 5 g Wirkstoff

5 g Wirkstoff entspricht somit 5,5 g verriebener Tablettenmasse

3,15 g Wirkstoff werden benötigt => Einwaage der Verreibung: 5,5 g / 5 g × 3,15 g = 3,465 g

Es werden also 50 Tabletten Isozid® 100 mg homogen verrieben und von dieser Masse 3,465 g für die Kapselherstellung eingewogen.

Die überschüssige Tablettenmasse wird verworfen. Dies ist jedoch kein Nachteil für die Apotheke, da beim Taxieren der Einkaufspreis der kompletten Packung berechnet wird [5]. Wichtig für die Festlegung der Aufbrauchfrist der Rezeptur: Sie darf nicht über das Verfalldatum des Fertigarzneimittels hinausgehen.

Kein Füllstoff ist universell geeignet für die Kapselherstellung

Das Standard-Füllmittel für Kapseln laut NRF ist Mannitol, versetzt mit 0,5% hochdispersem Siliciumdioxid (Aerosil®). Es hat optimale Fließeigenschaften und bei Herstellung mit Mannitol 35 (NRF S.38) eine standardisierte Schüttdichte. Mannitol wird jedoch aus dem Magen-Darm-Trakt nicht resorbiert und hat einen osmotischen Effekt. Vor allem bei kleineren Kindern kann es daher zu Magen-Darm-Beschwerden, Krämpfen und Durchfällen bis hin zu einer nekrotisierenden Enterokolitis führen [2]. Wie relevant diese Nebenwirkung ist, hängt von der Häufigkeit der Einnahme und von der individuellen Empfindlichkeit ab. Bei Frühchen und Neugeborenen sollte streng darauf geachtet werden, dass keine hyperosmolare Lösung zugeführt wird. Hier sollte auf ein alternatives Füllmittel zurückgegriffen oder der Kapselinhalt ausreichend, im Verhältnis 1 : 20, mit Wasser verdünnt werden. Für die in Kapselgröße 1 enthaltene Füllmittelmenge (0,5 ml) werden hierfür rund 10 ml oder ein großer Esslöffel Wasser benötigt.

Das NRF führt zahlreiche alternative Füllmittel auf [3]. Der in NRF S. 54 monographierte Füllstoff besteht aus mikrokristalliner Cellulose, versetzt mit 0,5% hochdispersem Siliciumdioxid als Fließmittel. Er besitzt gute Fließeigenschaften und ist nicht osmotisch aktiv. Allerdings besteht laut NRF die Gefahr, dass Wirkstoffe von der Cellulose adsorbiert und damit schlechter resorbiert werden. Die gelegentlich diskutierte Gefahr der Pinozytose (Aufnahme kleiner Partikel über die Darmschleimhaut) spielt laut NRF eine untergeordnete Rolle. 

Die Verwendung von mikrokristalliner Cellulose mit einer Korngröße von 100 µm ist zur Vermeidung einer Pinozytose optimal [7]. Während Lactose aufgrund ihrer laxierenden Wirkung und Glucose und Saccharose aufgrund ihrer galenischen Eigenschaften nur eine untergeordnete Rolle spielen, stellen Stärkearten (Mais, Reis) eine weitere Alternative für pädiatrische Kapseln dar. Durch Zusatz von 0,5% hochdispersem Siliciumdioxid werden die eigentlich schlechten Fließeigenschaften deutlich verbessert. 

Da Stärke als Naturstoff mikrobiell anfällig ist, sollte vor allem bei Rezepturen für Früh- und Neugeborene die mikrobiologische Reinheit der verwendeten Charge auf dem Prüfzertifikat kontrolliert werden. Werden die pädiatrischen Kapseln aus einem Fertigarzneimittel hergestellt, bietet es sich auch an, als Kapselfüllstoff einen Hilfsstoff zu verwenden, der in den verarbeiteten Tabletten bereits als Hilfsstoff enthalten ist. Durch Verwendung standardisierter Rezepturen wird der Apotheke die Auswahl des Füllstoffs abgenommen. Hier lohnt sich zum Beispiel ein Blick ins Formularium paediatricum [7] oder die Ziegler Rezeptur-Bibliothek [9].

Abgesehen von Mannitol 35, das bereits in standardisierter Schüttdichte vorliegt, müssen sämtliche Kapselfüllstoffe vor der Verarbeitung sorgfältig verrieben werden. Hier gelten dieselben Anforderungen an die Größe der Reibschale wie für das Verreiben des Wirkstoffs.

