Erste Hilfe

Was tun, wenn jemand zu ertrinken droht?

Stuttgart - 12.08.2024, 17:00 Uhr

Dieses Jahr sind bereits mehr als 253 Menschen in der Bundesrepublik ertrunken. (Foto: Yurii Zushchyk / AdobeStock)

Dieses Jahr sind bereits mehr als 253 Menschen in der Bundesrepublik ertrunken. (Foto: Yurii Zushchyk / AdobeStock)


Manche Menschen überschätzen sich, anderen wird zum Beispiel ein Muskelkrampf zum Verhängnis: Bis zum 31. Juli 2024 sind in Deutschland 253 Menschen ertrunken. Was ist zu tun, wenn jemand im Wasser in Not gerät?

Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) verzeichnete letztes Jahr 378 Ertrinkungsfälle, 2022 waren es 355 Fälle. Die Zahl der Badetoten im August 2023 war mit 47 geringer als im Vorjahr mit 74. Im sommerlichen September ereigneten sich jedoch 18 tödliche Unglücke mehr (43) als zwölf Monate zuvor. „Der Spätsommer zog nochmals zahlreiche Badegäste an die Gewässer, was auch zu einem starken Anstieg der Badeunfälle führte“, erklärte Präsidentin der DLRG, Ute Vogt, in einer Pressemitteilung im Februar. Auch in den Folgemonaten Oktober bis Dezember starben mehr Menschen in Gewässern.

Während in den Seen mit 77 Personen etwas weniger Menschen umkamen (2023: 82), verzeichnete die DLRG mit 92 Fällen (2023: 77) zum dritten Mal in Folge mehr tödliche Unglücke in den Flüssen, so die DLRG in einer Pressemitteilung. „Die strömenden Gewässer bergen die meisten Gefahren. Dessen sollten sich die Leute beim Aufenthalt an Flüssen bewusst sein. Vom Schwimmen in Flüssen kann ich den allermeisten nur abraten“, so die Präsidentin der Wasserretter. Insgesamt machten die Todesfälle in Seen und Flüssen zwei Drittel der Gesamtzahl aus. 76% der Ertrunkenen waren männlich.

Was ist zu tun, wenn jemand zu ertrinken droht? Die DLRG betont, dass der Eigenschutz an erster Stelle steht. Es bringt schließlich nichts, selbst auch noch zum Notfall zu werden. Wichtig ist, andere Menschen auf den Notfall aufmerksam zu machen. So kann parallel zu Rettungsmaßnahmen die 112 gewählt werden.

Wenn der oder die Ertrinkende schwimmend gerettet werden muss, sollte man sich von hinten nähern, damit sich das Opfer nicht panisch an den Retter oder die Retterin klammert. Dem Ertrinkenden kann auch ein schwimmender Gegenstand vorsichtig zugeworfen werden, wie eine Rettungsboje, ein Rettungsring oder ein Ast. 

Eine bewusstlose Person kann im Kopfschleppgriff an Land gebracht werden. Dabei platziert man von hinten beide Hände am Kinn der bewusstlosen Person. Die Atemwege sollten hierbei über Wasser sein. An Land können dann Erste-Hilfe-Maßnahmen durchgeführt werden.

 

Was ist „sekundäres Ertrinken“?

Ist Wasser in der Lunge, kann es zum „sekundären Ertrinken“ kommen. Dabei verursacht das Wasser eine Lungenentzündung, ein Lungenödem oder sogar eine Blutvergiftung. Daher sollte nach einem Badeunfall, bei dem potenziell Wasser in die Lunge gelangt ist, ärztlicher Rat eingefordert werden.

Atmet die Person oder ist bei Bewusstsein: Atemwege kontrollieren und stabile Seitenlage! Außerdem sollte der Puls überprüft werden, zum Beispiel mit zwei Fingern an der Halsschlagader. Atmet der Patient oder die Patientin nicht normal oder gar nicht: Herz-Lungen-Wiederbelebung einleiten! Wenn ein Defibrillator vorhanden ist, sollte dieser bei Kreislaufstillstand genutzt werden. Die Reanimation sollte bis zum Eintreffen des Rettungsdienstes durchgeführt werden. Gerade bei Hypothermie sind Fälle bekannt, in denen Verunglückte auch nach längerer Reanimationszeit mit gutem neurologischem Outcome überlebten.

Herz-Lungen-Wiederbelebung

Um bei einem stehen gebliebenen Herz den Blutfluss aufrechtzuerhalten, sollte in der Mitte zwischen Hals und Bauch das Brustbein ungefähr fünf Zentimeter tief eingedrückt werden, also etwas mehr als eine Handbreit. Dann sollte 30-mal mit ausgestreckten Armen mit den Handballen der Brustkorb gedrückt werden und zweimal Luft über eine Mund-zu-Mund-Beatmung eingeblasen. Zur Beatmung das Kinn des Kollabierten vorsichtig nach oben heben, sodass die Luftröhre gerade liegt und nicht abknickt. Die Nasenflügel zusammendrücken und den Mund auf den geöffneten Mund des zu Rettenden pressen und eine Sekunde lang kräftig ausatmen. Nachdem zweimal beatmet wurde wieder 3-mal drücken und so weiter bis der Notarzt eintrifft oder ein Defibrillator ausgelöst wird. 

Um in den Rhythmus des Drückens zu kommen, kann man sich bei verschiedenen Songs orientieren: 100 bis 120 beats per minute hat zum Beispiel „Stayin Alive“ von den Bee Gees, „Dancing Queen“ von Abba oder „Atemlos durch die Nacht“ von Helene ­Fischer. Das Deutsche Rote Kreuz hat beim Musik-Streamingdienst Spotify eine „Playlist zur Wiederbelebung“ erstellt mit Songs, die den entsprechenden Rhythmus haben. 


Juliane Russ, M.Sc., DAZ-Redakteurin
jruss@dav-medien.de


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