Lauterbach bringt vier Gesetzesvorhaben durchs Kabinett

Kabinett mit vollem Programm – aber ohne Apothekenreform

Berlin - 17.07.2024, 17:10 Uhr

Gesundheitsminister Lauterbach stellt die neuen Kabinettsbeschlüsse vor. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)

Gesundheitsminister Lauterbach stellt die neuen Kabinettsbeschlüsse vor. (Foto: IMAGO / Chris Emil Janßen)


Vier Gesetzesentwürfe aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) hat das Bundeskabinett am heutigen Mittwoch beschlossen – unter anderem geht es dabei um die Erweiterung der Gematik zur Digitalagentur und die Notfallreform. Die Apothekenreform hat es hingegen nicht in die Beschlussfassung geschafft.

Der aktuelle Entwurf zum Apothekenreformgesetz konnte heute nicht, so wie ursprünglich angekündigt, vom Kabinett beschlossen werden. Wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) auf einer Pressekonferenz nach der Kabinettsitzung erklärte, steht noch eine Rechtsförmlichkeitsprüfung durch das Bundesjustizministerium aus – und Justizminister Marco Buschmann (FDP) sei gerade im Urlaub. Lauterbach nannte den 21. August als nächsten Termin für einen Kabinettsbeschluss.

Der Minister geht davon aus, dass die Reform zügig ihren Weg durchs Parlament gehen wird, so dass sie zum Jahresbeginn 2025 ihre Wirkung entfalten kann. Zumindest an den Kernpunkten zur Apothekenhonorierung und der Möglichkeit zum „Betreiben“ einer Apotheke ohne anwesendes approbiertes Personal will Lauterbach trotz aller Widerstände festhalten – keinesfalls plane man Apotheken von PTA „leiten“ zu lassen, hob er hervor.

Notfallzentren und Apotheken

Dennoch sah Lauterbachs Kabinettsbilanz nicht schlecht aus: Vier Vorhaben konnte er durchbringen. Darunter die Notfallreform. Der Gesetzentwurf sieht unter anderem die Schaffung von Notfallversorgungszentren vor. Dadurch sollen bundesweit einheitliche Notfallversorgungsstandards etabliert werden, so Lauterbach. Auch die Apotheken spielen eine Rolle: Um die Notfallzentren mit den benötigten Arzneimitteln zu beliefern, sollen die zuständigen Kassenärztlichen Vereinigungen mit den beteiligten Krankenhäusern und Apotheken Versorgungsverträge schließen. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass eine notdienstpraxisversorgende Apotheke in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis liegen soll. Gegenüber dem Referentenentwurf gibt es mit Blick auf diesen neuen Versorgungsvertrag jedoch im einzelnen Änderungen und Präzisierungen. Die Notarztpraxen sollen weiterhin ein begrenztes Dispensierrecht haben – doch auch hier wurde nachjustiert.*

Gematik wird zur Digitalagentur

Mit dem ebenfalls vom Kabinett abgesegneten Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) soll die Gematik zur „Digitalagentur“ ausgebaut werden. Diese erhält zusätzliche Kompetenzen bei der Ausschreibung, Entwicklung und Spezifikation der Digitalprodukte, erläutert das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in einer Pressemitteilung. Zudem soll sie konkrete Maßnahmen zur Störungsbeseitigung gegenüber den beteiligten Dienstleistern durchsetzen können. Bußgeldtatbestände würden erweitert. Die Digitalagentur könne auch selbst tätig werden, um Störungen zu beseitigen, die dabei entstehenden Kosten müssten dann von den Anbietern der fehlerhaften Komponenten getragen werden.

Das BMG will sich bei der Ausgestaltung der Telematikinfrastruktur (TI) zukünftig an einem „differenzierten Marktmodell“ orientieren: Dabei sollen bestimmte Komponenten, die vielfach von unterschiedlichen Unternehmen angeboten werden, weiterhin von der Digitalagentur spezifiziert werden. Wesentliche Komponenten sollen dagegen zentral ausgeschrieben werden – das soll die Zahl der Anbieter reduzieren. Komponenten und Dienste der TI, die „zentral und nur einmalig“ vorhanden sind, soll die Digitalagentur selbst entwickeln und betreiben können.

Bisher sei die Vergabepraxis gegenüber Anbietern von TI-Komponenten einem „Open-House-Verfahren“ ähnlich, erläuterte Lauterbach. Jeder Anbieter, der die Spezifikationen erfüllt, kann sich auf dem Markt tummeln. Mit solchen Verfahren habe man an anderen Stellen keine guten Erfahrungen gemacht, so der Minister – ein Seitenhieb auf den Skandal, um die Maskenbeschaffung seines Amtsvorgängers Jens Spahn (CDU), mit dem er sich aktuell herumschlagen muss. Mit den geplanten neuen Regelungen soll das Anbieterfeld übersichtlicher werden. Man schaffe mehr Möglichkeiten zur Auswahl, aber auch zur Sanktion im Falle von Funktionsstörungen bis hin zum Ausschluss von Vertragspartnern und deren Komponenten.

An die neue Digitalagentur soll überdies ein „Kompetenzzentrum für Interoperabilität im Gesundheitswesen“ (KIG) angegliedert werden. Damit will man die unterschiedlichen digitalen Systeme der Gesundheitsdienstleiter besser aufeinander abstimmen. Hierfür plant man ein standardisiertes „Konformitätsbewertungsverfahren“, sowie standardisierte Kriterien der Benutzerfreundlichkeit.

Lauterbach betonte, durch das GDAG soll das digitale Gesundheitssystem „schneller und sicherer“ werden. Sein Ministerium bringe das „größte Digitalisierungsprojekt in Europa“ auf den Weg.

Prävention und Nierentransplantation

Weiterhin hat das Kabinett den Entwurf für das „Gesetz zur Stärkung der Öffentlichen Gesundheit“ beschlossen. Es sieht die Schaffung eines Bundesinstituts für Prävention und Aufklärung in der Medizin (BIPAM) vor, das die Aufgaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung und teilweise Aufgaben des Robert-Koch-Instituts übernehmen soll.

Ebenfalls beschlossen wurde eine Novellierung der Regelungen zur Lebendorganspende. Damit sollen sogenannte „Überkreuzspenden“ von Nieren zwischen unterschiedlichen Paaren von Spendern und Empfängern ermöglicht werden.

 

*Anmerkung der Redaktion:In der ersten Fassung des Artikels hieß es, es gebe mit Blick auf den neu vorgesehenen Versorgungsvertrag und das Dispensierrecht keine Änderung zum Referentenentwurf. Das ist nicht der Fall. Die Änderungen erläutern wir in einem gesonderten Artikel. 


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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