Studie zeigt verkürzte Krankheitsdauer

Warum Sie befeuchtende Nasensprays gegen Atemwegsinfekte empfehlen sollten

Stuttgart - 13.08.2024, 13:45 Uhr

Kochsalznasensprays und Nasensprays auf Gelbasis können Infektionen der Atemwege laut einer aktuellen Studie verkürzen. (Foto: Syda Productions / AdobeStock)

Kochsalznasensprays und Nasensprays auf Gelbasis können Infektionen der Atemwege laut einer aktuellen Studie verkürzen. (Foto: Syda Productions / AdobeStock)


Rezeptfreie Präparate gegen Atemwegsinfekte aus der Apotheke richten sich hauptsächlich gegen die Symptome. Dass eine Erkältung durch eine entsprechende Empfehlung schneller ausheilt, gilt eher als unwahrscheinlich. Doch eine aktuelle Studie zeigt, dass einfache befeuchtende Nasensprays die Erkrankungsdauer tatsächlich verkürzen können. Ob Gel- der Meersalz-Nasenspray scheint dabei egal zu sein, eine möglichst frühe Anwendung aber wichtig.

Der Sommer 2024 war bislang verschnupft. Wie passend, dass in einer aktuellen Studie im Fachjournal „The Lancet Respiratory Medicine“ untersucht wurde, ob bei akuten Atemwegserkrankungen befeuchtende Nasensprays das Abklingen eines Atemweginfekts beschleunigen können. Die kurze Antwort: ja!

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Es handelt sich bei der Publikation zwar um eine nur zum Teil verblindete, aber randomisierte und kontrollierte Studie, deren Daten bei 332 Allgemeinmediziner:innen in Großbritannien erhoben wurden. Die teilnehmenden Patient:innen erhielten entweder

  • eine kurze Beratung über den Umgang mit der Erkrankung (übliche Versorgung, 2.983 Patient:innen ausgewertet),
  • ein Nasenspray auf Gelbasis (zwei Sprühstöße je Nasenloch bis zu sechsmal täglich, 2.935 Patient:innen ausgewertet),
  • ein Kochsalznasenspray (zwei Sprühstöße je Nasenloch bis zu sechsmal täglich, 2.967 Patient:innen ausgewertet) oder
  • eine kurze verhaltenstherapeutische Intervention (Zugang zu einer Webseite zur Förderung von körperlicher Aktivität und Stressbewältigung, 2.727 Patient:innen ausgewertet).

Die Nasensprays wurden umetikettiert und bei den ersten Anzeichen einer Infektion oder nach einer möglichen Ansteckung angewendet. Weder das medizinische Personal noch die Personen, die die Studie statistisch auswerteten, wussten, welche Patient:in welche der vier Behandlungen erhielt.

Reduzierter Antibiotikaverbrauch

Die Proband:innen mit üblicher Behandlung waren im Durchschnitt über die gesamten sechs Monate 8,2 Tage krank (Standardabweichung 16,1), in den Gruppen mit dem Spray auf Gelbasis oder dem Kochsalznasenspray waren es signifikant weniger Tage: 6,5 (Standardabweichung 12,8) und 6,4 Tage (Standardabweichung 12,4). Die Gruppe mit der Verhaltensintervention war im Schnitt 7,4 Tage krank (Standardabweichung 14,7). Damit konnte mit der Verhaltensintervention zwar nicht die Dauer der Erkrankung reduziert werden, aber in geringem Ausmaß die Inzidenz von Erkältungen, heißt es. Die Studien-Autorinnen schreiben in ihrem Fazit:


„Der Rat, eines der beiden Nasensprays zu verwenden, verkürzte die Krankheitsdauer, und sowohl die Sprays als auch die Verhaltens-Website reduzierten den Antibiotikaverbrauch. Künftige Forschungsarbeiten sollten sich mit den Auswirkungen einer umfassenden Umsetzung dieser einfachen Maßnahmen befassen“

 Lancet Respir Med 2024; 12(8):619-632


Kopfschmerzen und Schmerzen der Nebenhöhlen wurden als häufigste Nebenwirkung berichtet: 4,8 % der Teilnehmer:innen litten in der Gruppe mit der üblichen Behandlung daran, 7,8 % in der Gruppe mit dem Spray auf Gelbasis, 4,5 % in der Gruppe mit dem Kochsalznasenspray und 4,5 % in der Gruppe mit der Verhaltensintervention.

