Löhne für Approbierte

Was verdienen andere? Der neue Gehaltstarif im Vergleich

22.07.2024, 07:00 Uhr


Seit vergangener Woche steht der Gehaltstarif für das Tarifgebiet des ADA. 100 bzw. 150 Euro gibt es für alle Berufsgruppen sofort mehr, im Januar 2026 folgen dann weitere drei Prozent. Von den Gehaltsteigerungen in anderen Bereichen ist man damit weit entfernt. Und auch absolut sind die Löhne in den öffentlichen Apotheken nach wie vor nicht konkurrenzfähig.

Der Fachkräftemangel in den Apotheken ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass in anderen Bereichen deutlich bessere Gehälter gezahlt werden. Daran ändern auch die jüngsten Erhöhungen nichts, auf die sich die Apothekengewerkschaft Adexa und der Arbeitgeberverband Deutscher Apotheken (ADA) geeinigt haben und die für alle Kammerbezirke außer Sachsen und Nordrhein gelten. Demnach steigen ab 1. Juli die Gehälter für Mitarbeitende aller Berufsgruppen in der jeweils ersten Berufsjahresgruppe um 150 Euro, in allen anderen Berufsjahresgruppen um 100 Euro. Je nach Berufsjahr ist das ein Plus zwischen 3,85 und 2,1 Prozent. Zum 1. Januar 2026 kommen dann nochmals 3 Prozent dazu. Daraus ergeben sich folgende Tarifgehälter für Approbierte:

Berufsjahr

Tarifgehalt bisher

Seit 1. Juli 2024

ab. 1. Januar 2026

1.

3.895

4.045

4.166

2.-5.

4.013

4.113

4.236

6.-10.

4.296

4.396

4.528

ab 11.

4.679

4.779

4.922

Selbst dieser Kompromiss war hart erkämpft. Schließlich sind Lohnforderungen der Angestellten ebenso nachvollziehbar wie die begrenzten Möglichkeiten der Inhaber*innen. Letzte würden gerne in vielen Fällen mehr bezahlen. Mit Blick auf andere Branchen scheint das Gehaltsplus mager. Gefühlt gab es überall üppigere Aufschläge. So erhielten beispielsweise die Lokführer eine Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro, außerdem wird bis 2029 die wöchentliche Regelarbeitszeit von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich gesenkt. Dank zahlreicher Streiks standen diese Verhandlungen im Fokus der Öffentlichkeit. Im Handel gab es über die gesamte Laufzeit einer  neuen Vereinbarung laut der Gewerkschaft ver.di inklusive der verbesserten tariflichen Altersvorsorge sogar einen Zuwachs von rund 14 Prozent.

Der Tarifvertrag für Ärzt*innen an den kommunalen Krankenhäusern (TV-Ärzte/VKA) sieht in der aktuellen Gehaltsrunde Erhöhungen in 2 Stufen vor. Gegenüber der letzten Tarifrunde haben sich die Grundentgelte um 4,7 Prozent erhöht. In der zweiten Stufe werden die Gehälter noch einmal bis Ende Juli 2024 um rund 4 Prozent erhöht. Assistenzärzt*innen starten seit dem 1. Juli mit 5.288,32 Euro. Mit Facharzt gibt es im ersten Jahr 6.979,74 Euro, ab dem sechsten Jahr 8.963,74 Euro.

Anfänger im Krankenhaus verdienen mehr als Erfahrene in der Offizin

Und auch mit den Apothekergehälter in den Krankenhäusern können die Gehälter in den öffentlichen Apotheken nicht mithalten. So bekommen Apotheker*innen in der öffentlichen Apotheke ab dem 11. Berufsjahr 4.779 Euro monatlich, ab 1. Januar sind es dann 4.922 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden. Die Reduzierung der Wochenarbeitszeit von 40 auf 39 Stunden gilt ab dem ersten August 2024. Damit liegt das Tarifgehalt eines Approbierten in der öffentlichen Apotheke in der höchsten Gehaltsstufe unter dem eines Berufseinsteigers in einer Krankenhausapotheke. Bei öffentlichen Trägern werden Krankenhausapotheker in die Entgeltgruppen 14 oder 15 eingestuft, wobei 15 eine Leitungsfunktion erfordert. In Gruppe 14 beläuft sich das Tarifgehalt in Stufe 1 seit März 2024 auf 5003,84 Euro (TV-öD und TV-L Baden-Württemberg). Hier gab es ein Plus von fast 500 Euro bei der letzten Erhöhung. Die Wochenarbeitszeit laut TV-ÖD sind 38,5 Stunden. In der höchsten Stufe, der Stufe sechs, sind es 7.132,13 Euro. Diese Stufe erreicht man etwa nach 15 Jahren, aber je nach Leistung kann es auch schneller oder langsamer gehen. 

