Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall

Hypertonie – Chlortalidon und HCT im Vergleich

24.07.2024, 09:15 Uhr

Die Initial­dosis von Chlortalidon bei Bluthochdruck beträgt 12,5 mg bis 50 mg pro Tag. (Symbolfoto: Miljan Živković / AdobeStock)

Die Initial­dosis von Chlortalidon bei Bluthochdruck beträgt 12,5 mg bis 50 mg pro Tag. (Symbolfoto: Miljan Živković / AdobeStock)


Bei der Entscheidung, ob Hydrochlorothiazid oder Chlortalidon zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse eingesetzt werden sollte, müssen Vorerkrankungen wie Myokard­infarkte oder Schlaganfälle berücksichtigt werden. Für Individuen mit diesen Vorerkrankungen ist Chlortalidon zu empfehlen, da unter dieser Therapie das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und nicht krebsbedingte Todesfälle geringer ist als unter Hydrochlorothiazid.

Die Thiazid-Diuretika Chlortalidon und Hydrochlorothiazid (HCT) werden seit vielen Jahren zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse eingesetzt. Welcher Wirkstoff dazu besser geeignet ist, wurde im Laufe der Zeit unterschiedlich beurteilt, ältere Studien bestätigten Chlortalidon die potentere Wirksamkeit, jüngere Studien sehen keinen Unterschied. 2022 verglich eine große Studie (The Diuretic Comparison Project) die zwei Wirkstoffe erneut miteinander. An ihr nahmen 13.523 über 65-jährige, überwiegend männliche Patienten mit arterieller Hypertonie teil. Sie erhielten Hydrochlorothiazid oder Chlortalidon; ermittelt wurde ein primärer Endpunkt, der aus Schlaganfall, Myokardinfarkt, Krankenhauseinweisung aufgrund einer Herzinsuffizienz, instabiler Angina pectoris mit notfallmäßiger Revaskularisierung (zusammengefasst unter MACEs; major adverse cardiovascular events) oder Tod durch andere Ursachen als Krebs zusammengesetzt war. 

Mehr zum Thema

Beide Diuretika schützen ähnlich gut vor kardiovaskulären Ereignissen

Unentschieden für Chlorthalidon und HCT

Bei HCT-Einnahme: Keine Panik, aber Sonnenschutz

Wie wirkt sich HCT auf das Krebsrisiko aus?

Die Auswertung der Studie nach einem medianen Follow-up von 2,4 Jahren zeigte die Gleichwertigkeit beider Regime bis auf eine Ausnahme – und zwar in der Subgruppe der Patienten, die bereits einen Myokardinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten hatten. Hier war die Ereignisrate unter Chlortalidon geringer als unter Hydrochlorothiazid. Bei Probanden, die in ihrer Vorgeschichte keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hatten, war die Ereignisrate unter Chlortalidon etwas höher. Diese Besonderheit wurde in einer Sekundäranalyse genauer untersucht.

HCT schützt meist besser

1455 der Patienten wiesen in ihrer Vorgeschichte einen Myokardinfarkt oder einen Schlaganfall auf (= Ereigniskohorte). 12.068 Probanden, bei denen das nicht zutraf, dienten als Vergleichsgruppe. Neben dem zusammengesetzten primären Studienendpunkt (schwerwiegende kardiovas­kuläre Ereignisse oder nicht tumor­bedingter Tod) wurden Blutdruck und Hypokaliämiewerte (Kalium-Blutspiegel < 3,1 mmol/l) festgehalten.

Probanden der Ereigniskohorte, die Chlortalidon einnahmen, hatten ein geringeres Risiko, den primären Endpunkt zu erreichen, als diejenigen, die Hydrochlorothiazid erhalten hatten. Für die Ereigniskohorte war folglich Chlortalidon die bessere Wahl. In Zahlen ausgedrückt: Bei 14,3% trat unter der Chlortalidon-Therapie ein Ereignis des primären Studienendpunkts auf. Unter einer Behandlung mit Hydrochlorothiazid trat der primäre Endpunkt bei 19,4% der Studienteilnehmer ein (Hazard Ratio [HR] = 0,73; 95%-Konfidenzintervall [95%-KI] = 0,7 – 0,94; p = 0,01). Bei Probanden ohne Myokardinfarkt oder Schlaganfall in der Vorgeschichte trat der primäre Studienendpunkt etwas häufiger unter Chlortalidon als unter Hydrochlorothiazid ein (9,9% vs. 8,9%; HR = 1,12; 95%-KI = 1,00 – 1,26; p = 054).

Was die Hypokaliämie anbelangt, so traten erniedrigte Kalium-Spiegel nur bei denjenigen Probanden auf, die in ihrer Vorgeschichte weder einen Myokardinfarkt noch einen Schlaganfall erlitten hatten, und zwar bei 4,9% unter Chlortalidon und bei 3,4% unter Hydrochlorothiazid. Bei Probanden, die bereits einen Myokardinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten hatten, war im Hinblick auf eine Hypokaliämie unter den beiden Therapieregimen kein statistisch signifikanter Unterschied feststellbar.

Pharmakologie-FreshUp: Chlortalidon

  • Thiazid-Analogon: steigert die Ausscheidung von Natrium-, Kalium-, Magnesium- und Chlorid-Ionen; hemmt langfristig die Calcium- und Phosphat-Ausscheidung
  • deutlich längere Halbwertszeit als HCT (40 bis 60 vs. 6 bis 8 Stunden)
  • Indikationen: Ödeme, Hypertonie, Herzinsuffizienz und renaler Diabetes insipidus
  • Dosierung bei Hypertonie: Initial­dosis 12,5 mg bis 50 mg pro Tag, Senkung auf eine Erhaltungsdosis von 12,5 mg bis 25 mg pro Tag
  • stets ausschleichend absetzen
  • Einnahme morgens zum Frühstück, falls nötig auch zum Abendessen
  • auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten!
  • Blutzucker-, Harnsäure- und Blutfettwerte können ansteigen und müssen überwacht werden
  • Vorsicht bei Kombination mit NSAR: akutes Nierenversagen möglich
  • Interaktion mit Wirkstoffen, die Torsade de pointes auslösen können: verstärktes Arrhythmie-Risiko
  • Chlortalidon steht wie andere Diuretika auf der Verbotsliste der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA)

Literatur

[1] Ishani A et al. Chlorthalidone vs. Hydrochlorothiazide for Hypertension Treatment After Myocardial Infarction or Stroke: A Secondary Analysis of a Randomized Clinical Trial. JAMA Netw Open 2024;7(5):e2411081, doi: 10.1001/jamanetworkopen.2024.11081

[2] Ishani A et al. Chlorthalidone vs. Hydrochlorothiazide for Hypertension-Cardiovascular Events. N Engl J Med 2022;387(26):2401-2410, doi: 10.1056/NEJMoa2212270.


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Schutz vor Herzinfarkt und Schlaganfall hängt von der Vorerkrankung ab

Chlortalidon und HCT im Vergleich

Beide Diuretika schützen ähnlich gut vor kardiovaskulären Ereignissen

Unentschieden für Chlorthalidon und HCT

Wann ist ein Wechsel auf andere Thiazid-Diuretika sinnvoll?

Der Druck auf HCT wächst

Beratungswissen zu Wirkungen, Nebenwirkungen und Interaktionen

Hydrochlorothiazid

Thiazid-Nebenwirkungen treffen besonders Ältere und Frauen

Elektrolytspiegel aus dem Gleichgewicht

Welcher Zielwert bei Älteren erreicht werden sollte

Intensivierte Blutdrucktherapie: ja oder nein?

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.