Sie lauern in Nähten und Säumen

Wie sich Kleiderläuse verbreiten und wie man sie bekämpfen kann

04.07.2024, 12:15 Uhr

Sie kommen bei uns zum Glück nur noch sehr selten vor - ausgerottet sind sie aber nicht: Kleiderläuse. Was hilft gegen die Krabbler? Foto: Nomad_Soul/AdobeStock

Sie kommen bei uns zum Glück nur noch sehr selten vor - ausgerottet sind sie aber nicht: Kleiderläuse. Was hilft gegen die Krabbler? Foto: Nomad_Soul/AdobeStock


„Kleiderläuse vermutlich doch Überträger der Pest?“ Diese Meldung schwirrte vor Kurzem in der Onlinewelt herum. Doch was sind eigentlich Kleiderläuse, was unterscheidet sie von ihren Verwandten, den Filz- und Kopfläusen, wo kommen sie (noch) vor und wie behandelt man einen Kleiderlaus­befall?

Bisher stand die Kleiderlaus (Pediculus humanus corporis) trotz ihrer weiten Verbreitung im Mittelalter eher nicht als Überträger von Yersinia pestis, dem Erreger des Schwarzen Todes, unter Verdacht [1]. Lange nahm man an, dass vor allem Ratten bzw. deren Flöhe die Pest von Asien über die Seidenstraße nach Europa eingeschleppt hatten. Studien mit Kleiderläusen lieferten in der Vergangenheit widersprüch­liche Ergebnisse dazu, wie viel Pesterreger die Kleiderlaus beim Blutsaugen tatsächlich überträgt oder ob sie nicht möglicherweise schon vorher selbst an der Pest stirbt. Eine neue Untersuchung könnte die Sichtweise auf die Kleiderlaus ändern: David Bland und sein Team aus Montana markierten in ihrer kürzlich durchgeführten Studie zunächst Pestbakterien mit einem Fluoreszenzfarbstoff und vermischten sie mit Humanblut [2]. Über eine hautähnliche Membran saugten Kleiderläuse dieses Blut und infizierten sich so. Anschließend teilten die Forscher die Läuse in zwei Gruppen auf: Eine Gruppe wechselte sofort den Wirt und nahm die nächste Blutmahlzeit von einem noch nicht infizierten Opfer – im Versuch ein Pestbakterien-freier Blutbehälter – ein. Die andere Gruppe bekam erst etwa 18 Stunden später die nächste Blutmahlzeit und verblieb in dieser Zeit in Kleidung, Bettzeug und anderen Verstecken verborgen.

Pestübertragung auf drei Wegen

In der Auswertung zeigte sich, dass zwar 33 bis 46 % der infizierten Kleiderläuse starben, 40 bis 60 % entwickelten jedoch eine chronische Infektion. Insgesamt übertrugen die Läuse mit der Fastenperiode sogar noch mehr Pesterreger als die Kleiderläuse, die direkt den Wirt gewechselt hatten. Die Forscher schlussfolgern daraus, dass Kleiderläuse wohl doch bessere Pestüberträger sind, als bisher angenommen. Gestützt wird diese These durch die Tatsache, dass Kleiderläuse insgesamt wenig Immungene aufweisen, um gramnegative Bakterien – wie Yersinia pestis – abzuwehren. Vermutlich übertrugen die Kleiderläuse die Pesterreger auch auf verschiedenen Wegen. So zeigte sich in den Fluoreszenz-Analysen von Bland et al., dass viele Kleiderläuse die Pestbakterien im Verdauungstrakt anreicherten und mit ihrem Kot ausschieden. Außerdem sahen die Wissenschaftler Anhäufungen der fluoreszenzmarkierten Yersinien in den Pawlowsky-Drüsen von einigen Kleiderläusen. Diese Drüsen sind über dünne Gänge mit der Saugrüssel-Kammer verbunden und dienen der Sekretion einer Art Gleitmittel für das Mundwerkzeug der Kleiderläuse. Die Forscher schlussfolgerten, dass die Pestbakterien sowohl über das Sekret der Pawlowsky-Drüsen als auch über den Speichel und den Kot der Kleiderläuse in ihren menschlichen Wirt gelangen [2]. 