Angesichts des zunehmenden Einsatzes von Stationsapothekern, die ja auch irgendwoher kommen müssen, besteht auf jeden Fall die Gefahr, dass Approbierte verstärkt ins Krankenhaus abwandern. Und auch Krankenkassen und die Industrie locken mit attraktiven Verdienstmöglichkeiten und Arbeitszeiten, von denen Angestellte in Apotheken nur träumen können.

Dass die Tariflöhne in den Bezirken Nordrhein und Sachsen noch niedriger sind als im Rest der Republik ist kein Trost.

In Österreich automatische Anpassungen bis 35. Berufsjahr

Der Blick ins Nachbarland Österreich ist insofern interessant, da dort die Grundgehälter zunächst tendenziell niedriger sind: im 17. Jahr ist in etwa das Niveau erreicht wie hierzulande ab dem elften Jahr. Allerdings gibt es Zulagen wie beispielweise eine Familienzulage. Zudem steigen die Gehälter auch bei erfahrenen Kolleg*innen automatisch alle zwei Jahre an. Bis 35 und mehr Dienstjahre sind berücksichtigt, da gibt es dann 6.279 Euro. Der Gehaltstarifvertrag für das Bundesgebiet (mit Ausnahme von Nordrhein und Sachsen) sieht ab dem elften Jahr keine Steigerung mehr vor.

Die Erkenntnis, dass sich bei den Gehältern etwas tun muss, damit die öffentliche Apotheke im Kampf um die Fachkräfte wieder mithalten kann, und dass, obwohl vielerorts deutlich über Tarif bezahlt wird, ist nicht neu. Vor dem Hintergrund, welche zusätzlichen Aufgaben Apotheken künftig übernehmen sollen, wäre das wichtiger denn je. Solange aber das Apothekenhonorar nicht steigt, ist das nicht drin. Der ADA-Vorsitzende Thomas Rochell lobte im DAZ-Interview explizit, dass Adexa ein gewisses Verständnis dafür aufgebracht hat, unter welchen Zwängen die niedergelassenen Kollegen derzeit stehen. Kaufen kann sich davon allerdings auch niemand was.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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9 Kommentare

13. Gehalt vergessen?

von Matthias Nunkt am 22.07.2024 um 23:46 Uhr

Kleiner aber feiner Punkt, der durchweg vergessen wurde: in der öffentlichen Apotheke gibt es immer das 13. Gehalt, was im Krankenhaus grundsätzlich fehlt. Egal ob Arzt oder Apotheker, dort bekommt es niemand.
Das wird bei pta auch gerne vergessen im Vergleich zu anderen berufen.

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AW: 13. Gehalt vergessen

von PtaNichtMehrLang am 23.07.2024 um 0:19 Uhr

Das bekommen leider auch nur die tarifgebundenen Angestellten..Ich für meinen Teil bekomme es nicht. Weder Urlaubsgeld noch Weihnachtsgeld noch Sonderzahlung. Von diesen 100€ mehr bleiben ca. 50€ netto..wow..angesichts vieler gestiegener Kosten, auch vielerorts Mieterhöhungen ist dieses Plus ein Witz. Dann braucht man sich auch nicht wundern wenn Fachkräfte fehlen. Ich bin im 15. Berufsjahr und habe kaum noch Lust auf diesen Job wenn ich woanders für weniger Stress das gleiche oder mehr verdienen kann.

So viel Ehrlichkeit gehört dann doch dazu ...

von Reinhard Herzog am 22.07.2024 um 8:58 Uhr

... nämlich, dass in den Apotheken fast durchwegs (deutlich) über Tarif bezahlt wird.
Während man im öffentlichen Dienst oder in einem Krankenhaus öffentlicher oder freigemeinnütziger Trägerschaft auf den Cent genau den Tarif bekommt. In Großfirmen man in engen Gehaltsbändern steckt. Leitungsfunktionen mit eigenen Verträgen ausgenommen.

