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Kombination mit Glucocorticoiden ungünstig
PPI bei Rheumapatienten hinterfragen
Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis haben ein ungefähr doppelt so hohes Risiko für Knochenbrüche durch Osteoporose wie Personen ohne Rheuma. In einer aktuellen Studie der Charité Berlin wurde nun untersucht, ob die Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren (PPI) bei Rheumapatienten einen Einfluss auf das Frakturrisiko hat.
Bislang gab es nur wenige Analysen dazu, inwiefern sich die Medikation und die Krankheitskontrolle auf das Frakturrisiko von Patienten mit rheumatoider Arthritis auswirken. In der aktuellen Leitlinie zur Prophylaxe der Osteoporose werden sowohl Krankheiten wie rheumatoide Arthritis als auch Arzneimittel wie PPI als Risikofaktoren für Frakturen genannt.
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Obwohl PPI in erster Linie zur Behandlung von gastroduodenalen Ulcera und Refluxösophagitis zugelassen sind, werden sie häufig auch als „Magenschutz“ eingenommen. In den Fachinformationen der PPI wird darauf hingewiesen, dass die Einnahme über einen längeren Zeitraum (mehr als ein Jahr) möglicherweise das Risiko für Hüft-, Handgelenks- und Wirbelkörperfrakturen um 10 bis 40 % erhöhen kann. Gleichzeitig wird eingeschränkt, dass dies auch durch andere Risikofaktoren bedingt sein kann.
Risiko in prospektiver Studie untersucht
In einer prospektiven Querschnittsstudie an der Charité Berlin wurde nun untersucht, inwiefern Rheumapatienten bei PPI-Einnahme ein erhöhtes Frakturrisiko haben. Hierfür wurde die Knochendichte am linken Oberschenkelhals und an der Lendenwirbelsäule mittels Dual-Energie-Röntgenabsorptionsmessung festgestellt. Weiterhin wurde die Knochenmikroarchitektur bestimmt, indem der trabekuläre Knochen-Score analysiert wurde. Dieser soll eine bessere Aussage über die Knochenstabilität ermöglichen als die Knochendichtemessung alleine.
Insgesamt wurden im Studienzeitraum (2015 bis 2022) 1.495 Patienten mit einer rheumatischen Erkrankung in die Studie eingeschlossen. Die Patienten waren überwiegend weiblich (75 %) und hatten ein Durchschnittsalter von 62,6 ± 13,1 Jahren. 735 Probanden (49 %) gaben an, dass sie regelmäßig einen Protonenpumpenhemmer einnehmen. Die meisten dieser Probanden nahmen täglich mehr als 20 mg Pantoprazol-Äquivalente ein. Die häufigste rheumatische Erkrankung war die rheumatoide Arthritis, die 560 Patienten betraf. Mit abnehmenden Häufigkeiten lagen bei den restlichen Patienten rheumatische Bindegewebserkrankungen, Vaskulitiden, Spondyloarthritis oder andere rheumatische Erkrankungen vor. Als potenzielle Störfaktoren wurden neben Alter und Geschlecht zahlreiche Faktoren berücksichtigt, welche das Osteoporoserisiko ebenfalls beeinflussen. Hierunter die Einnahme von Glucocorticoiden, der Raucherstatus, der Alkoholkonsum, die körperliche Aktivität, der Body-Mass-Index und das Ausmaß sowie die Behandlung der rheumatischen Erkrankung.
Patienten unter PPI hatten öfter Osteoporose
Im Ergebnis zeigte sich, dass bei 20,7 % der Patienten mit PPI-Einnahme eine Osteoporose anhand der Knochendichte diagnostiziert wurde. Patienten ohne PPI-Einnahme waren zu 14,5 % von Osteoporose betroffen. Unter PPI-Gebrauch hatten die Patienten zudem in der Vergangenheit bereits häufiger Frakturen erlitten.
In der adjustierten Analyse, bei der potenzielle Störfaktoren berücksichtigt wurden, hatten Patienten mit PPI-Einnahme weiterhin eine niedrigere Knochendichte am Oberschenkelhals und an der Lendenwirbelsäule. Der Unterschied zu den Probanden ohne PPI-Einnahme war jedoch nicht signifikant.