Kleiderläuse – mit bloßem Auge sichtbar 

Doch was sind eigentlich Kleiderläuse und wie unterscheiden sie sich von anderen Läusen? Mit ihrer Länge von drei bis vier Millimeter ist die Kleiderlaus die größte Menschenlaus und mit bloßem Auge gut sichtbar (s. Tab.) [3]. Während sie im nüchternen Zustand weißlich-gelblich scheint, ist sie nach der Blutmahlzeit ‒ die sie mehrmals am Tag und ausschließlich vom Menschen zu sich nimmt – rostrot. Anders als Kopfläuse sind Kleiderläuse durchaus in der Lage, bei 23 Grad Celsius Umgebungstemperatur bis zu vier Tage ohne Blutmahlzeit zu überleben. Ihr Körper gliedert sich deutlich in Kopf, Brust und Hinterleib. Mit ihren drei mit Krallen versehenen Beinen pro Körperseite ist die Kleiderlaus in der Lage, sich schnell sowohl an Haaren als auch Nähten und Säumen von Kleidungsstücken festzuhalten, sowie sich vorwärts wie rückwärts oder seitwärts in den Zwischenräumen zwischen Kleidung und der Haut zur Nahrungsaufnahme zu bewegen. Hüpfen oder Springen hingegen gehören nicht zu ihren Fähigkeiten. Der Lebenszyklus einer Kleiderlaus beträgt etwa 30 bis 40 Tage. In dieser Zeit legt ein Weibchen täglich etwa fünf bis 14 tropfenförmige, weißliche, mit bloßem Auge sichtbare Eier (= Nissen), die mit einem Deckel versehen sind. Diese klebt sie mithilfe eines speziellen Klebesekrets perlschnurartig an den Kleiderfasern fest. Nach sieben Tagen schlüpft aus jeder Nisse eine etwa ein Millimeter lange Larve, die nach etwa sieben bis 14 weiteren Tagen geschlechtsreif ist. Bei Umgebungstemperaturen um die 20° C und weniger kommt es zum Entwicklungsstopp. Auch höheren Temperaturen gegenüber sind die Kleider­läuse nicht wohl gesinnt und wandern beispielsweise bei fieberhaften Infekten beim Wirt auf den nächsten Menschen ab [3-6]. 

Tab.: Verschiedene Lausarten und ihre Eigenschaften (nach [3-5])
EigenschaftKleiderlausFilzlausKopflaus
Epidemiologie
  • in Europa kaum anzutreffen, erhöhtes Risiko in Flüchtlingsheimen und Obdachlosenunterkünften
  • bei Menschen ohne regelmäßige Kleider- und Körperhygiene
  • in Europa recht häufig,
  • vor allem bei unhygienischen Verhältnissen
  • vor allem Erwachsene, Männer häufiger als Frauen
  • in Europa sehr häufig
  • alle Altersklassen, vor allem Kinder, Mädchen häufiger als Jungs
Länge, Gestalt3 bis 4,5 mm

1,5 bis 2 mm

breiter trapezförmiger Korpus

2,5 bis 4 mm
Bevorzugter Aufenthaltsortvor allem getragene Kleidung, aber auch behaarte Körperstellen (Kopfhaar)behaarte Scham- und Perianal­region, bei stärkerem Befall auch behaarte Beine, Bauch, Brust, Wimpern und Augenbrauen (Kinder)menschlicher Kopf, bei starkem Befall auch behaarte Stellen des Oberkörpers
Entwicklungszeit bis zur fortpflanzungsfähigen Laus14 bis 21 Tage10 bis 17 Tage17 bis 21 Tage
Übertragung

Körperkontakt, gemeinsam genutzte Bettwäsche oder benutzte Kleidung

CAVE: Second-hand-Kleidung

vor allem Geschlechtskontakt

Cave: Bei pädiatrischem Filzlausbefall an sexuellen Missbrauch denken

direkter Kopfkontakt
Überlebenszeit ohne Blutmahlzeitbis zu vier Tage bei 25° Cein bis maximal vier Tagein der Regel nicht mehr als zwei, maximal drei Tage

 

Falten und Nähte als Lieblingsort

Am liebsten hält sich die Kleiderlaus an der Innenseite von getragener Unterkleidung, in deren Nähten und Falten, aber auch an Kopfhaaren in der Nähe der Ohrmuscheln, Stirn und Wangen sowie in Betten auf. In Deutschland kommt der meldepflichtige Kleiderlausbefall (Pediculosis corporis) nur noch unter sehr schlechten hygienischen Verhältnissen wie in Obdachlosenunterkünften oder Flüchtlingsheimen vor. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich über gemeinsam genutzte Kleidung oder andere Textilien sowie über Körperkontakt. Die Kleiderlaus kann Infektionskrankheiten mit Rickettsien und Borrelien wie (Läuse-)Fleckfieber, Läuserückfallfieber und Wolhynisches Fieber übertragen. 

