Kombinationstherapie aus Peginterferon und Bulevirtid

Neues Therapieregime gegen unheilbare Hepatitis D in Sicht?

31.07.2024, 12:15 Uhr

Mit Hepatitis D kann man sich nur infizieren, wenn bereits eine Hepatitis-B-Infektion vorliegt –  am Ende bleibt als Therapieoption oft nur eine Lebertransplantation. (Symbolfoto: NanSan / AdobeStock)

Mit Hepatitis D kann man sich nur infizieren, wenn bereits eine Hepatitis-B-Infektion vorliegt –  am Ende bleibt als Therapieoption oft nur eine Lebertransplantation. (Symbolfoto: NanSan / AdobeStock)


Einer aktuellen Studie zufolge führte eine Kombinationstherapie aus Peginterferon und Bulevirtid bei knapp der Hälfte der Hepatitis-D-Erkrankten zu einer virologischen Heilung, also einem negativen Nachweis von Hepatitis-D-RNA.

Die chronische Hepatitis-D-Virusinfektion ist die schwerste virale Lebererkrankung, die mit einem hohen Risiko einhergeht, eine Leberzirrhose und Leberkrebs zu entwickeln. Mit Hepatitis D kann man sich nur infizieren, wenn bereits eine Hepatitis-B-Infektion vorliegt. Denn das Hepatitis-D-­Virus (HDV) ist ein unvollständiges Virus und benötigt das Hepatitis-B­-Virus als „Helfer“, um sein RNA-Erbmaterial in dessen Hülle zu verpacken, an die Leberzelle anzudocken und diese zu befallen. 

Die Krankheit ist nach dem derzeitigen Wissensstand nicht heilbar, am Ende bleibt als Therapieoption oft nur eine Lebertransplantation.

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Laut deutscher Leitlinie [1] sind aktuell zwei Therapieoptionen verfügbar, bei denen eine antivirale Wirksamkeit gegen HDV in klinischen Studien nachgewiesen wurde:

  • Das Virustatikum Bulevirtid blockiert auf der Membran der Leberzelle das Natriumtaurocholat-­kotransportierende Polypeptid (NTCP), das die Hepatitis-B- und -D-Viren als Eintrittspforte benutzen. Bulevirtid ist seit 2020 verfügbar und das erste und einzige spezifisch wirksame Therapeutikum gegen Hepatitis D.
  • Pegyliertes Interferon alfa (off label)

Phase-IIb-Studie untersucht Kombination aus Bulevirtid und pegyliertem Interferon

Bislang war unklar, ob eine Kombination aus Bulevirtid und pegyliertem Interferon zu besseren Therapieergebnissen führt, insbesondere, ob die SVR-Rate („Sustained Virological Response“, kein Nachweis der HDV-RNA zwölf Wochen nach Ende der Behandlung) erhöht werden kann. Dieser Frage ging eine Phase-IIb-Studie [2] nach, an der 174 Patienten mit HDV-Virämie und kompensierter Leber­erkrankung teilnahmen.

Anhaltender Therapieerfolg mit Nebenwirkungen

Die Patienten wurden zu folgenden Therapieregimen randomisiert:

  • Peginterferon-Monogruppe: Peg­interferon alfa-2a (180 μg pro Woche) während 48 Wochen
  • niedrig und höher dosierte Kombigruppen: Bulevirtid (Tagesdosen von 2 mg bzw. 10 mg) plus 180 μg Peginterferon alfa-2a pro Woche während 48 Wochen gefolgt von 2 mg bzw. 10 mg Bulevirtid weitere 48 Wochen
  • Bulevirtid-Monogruppe: Bulevirtid täglich 10 mg während 96 Wochen

Alle Patienten wurden 48 Wochen nach Therapieende weiter verfolgt. Der primäre Studienendpunkt war nicht mehr nachweisbare HDV-RNA im Blut (virologische Heilung) 24 Wochen nach Therapieende. Diesen Endpunkt erreichten 17 % in der Peginterferon-Monogruppe, 32 % in der niedrig dosierten Kombigruppe, 46 % in der hoch dosierten Kombigruppe und 12 % in der Bulevirtid-Monogruppe. Zwischen dem besten und dem schlechtesten Ergebnis lagen demzufolge 34 Prozentpunkte. Die Differenz war statistisch signifikant. Der Therapieerfolg hielt an, was eine weitere Kontrolle 48 Wochen nach Ende der Behandlung zeigte. In der Peginterferon-Monogruppe waren 25 % der Patienten ohne HDV-RNA im Blut, in der niedrig dosierten Kombigruppe 26 %, in der höher dosierten Kombigruppe 46 % der Patienten und in der Bulevirtid-Monogruppe 12 %.

Die häufigsten Nebenwirkungen waren Leukopenien, Neutropenie und Thrombozytopenie (meist Schweregrad 1 oder 2). Sie traten in den Kombinationstherapien häufiger auf als unter der Monotherapie mit Bulevirtid.

Keine Beseitigung der HBV-Infektion

Eine Kombination aus 10 mg Bule­virtid und 180 μg Peginterferon war der Bulevirtid-Monotherapie 24 Wochen nach Therapieende überlegen. Das Therapieansprechen bestand auch noch 48 Wochen nach Ende der Behandlung, das heißt, dass unter diesem Therapieregime auch nach dieser Zeit keine Hepatitis-D-Viruslast mehr nachweisbar war [3]. Bei den meisten dieser Patienten konnte allerdings weiterhin das HBs-Antigen nachgewiesen werden. Das deutet darauf hin, dass eine HDV-Infektion abklingen kann ohne Beseitigung der HBV-Infektion.

Welt-Hepatitis-Tag 2024

Der diesjährige Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli 2024 stand unter dem Motto „It’s time for action“. Im Fokus des Aktionstages standen die chronische Hepatitis B und C. Laut WHO-Schätzungen im April 2024 leben 254 Millionen Menschen mit chronischer Hepatitis B und 50 Millionen mit Hepatitis C. Etwa 5 % der Hepatitis-B-Betroffenen sind gleichzeitig mit Hepatitis D infiziert. Der Welt-Hepatitis-Tag informiert über Risiken, Schutz und Behandlungsmöglichkeiten von Virushepatiden. Zudem geht er mit der Forderung einher, den Kampf gegen chronische Hepatitis-­Infektionen global zu intensivieren. Es ist das Ziel der WHO, Hepatitis-Infektionen bis zum Jahr 2030 soweit einzudämmen, dass sie keine öffentliche Gesundheits­bedrohung mehr darstellen. Durch eine entsprechende Aufklärung soll die Erkrankung auch von ihrem noch immer bestehenden Stigma befreit werden [4].

Literatur

[1] Sandmann L et al. Antivirale Therapie der chronischen Hepatitis-D-Virusinfektion“ zur S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/a-2181-3046.pdf

[2] Study to Assess Efficacy and Safety of Bulevirtide in Combination With Pegylated Interferon Alfa-2a in Participants With Chronic Hepatitis Delta (CHD), ClinicalTrials.gov ID: NCT03852433

[3] Asselah T et al. Bulevirtide Combined with Pegylated Interferon for Chronic Hepatitis D. NEJM 2024;391(2):133-143, doi: 10.1056/NEJMoa2314134

[4] Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli 2024. Information der Deutschen Leberhilfe, www.welthepatitistag.info


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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