Tarifabschlüsse für alle Kammerbezirke außer Sachsen und Nordrhein

Mehr Geld und mehr Urlaub für Apothekenangestellte

Berlin - 15.07.2024, 15:30 Uhr

Apothekenangestellte (die nicht in Nordrhein oder Sachsen beschäftigt sind) bekommen ab dem laufenden Monat Juli mehr Gehalt. (Foto: Schelbert)

Apothekenangestellte (die nicht in Nordrhein oder Sachsen beschäftigt sind) bekommen ab dem laufenden Monat Juli mehr Gehalt. (Foto: Schelbert)


Im vergangenen Oktober starteten die Tarifverhandlungen zwischen der Apothekengewerkschaft Adexa und dem Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken. Jetzt haben die Tarifpartner das Ergebnis verkündet: Es gibt ab 1. Juli 2024 einen zusätzlichen Sockelbetrag von 100 bis 150 Euro für alle Berufsgruppen und 3 Prozent mehr Gehalt ab Anfang 2026. Auch beim Urlaub und bei der Arbeitszeit gibt es Änderungen.

Pünktlich zum Deutschen Apothekertag im vergangenen Herbst hatte Adexa angekündigt, mit einer Forderung nach 10,5 Prozent mehr Gehalt in die Verhandlungen für einen neuen Gehaltstarifvertrag zu gehen. Den bis dato laufenden Vertrag hatte die Apothekengewerkschaft zum 31. Dezember 2023 gekündigt. Mitte Oktober trafen sich die Verhandler*innen von Adexa und des Arbeitgeberverbands Deutscher Apotheken (ADA) das erste Mal, um über die neuen Tarife für alle Kammerbezirke, mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen, zu verhandeln. 

Diese Verhandlungen, so räumen es auch die Tarifpartner ein, gestalteten sich langwierig und zäh. Einen Kompromiss zu finden, war verständlicherweise für beide Seiten eine Herausforderung. Die Lohnforderungen der Angestellten waren angesichts von Inflation und allseits steigender Kosten ebenso nachvollziehbar wie die unter anderem aus denselben Gründen begrenzten Möglichkeiten der Inhaber*innen. Über all dem schwebten auch noch die Pläne für die Apothekenreform, die wenig Aussicht auf eine Verbesserung der seit langer Zeit stagnierenden Apothekenhonorare boten. 

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Doch jetzt, ein dreiviertel Jahr nach dem Start der Verhandlungen, haben sich Adexa und ADA verständigt. Wie sie diesen Montag in einer gemeinsamen Pressemitteilung erklären, hat man sich auf einen neuen Gehaltstarifvertrag zum 1. Juli 2024 geeinigt. Dieser sieht eine Erhöhung der monatlichen Gehälter für alle Berufsgruppen um 100 bis 150 Euro vor. Das heißt konkret: Zum 1. Juli 2024 erhalten Mitarbeitende aller Berufsgruppen in der jeweils ersten Berufsjahresgruppe 150 Euro mehr als Sockelbetrag. Bei allen anderen Berufsjahresgruppen sind es 100 Euro mehr als Sockelbetrag.

Die Ausbildungsvergütung von Pharmazeutinnen und Pharmazeuten im Praktikum steigt von derzeit 1.040 Euro auf 1.100 Euro pro Monat. PTA-Praktikantinnen und -Praktikanten erhalten statt 793 Euro künftig 850 Euro pro Monat. Bei PKA-Auszubildenden erhöht sich die Vergütung von 793 Euro auf 850 Euro (1. Ausbildungsjahr), von 850 Euro auf 900 Euro (2. Ausbildungsjahr) bzw. von 906 Euro auf 950 Euro (3. Ausbildungsjahr).

Für das erste Halbjahr 2024 gilt noch der vorherige Tarifvertrag weiter – auch wenn dieser gekündigt worden war. 

Darüber hinaus haben Adexa und ADA laut ihrer Mitteilung zum 1. Januar 2026 eine Gehaltserhöhung von 3,0 Prozent für Angestellte aller Berufsgruppen vereinbart.

39 Stunden Wochenarbeitszeit, 35 Tage Urlaub

Last not least haben die Tarifpartner zum 1. August 2024 einen neuen Bundesrahmentarifvertrag vereinbart. Danach sinkt die Wochenarbeitszeit von derzeit 40 auf 39 Stunden. Der Urlaubsanspruch steigt von 34 Tagen auf nunmehr 35 Tage pro Jahr. Mitarbeitende mit mehr als vierjähriger Betriebszugehörigkeit erhalten einen zusätzlichen Tag; bislang war das nach 5-jähriger ununterbrochener Betriebszugehörigkeit der Fall. Der erhöhte Urlaubsanspruch gilt bereits für 2024.