Typische Symptome eines Kleiderlausbefalls sind: 

  • starker Juckreiz, der durch das blutgerinnungshemmende Sekret der Kleiderlaus verursacht wird, besonders an Stellen, an denen die Kleidernähte nah am Körper liegen, z. B. in den Achseln, im Genitalbereich oder am Hosenbund 
  • Rötung 

Unliebsame Urlaubsmitbringsel 

Juckreiz und rote Flecken auf der Haut können auch eine andere Ursache als Läuse haben: Bettwanzen. Ihre Bisse ähneln häufig denen von Flöhen, Milben oder Mücken. Oft als Mitbringsel mit dem Gepäck aus dem Urlaub eingeschleppt, verstecken sich die ovalen, fünf Millimeter großen Bettwanzen tagsüber in dunklen Verstecken wie Matratzen, Ritzen oder Spalten. Alle drei bis fünf Tage krabbeln sie nachts auf schlafende Menschen und ernähren sich von ihrem Blut. Ihr Kot in Form von kleinen dunklen Flecken sowie Blutflecken auf der Bettwäsche weisen auf einen Befall hin. Zwar sind Bettwanzen keine Krankheitsüberträger, ihre oft eng beieinander liegenden Bisse jucken jedoch und können sich entzünden. Bei Bettwanzenbefall müssen ähnlich wie bei Kleiderlausbefall alle Textilien bei mindestens 60 Grad gewaschen oder alternativ mehrere Tage in Plastiktüten oder eingefroren gelagert werden. Bei starkem Befall müssen Matratzen oder Möbel entsorgt und ein Kammerjäger hinzugezogen werden [7].

Was ist zu tun bei Kleiderlausbefall? 

Gegen den Juckreiz helfen lokal oder oral eingenommene Antihistaminika (z. B. Cetirizin Abz Tabletten, Fenistil® Gel). Bei Hautirritationen kommen je nach Intensität und möglichen Sekundärinfektionen Antiseptika und/oder topische Glucocorticoide zum Einsatz (z. B. Octenisept® Lösung, Soventol® Hydrocortisonacetat Creme). Um der Kleiderlaus Herr zu werden, reicht bei leichtem Befall das tägliche Wechseln und Waschen der Kleidungsstücke, Bettwäsche, Handtücher etc. bei 60°C aus. Alternativ können die Kleidungsstücke mit Kontaktinsektiziden wie mosquito® Läuse- & Insekten-Umgebungsspray desinfiziert werden. Ebenso können befallene Textilien für mindestens vier Wochen in Plastik gelagert, über 24 Stunden eingefroren oder eine halbe bis eine ganze Stunde einer trockenen Hitze von 60 bis 65°C ausgesetzt werden. Besonders stark verlauste Textilien müssen verbrannt werden und betroffene Unterkünfte von einem professionellen Schädlingsbekämpfungsbetrieb gesäubert werden. 

Kleiderläuse gehen in der Regel nicht von Textilien auf den menschlichen Körper über. Sollte sich eine Kleiderlaus bei sehr starkem Befall doch in die Haare verirren, können neurotoxische (z. B. Permethrin wie in Infectopedicul® Lösung), physikalische (z. B. Dimeticon wie in Nyda® Läusespray) oder pflanzliche (z. B. Neem-Extrakt wie in Licener®) Pedikulozide zur Bekämpfung angewandt werden. Die beiden letzteren legen sich wie ein Film über die Läuse und Nissen und blockieren deren Atemsystem, wodurch die Läuse und Nissen ersticken. In Deutschland erhältliche Pedikulozide werden für die Behandlung von Kopfläusen zugelassen – getestet werden sie üblicherweise aber an Kleiderläusen, da sich diese im Labor besser halten lassen als Kopfläuse. Daraus ergibt sich, dass im Handel befindliche Pedikulozide, wenn auch für Kopfläuse ausgelobt, so doch auch gegen Kleiderläuse wirksam sind. Um die Kleiderlaus erfolgreich zu bekämpfen, muss die Entwicklungszeit bei der Behandlung berücksichtigt und nach etwa sieben Tagen erneut therapiert werden. Bei Therapieversagen kann ein Versuch mit oralem Ivermectin im Off-Label-Use erfolgen [5].

Literatur 
[1] Podbregar, Nadja. Pest: Waren Läuse statt Flöhe schuld? Kleiderläuse entpuppen sich als überraschend effektive Pest-Überträger,  
www.scinexx.de/news/medizin/pest-waren-laeuse-statt-floehe-schuld/ Stand: 22. Mai 2024 
[2] Bland D et al.Yersinia pestis can infect the Pawlowsky glands of human body lice and be transmitted by louse bite. PLOS biology 2024, https://doi.org/10.1371/journal.pbio.3002625 ;
[3] Kleiderlaus ‒ Information des Landesgesundheitsamts Baden-Württemberg, Stand: November 2010 
[4] Kopflausbefall. Informationen des Robert Koch Instituts (RKI),  
www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Kopflausbefall.html, Stand: September 2022 
[5] Kretschmer, Christian. Läuse. Informationen der gelben Liste,  
www.gelbe-liste.de/krankheiten/laeuse, Stand: Januar 2020 
[6] Kleiderläuse, Informationen der Almirall Hermal GmbH,  
https://laeuse.de/kleiderlaeuse, Abruf am 7. Juni 2024 
[7] Bettwanzen. Informationen des Bundesministeriums für Gesundheit, https://gesund.bund.de/bettwanzen#behandlung ;


Marina Buchheit-Gusmão, Apothekerin
redaktion@daz.online


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