Kennzeichnung nach Besonderheitenliste und Arzneimittel-Warnhinweis-Verordnung

Bei der Kennzeichnung der Rezeptur ist seit der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung im Juni 2022 die Besonderheitenliste des BfArM zu beachten, die einige der möglichen Füllmittel betrifft [4]. Enthält eine Zubereitung 10 g Mannitol (entsprechend rund 40 Kapseln der Kapselgröße 1) oder mehr, so muss auf der äußeren Verpackung „enthält Mannitol“ vermerkt werden. Der Hinweis, dass Mannitol eine leicht abführende Wirkung haben kann, sollte mangels Packungsbeilage zumindest mündlich bei der Abgabe gegeben werden. Auch für Saccharose, Lactose, Fructose, Glucose und Weizenstärke schreibt das BfArM spezielle Warnhinweise vor.

Bei einigen Wirkstoffen müssen ebenfalls spezielle Hinweise auf dem Etikett erfolgen: Die Arzneimittel-Warnhinweis-Verordnung schreibt unabhängig vom Patientenalter für Acetylsalicylsäure, Dexibuprofen, Diclofenac, Ibuprofen, Naproxen, Paracetamol, Phenazon und Propyphenazon den Hinweis „Ohne ärztlichen Rat nicht länger anwenden als von der Apothekerin oder vom Apotheker empfohlen!“ vor [8].

Kleine Wirkstoffmenge: Dosiergenauigkeit ist wichtig

Beim Einwiegen geringer Wirkstoffmengen, wie sie für Kinder in der Regel benötigt werden, muss der Verlust auf dem Weg von der Waage in die Kapsel möglichst geringgehalten werden. Für die Einwaage empfiehlt das NRF daher antistatische Wägeschälchen aus Polystyrol [3], da sich von ihnen, im Gegensatz zu Uhrgläsern, der Wirkstoff nahezu vollständig wieder abkratzen lässt. Optimal sind dunkel gefärbte Schälchen, auf denen Wirkstoffreste gut zu sehen sind. Erhältlich sind sie z. B.in Schwarz von WEPA Apothekenbedarf GmbH & Co KG, sowie in Blau von Carl Roth GmbH + Co KG oder neoLab Migge GmbH. Bei Wirkstoffeinwaagen unter 0,1 g soll nach der Überführung des Wirkstoffs in die Schale als Inprozesskontrolle eine Rückwägung des Wägeschälchens erfolgen [11]. Einen konkreten Grenzwert schreibt das NRF nicht vor, 1% der Wirkstoffeinwaage erscheint sinnvoll. Ist die einzuwiegende Wirkstoffmenge sehr gering, sollte eine Stammverreibung hergestellt werden, im Optimalfall gleich im später zu verwendenden Kapselfüllstoff.

Die Wirkstoffeinwaage sollte stets um einen Produktionszuschlag erhöht werden, um Verluste bei der Herstellung auszugleichen. Während das NRF allgemein 5% Produktionszuschlag (f = 1,05), für niedrig dosierte Kapseln mit Wirkstoffgehältern unter 20 mg beziehungsweise unter einem Anteil von 10% der Pulvermischung sogar einen Aufschlag von 10% (f = 1,1) empfiehlt, hat das ZL für mehrere konkrete Wirkstoffe den optimalen Zuschlag praktisch ermittelt. Eine Liste, die regelmäßig erweitert werden soll, ist auf der Homepage des ZL zu finden [10]. Geben Sie den Webcode Y4TP9 direkt in die Suchfunktion auf DAZ.online unter www.deutsche-apotheker-zeitung.de ein und Sie gelangen zu den Informationen des ZL zum Wirkstoffzuschlag.

Wie im Rechenbeispiel (s. Kasten „Beispiel: Berechnung der Wirkstoff-Einwaage bei der Kapselherstellung aus Tabletten“) beschrieben, wird bei Herstellung aus Tabletten das einzuwiegende Aliquot Tablettenverreibung ebenfalls um den empfohlenen Produktionszuschlag erhöht. Davon ausgehend, dass Wirkstoff und Füllmittel bereits fein verrieben oder mikronisiert vorliegen, erfolgt das Herstellen der Pulvermischung in der Regel in einer glatten Schale, bevorzugt aus Edelstahl.

Die Dosiermethoden des NRF für Kapseln wurden in den letzten Jahren häufig aktualisiert – ein Blick auf den aktuellen Stand lohnt sich also bei jeder Ergänzungslieferung [3]. Die drei für kleine Wirkstoffmengen geeigneten Dosierverfahren sind in der Tabelle gegenübergestellt. Für die Durchführung von Inprozess- und Endkontrollen sei auf das NRF und die entsprechenden Arzneibuchvorschriften verwiesen. Soweit möglich, sollte die gravimetrische Dosiermethode durchgeführt werden. 