„Unsere Verhandlungen waren geprägt von möglichen Umwälzungen im Apothekenbereich durch das geplante, aber bislang nicht verabschiedete Reformgesetz“, erläutert Tanja Kratt, Adexa-Bundesvorstand und Leiterin der Adexa-Tarifkommission. „Trotz dieser Unsicherheiten war es uns wichtig, die angestiegenen Lebenshaltungskosten weitgehend abzufangen.“

Der ADA-Vorsitzende Thomas Rochell ergänzt: „Arbeitsplätze in öffentlichen Apotheken müssen in Zeiten des sich zuspitzenden Fachkräftemangels attraktiver werden. Auch wenn die Politik dazu keinen Beitrag in Form einer Honorarerhöhung für die öffentliche Apotheke leisten will, sind wir zum Schutz der Bevölkerung in der Pflicht, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung sicherzustellen. Hierfür benötigen wir motivierte Mitarbeitende. Dafür leisten die Tarifabschlüsse einen wichtigen Beitrag.“


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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6 Kommentare

Tariferhöhung

von Michaela Oldehoff am 15.07.2024 um 22:25 Uhr

So traurig und demotivierend,
keine Prämie , keinen Corona Bonus!
Man muss abwandern um zu überleben!!!

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Stimmungsaufheller?

von Ulrich Ströh am 15.07.2024 um 21:17 Uhr

Dieser Tarifabschluss wird die Stimmung unter den Mitarbeitenden in den Offizinapotheken nicht verbessern…

Zumal er -nicht rückwirkend - zum,1.Januar 2024 in Kraft tritt.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Enttäuschung pur

von Zahn am 15.07.2024 um 20:51 Uhr

Das ist ein Witz!!!! Sogar die Bürgergeld Empfänger haben 12% bekommen!!! Was soll ich mit 100€ Brutto anfangen..... Einfach nur beschämend. Wir haben 6 Monate in dem alten Tarif gearbeitet!!!! Was ist jetzt ? Gibs da auch Nachzahlung??? Nein, natürlich nicht!!! Wird alles unter den Tisch gekehrt. Lebensunterhalt steigt und leider nicht um 3%!!! Keine Zukunft mehr, am besten nach was anderem umschauen.
Enttäuschung PUR!!!

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Was ist denn das für ein Signal bitteschön?

von Armin Spychalski am 15.07.2024 um 18:26 Uhr

Lauterbach und Lindner lachen sich gerade ins Fäustchen. Wir müssen den Apotheken nicht mal mehr Honorar geben und dennoch schütten sie an ihre Angestellten mehr Lohn aus. BWL-Quizfrage: Wer zahlt's? Politische Quizfrage: Wie lässt sich von Seiten der selbständigen Apothekerschaft derart Druck aufbauen (wenn man nicht mal die Reform abwartet)? Jetzt müssen wir hoffen(!), dass der Gesetzgeber nachzieht, eine denkbar schlechte Position.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Leider sehr beschämend und enttäuschend ?

von Dr.Mertes am 15.07.2024 um 17:46 Uhr


100 bis 150€ brutto? Ernsthaft? ???!!!
Das ist eine Beleidigung für alle Angestellten in allen Berufsgruppen! Warum schaffen es die großen Gewerkschaften, zwischen 8 und 11% zu erreichen? 100€ bedeuten gerade mal drei Prozent für PKAs ab der zweiten Berufsjahresgruppe. Und für PTAs und Approbierte? Das ist ein Witz!

Plus 3% ab 2026? Vielen Dank auch! Mit welcher Inflationsrate müssen wir bis dahin rechnen? 10%, vielleicht sogar mehr. Das ist doch lächerlich!

39 Stunden pro Woche und einen Tag mehr Urlaub? Nett gemeint, aber wer soll unsere Arbeit erledigen? Ich kenne keine Apotheke, die seit Februar 2020 nicht am Limit arbeitet. Das ist einfach unrealistisch!

Ich verstehe jeden Arbeitgeber, der hier wütend ist. Das kostet richtig viel Geld. Aber die Kündigungsschreiben könnt ihr euch sparen.

Wir sind hervorragend ausgebildet und haben in der Vergangenheit bewiesen, dass wir außergewöhnliche Leistungen erbringen können. Aber dieser Tarifabschluss wird viele Mitarbeiter in andere Branchen treiben. Das ist einfach inakzeptabel!

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Leider sehr beschämend und enttä

von Peter am 15.07.2024 um 18:01 Uhr

Für die KollegInnen die nur für Tarif arbeiten tut mir das auch leid. Aber kommt einfach zu uns in die Stadt, da gibts es zwischen 20 und 45% üT, je nach persönlicher Leistung

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