PPI plus Glucocorticoide verringern die Knochendichte
In einer Subgruppenanalyse wurde allerdings festgestellt, dass die 348 Patienten, welche sowohl PPI als auch mehr als 7,5 mg Glucocorticoide einnahmen, eine statistisch signifikant schlechtere Knochendichte aufwiesen als die anderen Probanden. Der T-Score als Maß für die Knochendichte war am linken Oberschenkelhals um 0,43 Punkte niedriger (p = 0,02) und an der Lendenwirbelsäule um 0,44 Punkte niedriger (p = 0,044). Die Knochenmikroarchitektur litt jedoch nicht unter der Einnahme von PPI.
Bei rheumatoider Arthritis werden verschiedene Basistherapeutika (Disease modifying antirheumatic drugs, DMARDs) eingesetzt, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen oder aufzuhalten. Bei der Wirkstoffauswahl müssen jedoch Interaktionen, Alter und Nierenfunktion berücksichtigt werden. Was es zu beachten gilt, erfahren Sie im Artikel „Bunte Vielfalt der DMARDs“ von Prof. Dr. Christoph Fiehn auf S. 52 in der DAZ.
Das erhöhte Frakturrisiko, welches unter PPI-Einnahme bereits bekannt ist, ist folglich auf eine Reduktion der Knochenmineraldichte und nicht auf eine Veränderung der Knochenmikroarchitektur zurückzuführen. In der Studie wurde bei den Rheumapatienten unter PPI-Einnahme eine Veränderung des T-Scores um -0,25 Punkte im Lendenwirbelbereich festgestellt. Dies entspricht ungefähr einer Erhöhung des Risikos für Wirbelkörperfrakturen um 25 %. Statistisch signifikant war die Reduktion der Knochendichte jedoch nur bei Rheumapatienten, welche zusätzlich zu den PPI auch mehr als 7,5 mg Glucocorticoide täglich einnahmen. Dies könnte dadurch erklärt werden, dass Glucocorticoide die intestinale Calcium-Resorption vermindern und die renale Calcium-Ausscheidung erhöhen.
Protonenpumpeninhibitoren nur kurzfristig einnehmen
Bei Rheumapatienten sollte die langfristige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren stets hinterfragt werden. So ist die alleinige Einnahme von Glucocorticoiden noch keine Indikation für die Verordnung eines PPIs. Nur wenn Rheumapatienten Glucocorticoide und nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) längerfristig einnehmen, sollte laut der S2k-Leitlinie Arzneimitteltherapie bei Multimorbidität (Gültigkeit bis Februar 2024) ein PPI verordnet werden. Durch Biologika und weitere neue Antirheumatika kann jedoch bei Rheumapatienten oftmals die langfristige Einnahme von NSAR und Glucocorticoiden vermieden werden.
Einschränkend ist hinzuzufügen, dass mit der Knochenmineraldichte ein Surrogatparameter für Frakturen bestimmt wurde. Das Frakturrisiko ist jedoch oftmals von weiteren Faktoren wie eingeschränkter Mobilität und erhöhtem Sturzrisiko abhängig. Zudem ist nach wie vor der Pathomechanismus, welcher zur Reduktion der Knochendichte unter PPI-Einnahme führt, nicht abschließend geklärt.
In Medikationsanalysen von Rheumapatienten sollte dennoch stets ein Augenmerk auf das Osteoporoserisiko gelegt werden. Hierbei ist insbesondere die langfristige Einnahme von PPI kritisch zu hinterfragen. Lässt sich diese nicht vermeiden, sollte auf eine gute Versorgung mit Calcium und Vitamin D geachtet werden.
Literatur
Fachinformationen der Hersteller von Protonenpumpeninhibitoren
Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose bei postmenopausalen Frauen und bei Männern ab dem 50. Lebensjahr. S3-Leitlinie des Dachverbandes der Deutschsprachigen Wissenschaftlichen Osteologischen Gesellschaften e. V. Prophylaxe, AWMF-Registernummer 183 – 001, Stand: September 2023
Palmowski A et al. Proton Pump Inhibitor Use and Bone Health in Patients with Rheumatic Diseases: a Cross-sectional Study. Mayo Clin Proc. 2024, Apr 6: S0025-6196(23)00609-2.
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