Bei Verwendung von alternativen Füllmitteln oder Herstellung der Kapseln aus Tabletten muss auf die Volumenergänzungs-Methode oder die Messzylindermethode ausgewichen werden (s. Tab. 1). Beim Befüllen der Kapseln mit der fertigen Pulvermischung gibt es keine Besonderheiten, die hinsichtlich der pädiatrischen Patienten zu beachten sind, hygienisch einwandfreies Arbeiten und die quantitative Überführung sowie gleichmäßige Verteilung der Pulvermischung auf die Kapseln sollten auch bei Rezepturen für Erwachsene selbstverständlich sein.

Tab. 1: Dosiermethoden für Kapseln mit niedrigem Wirkstoffgehalt (nach NRF - Neues Rezeptur-Formularium [3])
 gravimetrische Methode = massenbasiertes VerfahrenVolumenergänzungs-Methode„Messzylindermethode“ Kalibriermethode zur volumetrischen Ansatzmengenfestlegung, Fall B1 (nach NRF I.9.3.1)
Voraussetzungen
  • Schüttdichte des Füllmittels ist standardisiert
  • Nennfüllmasse der Kapselgröße für das verwendete Füllmittel ist bekannt
  • Wirkstoff mit gleicher Schüttdichte oder in so kleiner Menge, dass sein Volumen nicht relevant ist
  • für alle Rezepturen geeignet
  • Nennfüllvolumen der Kapseln ist bekannt (nachzuschlagen in DAC-Monographie K-145; z. B. 0,5 ml für Kapselgröße 1)
  • Fall B1 ist geeignet, wenn Wirkstoff < als 10% der Gesamtfüllmasse, also für Kapselgröße 1 < 27 mg
Vorgehen
  • Berechnung der einzuwiegenden Wirkstoff- und Füllmittelmengen nach [3] oder mithilfe des Online-Tools des NRF [12]
  • Herstellung der Pulvermischung: drei- bis zehnfache Menge Füllmittel vorlegen, Wirkstoff zugeben und ein­arbeiten; dann restliches Füllmittel einarbeiten
  • Kapseln befüllen
  • Einarbeiten von so viel Füllmittel in den vorgelegten Wirkstoff, dass dieses überwiegt, aber auf keinen Fall die erforderliche Gesamt-Pulvermenge überschritten ist (Abschätzung über Schüttdichte des Füll­mittels)
  • Einfüllen der Vormischung in die Kapselunterteile
  • Auffüllen mit reinem Füllmittel, dabei die Kapselmaschine vorsichtig aufklopfen und die Kapseln wieder plan befüllen (Überfüllung der Kapseln)
  • Ausleeren der Kapseln, Homogenisierung der Pulvermischung und erneutes Befüllen
  • Ermittlung des Kalibriervolumens (Volumen aller herzustellenden Kapseln, Nennfüllvolumen × Kapselanzahl)
  • Anzeichnen des Kalibriervolumens an einem Messzylinder (maximal 2,5-faches Volumen der Kapseln, z. B. für 20 Kapseln Größe 1: Kapselvolumen 10 ml => Messzylindergröße maximal 25 ml
  • Wirkstoff mit vier- bis zehnfacher Menge Füllmittel verrühren; Falls nötig, weiter Füllmittel einarbeiten, bis mindestens ein Zehntel der zu erwartenden Gesamtfüllmenge erreicht ist.
  • Mischung in den Messzylinder überführen, mit Füllmittel auf Kalibriervolumen auffüllen
  • Pulver in saubere glatte Schale entleeren und mischen
  • Kapseln befüllen
zu beachten
  • nach dem ersten Einstreichen in die Kapselunterteile muss ein Überstand auf dem Kapselbrett verbleiben
  • Überstand wird auf die Seite gestrichen, die Pulvermischung in den Kapseln durch vorsichtiges und gleichmäßiges Aufklopfen der Kapselmaschine verdichtet, dann der Überstand in die Kapseln eingestrichen
 
  • bei Entnahme des Füllmittels aus einem Standgefäß: Auf­lockern in einer Fantaschale, um Agglomerate zu zerstören
  • Keine Erschütterung beim Befüllen des Messzylinders!

