Im Tierversuch

Heparin gegen Schlangenbisse untersucht

Stuttgart - 26.07.2024, 09:15 Uhr

Von einer Speikobra sollte man sich besser nicht beißen lassen. Ihr Gift ruft schwere lokale Nekrosen hervor. (Foto: Wirestock / AdobeStock) 

Von einer Speikobra sollte man sich besser nicht beißen lassen. Ihr Gift ruft schwere lokale Nekrosen hervor. (Foto: Wirestock / AdobeStock) 


Wer von einer Kobra gebissen wird, sollte schnell ins Krankenhaus gebracht und dort mit einem Schlangengift-Serum behandelt werden. Doch viele Pharmahersteller haben die Produktion in den letzten Jahren eingestellt. Forscher haben jetzt entdeckt, dass Heparin die Schäden verhindern könnte.

Bei Schlangenbissen denken die meisten von uns an Schrecken und Tod. Bei einem Biss der heimischen Kreuzotter oder Aspisviper müssen wir zwar den Arzt aufsuchen. Schwere Schäden sind aber selten. Die wahren Schrecken lauern in den Savannen der Südhalbkugel. Dort lebt zum Beispiel die Speikobra, die mit einem Biss eine Mischung aus gewebezerstörenden und herzschädigenden Giften ins Fleisch pumpt. Solche Schlangen fordern jährlich etwa 138.000 Menschenleben.

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Wer gebissen wird, sollte schnell ins Krankenhaus gebracht und dort mit einem Schlangengift-Serum behandelt werden, das aus Pferden oder Schafen gewonnen wird. Doch viele Pharmahersteller haben die Produktion in den letzten Jahren eingestellt, weil die Herstellung teuer ist und die meisten Kunden wenig kaufkräftig sind. Hinzu kommt, dass das Gegengift zwar Menschenleben rettet, aber nur unzureichend gegen lokale Gewebeschäden wirkt. Oft müssen die Patienten Amputationen in Kauf nehmen. Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Forscher haben jetzt entdeckt, dass ein altes Arzneimittel die Schäden verhindern könnte.

Tinzaparin stoppt Gewebeschädigung bei Mäusen

Mit der Genschere CRISPR/Cas schalteten sie in unzähligen menschlichen Zellen jeweils ein bestimmtes Gen aus, um zu verstehen, welches Gen für die Giftwirkung der Speikobra entscheidend ist. Die Zellen wurden immun gegen das Gift, wenn die Forscher den Heparan/Heparin-Biosyntheseweg ausschalteten. Heparan-Proteoglykane sind auf der Zelloberfläche verbreitet. Ihre Hypothese: Ein Überschuss an „freiem“ Heparin im Gewebe könnte das Gift abfangen und so seine Wirkung an den Zellen verhindern. Sie verabreichten Mäusen zuerst Schlangengift und dann unter anderem Tinzaparin. Das stoppte die Gewebeschädigung deutlich und wirkte auch gegen das Gift vieler anderer Kobra- und Vipernarten.

Die Forscher hoffen, dass Heparine auch bei Menschen so gut wirken wie in ihrer Studie. Es könnte unmittelbar nach einem Biss unter die Haut gespritzt werden. Zudem stehen die Wirkstoffe bereits auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO – es könnte daher mehr Patienten zugänglich werden als die bisher üblichen Gegenmittel.

Literatur

Tian Y Du et al. Molecular dissection of cobra venom highlights heparinoids as an antidote for spitting cobra envenoming. Sci Transl Med 2024, DOI:10.1126/scitranslmed.adk4802


Marius Penzel, Apotheker
redaktion@daz.online


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