Baden-Württemberg

Ärztevertretung stimmt gegen Homöopathie-Weiterbildung

Berlin - 22.07.2024, 15:15 Uhr

Etwa fünf Prozent der Ärzt*innen in BaWü haben eine Zusatzqualifikation für homöopathische Therapieformen. (Foto: IMAGO / Wolfilser)

Etwa fünf Prozent der Ärzt*innen in BaWü haben eine Zusatzqualifikation für homöopathische Therapieformen. (Foto: IMAGO / Wolfilser)


Trotz erheblicher Widerstände in den eigenen Reihen hat sich die Ärzteschaft in Baden-Württemberg am Samstag mehrheitlich dafür ausgesprochen, Homöopathie-Zusatzqualifikationen aus der Weiterbildungsordnung für Ärzt*innen zu streichen. Ob Sozialminister Manfred Lucha die Entscheidung diesmal genehmigt, bleibt abzuwarten – 2022 hatte er einen gleichlautenden Beschluss blockiert. 

Am vergangenen Samstag beschloss die Vertreterversammlung der Landesärztekammer Baden-Württemberg die Streichung von Homöopathie-Weiterbildungen aus der Weiterbildungsordnung für Ärzt*innen. Mit 52 zu 31 Stimmen und 9 Enthaltungen stimmten die Delegierten für den Beschluss. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) begrüßte die Entscheidung, wie die Deutsche Presseagentur (dpa) berichtete. Laut der „Ärztezeitung“ liegt der Anteil der Ärzt*innen in Baden-Württemberg mit einer homöopathischen Zusatzqualifikation bei unter fünf Prozent.

Die Debatte zum Thema lief seit Juli 2022, damals hatte die Vertreterversammlung schon einmal die Streichung der Homöopathie-Weiterbildungen beschlossen – allerdings blockierte Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) den Beschluss damals. Neben Baden-Württemberg sind Homöopathie-Weiterbildungen für Ärzt*innen nur noch in Rheinland-Pfalz und Sachsen zugelassen. Als erstes Bundesland hatte Bremen im Jahr 2020 die Homöopathie aus der Weiterbildungsordnung entfernt. Auch die Bundesärztekammer hatte im Mai 2022 für eine Streichung der Weiterbildungen votiert.

Bedürfnisse von Patient*innen ignoriert

Die Vorsitzende des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) Michaela Geiger kritisierte die Entscheidung in einer Pressemitteilung vom Samstag: „Die Ärztekammer Baden-Württemberg nimmt hier eine von der Bevölkerung geforderte und in der Versorgung bewährte Heilmethode aus der Weiterbildung.“ Man werde nun „alle demokratischen“ Wege innerhalb der Ärzteschaft suchen, um den Beschluss rückgängig zu machen.

Der DZVhÄ verweist auf die Ergebnisse eines Bürgerbeteiligungsverfahrens der Landesärztekammer. Hier konnten Bürger*innen Eingaben zu dem strittigen Thema machen: 90 Prozent der Eingaben hätten sich für den Erhalt der Homöopathie-Weiterbildung ausgesprochen. Nun sei zu befürchten, dass die homöopathische Versorgung gänzlich verschwinden könnte.

Wie der Verband betont, seien trotz der Entscheidung – die ja noch genehmigt werden muss – homöopathische Leistungen weiterhin über die gesetzliche Krankenversicherung abrechenbar, sofern die behandelnden Ärzt*innen über ein Homöopathie-Diplom des DZVhÄ verfügen.

Außerdem stehe es Ärzt*innen weiterhin offen, Homöopathie-Weiterbildungen zu absolvieren, stellte die Landesärztekammer klar. Auch Hinweisschilder über homöopathische Zusatzqualifikationen und entsprechende Werbung im Internet könnten Ärzt*innen weiterhin nutzen.

Pharma Deutschland zeigt sich in einer Pressemittelung „besorgt“ über die Entscheidung vom Samstag. Diese gefährde die Zukunft der „integrativen Medizin“ und ignoriere die Bedürfnisse vieler Patient*innen. Sie hätten den Wunsch im Krankheitsfall zwischen verschiedenen Therapieangeboten wählen zu können: „Dazu gehört für viele Menschen auch die Komplementärmedizin. Wir setzen uns für einen barrierefreien Zugang zu einer qualitätsgesicherten integrativen Medizin für alle ein.“ Nach eigener Angabe vertritt Pharma Deutschland über 30 Hersteller von homöopathischen und anthroposophischen Arzneimitteln.

Der Vorsitzende des Landesverbandes von Pharma Deutschland Traugott Ullrich wies darauf hin, dass durch die Entscheidung viele Arbeitsplätze im Land bedroht seien: „Baden-Württemberg ist einer der stärksten Gesundheitsstandorte in Deutschland und überwiegend mittelständisch geprägt. Homöopathische und anthroposophische Arzneimittel werden überwiegend von hier ansässigen Unternehmen hergestellt und liefern damit einen wesentlichen Beitrag für die Wertschöpfung in ihren Regionen.“


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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