Rechnet mal gut 20%, teils in den Städten deutlich mehr, auf die Apothekentarife drauf, und dann sieht der Vergleich schon wieder anders aus. Leitungsfunktionen in (größeren) Apotheken(verbünden) werden durchaus mit 90.000 € bis teils deutlich über 100.000 € honoriert, plus Dienstwagen plus ... gibt es durchaus, gar nicht mal so selten.

Das gehört schon auch zur Ehrlichkeit dazu.
Zu einer umfassenden Tarifreform, die endlich mal ehrliche, vorzeigbare Gehälter schafft, hat es ja bislang nicht gereicht. Ein selbst gemachtes Problem ...

Btw.:
Ob der Vergleich mit den Ärzten so statthaft ist, sei mal dahingestellt. Zwischen Arzt und Apotheker sehe ich schon noch einen beträchtlichen Unterschied, angefangen von der Ausbildung(sdauer) bis zur Verantwortung.
Wie sähe ein Vergleich mit z.B. Physiotherapeuten oder Logopäden aus? Oder kaufmännischen Funktionen z.B. in der Krankenhausverwaltung?

» Auf diesen Kommentar antworten | 5 Antworten

AW: So viel Ehrlichkeit gehört dann doch

von Julia Borsch am 22.07.2024 um 9:12 Uhr

Lieber Herr Herzog,

das stimmt, er wird vielerorts über Tarif gezahlt, wenn auch mit großen regionalen Unterschieden. Aber ein junger Mensch, der sich überlegt, den Beruf zu ergreifen, weiß das nicht. Der schaut nach Tariflöhnen, und da ist die Apotheke raus.

Und beim Vergleich mit den Ärzten ging es nur um die absolute Summe (Abstand ist sicher gerechtfertigt, wenngleich auch nicht so viel vielleicht), als auch um das Plus, dass es da zuletzt gab und die Steigerung, die drin ist. und das gibt es beides in der Apotheke nicht in dem Ausmaß. Zumal bei Ärzten ja auch noch Schichtzulagen etc. dabei sind.
Grüße
Julia Borsch

AW: So viel Ehrlichkeit gehört dann doch

von Thomas Kerlag am 22.07.2024 um 11:43 Uhr

Also dir Ausnahme gegenüber der Regel zu betonen ist auch nicht gerade wissenschaftlich, aber wunderbares Opium für das Apothekenvolk

AW: So viel Ehrlichkeit gehört dann doch

von Apothekerin am 22.07.2024 um 13:14 Uhr

Leider kann ich Ihnen in diesem Punkt nicht zustimmen. Bisher habe ich in keiner Apotheke (das waren immerhin 4 verschiedene Arbeitgeber) eine übertarifliche Zahlung erhalten. Bis jetzt war mir jedoch ein passendes zwischenmenschliches Miteinander wichtiger.

AW: So viel Ehrlichkeit gehört dann doch

von Peter am 22.07.2024 um 17:26 Uhr

Ich weiss nicht, dass die Mediziner länger studieren stimmt, aber gemessen an den gesamten Pflicht SWS ist da wohl kein riesiger Unterschied mehr, das Medizinstudium ist aber einfach etwas humaner und entschleunigt. Hatten wir in den Fachschaften auch öfter das Thema, das Studium wäre auch noch mit 10-11 Semestern zzgl. PJ deutlich voller als die meisten anderen Studiengänge gewesen aber wohl immer noch, spreche da aus Erfahrung :), nicht ohne auszusetzen komplett selbst zu finanzieren. In diesem Sinne auch Grüße EX Fachschaft FFM an EX Fachschaft München @Julia

AW: In der Tat nicht statthaft

von Stefan Haydn am 23.07.2024 um 17:22 Uhr

Das Studium der Pharmazie mit der Medizin zu vergleichen ist in der Tat nicht statthaft.
Bevor viele Mediziner überheblich wurden, sahen Ärzte älterer Generationen das Studium nämlich als schwierioger an. Dafür spricht auch, daß Pharmazeuten die in meinem Semester zur Medizin wechselten, das Studium der Medizin als deutlich entschleunigter und somit entspannter sahen.

abgehängt

von Thomas Kerlag am 22.07.2024 um 7:53 Uhr

Vollkommen indiskutabel.
Vor Jahrzehnten, als die SUV immer größer wurden hat man schon gesehen wer hier abgehängt wurde

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