Wenn das Kind Wirkstoff aus Kapseln einnehmen soll: Erläuterungen für die Eltern

Pädiatrische Kapseln sollten stets in Behältnissen mit kindergesichertem Verschluss abgefüllt werden. Wenn an ein Elternteil zum ersten Mal Kapseln abgegeben werden, gilt es einiges zu erklären. Das Öffnen der Kapseln durch vorsichtiges Zusammendrücken des Kapselunterteils und Abziehen des Kapseloberteils sollte demonstriert werden. Um Pulververluste zu vermeiden, kann die Kapsel vor dem Öffnen mit der Unterseite auf eine feste Unterlage aufgeklopft werden, damit der Inhalt sich komplett im Unterteil befindet. 

Dankbar sind die Eltern, wenn zusätzlich zur Rezeptur einige Leerkapseln mitgegeben werden, um das Öffnen in Ruhe zu üben. Wichtig ist auch der Hinweis, dass die vollständige Entleerung wichtig ist. Die Kapselhälften können dazu mit der Öffnung nach unten aneinander geklopft werden [7]. Der Kapselinhalt kann mithilfe einer Einmalspritze in Wasser suspendiert und dem Kind direkt in den Mund gegeben werden. Alternativ kann das Pulver auch in Nahrung (zum Beispiel Brei, Apfelmus) eingerührt werden. Wichtig ist dabei, die Menge so gering zu halten, dass das Kind auf jeden Fall die komplette Mischung zu sich nimmt, damit die gesamte Wirkstoffmenge aufgenommen wird. Bevor in der Apotheke die Empfehlung gegeben wird, das Pulver mit der Nahrung einzunehmen, sollten, zum Beispiel durch einen Blick in die Fachinformationen entsprechender Fertigarzneimittel, Interaktionen zwischen Wirkstoff und einzelnen Nahrungsbestandteilen ausgeschlossen werden. 

Literatur

 [1] Krüger I, Latsch H. ZL-Untersuchung: Entleerbarkeit von Kapselhüllen. Pharm Ztg 2017;16:20-21

 [2] DAC/NRF: Rezepturtipp der Woche 43/2023. Welcher Kapselfüllstoff für Kinder? dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/fuer-abonnenten/rezepturtipp/rezepturtipps-2023/welcher-kapselfuellstoff-fuer-kinder

 [3] NRF I.9.3.1. Füllung mit Pulver. Stand November 2023, letzte Aktualisierung Februar 2022

 [4] Besonderheitenliste. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Stand 21. November 2023, www.bfarm.de/DE/Arzneimittel/Arzneimittelinformationen/Besonderheitenliste/_node.html

 [5] DAC/NRF: Rezepturhinweis. Kapseln für die pädiatrische Anwendung. Stand 28. Mai 2020

 [6] Moll D. Titandioxid in Lebensmitteln ab August 2022 verboten. DAZ.Online, Meldung vom 19. Februar 2022, www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/01/19/titandioxid-in-lebensmitteln-ab-august-2022-verboten/

 [7] Ziegler A, Metzger, N, Fischer D. Formularium paediatricum. Kinderrezepturen für die Praxis. Deutscher Apotheker Verlag Stuttgart, 1. Auflage 2023

 [8] NRF I.3.3 Warnhinweise und Analgetika-Warnhinweisverordnung. Stand November 2023, letzte Aktualisierung 2023/1

 [9] ZRB-Rezepturenkatalog im ZRB-Modul des Dr. Lennartz Laborprogramms. www.laborprogramm.de/module/zrb-uebersicht

[10] Kapselherstellung in der Apotheke: Wirkstoffzuschlag. Informationen des Zentrallabor der Deutschen Apotheker (ZL), Stand 21. Juni 2019, www.zentrallabor.com/pdf/4-Kapselherstellung_Wirkstoffzuschlag.pdf

[11] DAC-Probe 12. Inprozessprüfungen. Stand November 2023, zuletzt aktualisiert 2021/1

[12] DAC/NRF. Hartkapseln. Ansatzberechnung und Inprozessprüfungen. Rechenhilfe „Pulvergefüllte Hartkapseln: Ansatzberechnung für gravimetrische Herstellung und Inprozessprüfungen“. Online unter dacnrf.pharmazeutische-zeitung.de/tools/rechenhilfen/hartkapseln-ansatzberechnung-und-inprozesspruefungen


Dr. Sabine Werner, Apothekerin und Redakteurin
readktion@daz.online


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1 Kommentar

Rezeptur-Kapselherstellung

von Roland Mückschel am 26.06.2024 um 10:36 Uhr

Wie sagte mein Autohaus schon vor Jahrzehnten auf meine Nachfrage nach Wagenwäsche?

Wir haben niemand da.

Vielleicht könnte man daraus lernen.

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