Die Nasensprays im Detail

Die Patient:innen in der Gruppe mit der üblichen Versorgung wurden gebeten, keine Nasensprays zu verwenden. Selbstmedikation war aber grundsätzlich erlaubt.

In der gelbasieten Nasenspray-Gruppe kam das „Wick Erste Abwehr Nasenspray“ zum Einsatz. In Deutschland wird es in der Lauer-Taxe® als Medizinprodukt gelistet und ist ab zwölf Jahren geeignet (Stand: 8. August 2024). Als Wirkstoff ist Hypromellose enthalten. Die Wirkung soll darauf basieren, dass das enthaltene „Mikro-Gel“ Erkältungserreger einkapselt. Weitere Inhaltsstoffe sind: Wasser, Bernsteinsäure, Dinatriumsuccinat, Pyroglutaminsäure, Phenylethylalkohol, Zink EDTA, Zinkacetat, Polysorbat 80, Aroma: (Menthol, Kampfer, Eucalyptol), Saccharin-Natrium. 

Als Kochsalznasenspray kam „Sterinase“ zum Einsatz, das in Deutschland aber nicht erhältlich ist und aufgrund seiner Ähnlichkeit in der Anwendung zum gelbasierten Spray ausgewählt worden sei. 

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Beide Sprays sind in Großbritannien ohne Rezept und in vielen Apotheken erhältlich, heißt es. Keines war in der Studie dem jeweils anderen überlegen, beide sollen die Krankheitsdauer gegenüber der üblichen Versorgung um drei Tage reduziert haben (Incidence Rate Ratio / Inzidenzratenverhältnis / IRR 0,8). Als Mechanismus beider Sprays vermuten die Autor:innen der Studie, dass durch das Ausspülen des Nasopharynx die Viruslast reduziert wird.

Die Studienautor:innen haben nach eigenen Angaben keine Interessenskonflikte. Die Studie wurde durch das „National Institute for Health and Care Research“ (NIHR) der britischen Regierung finanziert.

Die Studien-Bedingungen im Detail: Patienten mit Risikofaktoren

Als primärer Endpunkt wurde die Gesamtzahl von Krankheitstagen anhand von selbstberichteten Atemwegserkrankungen in den letzten sechs Monaten erfasst – wie Husten, Erkältung, Halsschmerzen, Nasennebenhöhlen- oder Ohrenentzündungen, Grippe oder COVID-19. Als sekundäre Endpunkte wurden unter anderem der Antibiotikaverbrauch, aber auch Kopf- und Gesichtsschmerzen erfasst. Die Teilnehmer:innen mussten zwischen Dezember 2020 und April 2023 über sechs Monate für jeden Monat eine Umfrage ausfüllen plus eine Umfrage am Ende über die gesamten sechs Monate.

Die Studienteilnehmer:innen waren mindestens 18 Jahre alt und hatten in den Jahren vor der Corona-Pandemie mindestens drei selbstberichtete Atemwegsinfektionen pro Jahr oder hatten Risikofaktoren wie eine Immunschwäche, Herzerkrankungen, Asthma oder Lungenerkrankungen, Diabetes, leichte Beeinträchtigungen der Leber, einen Schlaganfall oder schwere neurologische Probleme, Adipositas oder waren älter als 65 Jahre.

Gegenüber bisherigen Studien zum Themenspektrum der aktuellen Studie heben die Autor:innen hervor, dass ihre die bislang einzige große Studie mit leicht umsetzbaren Maßnahmen sei. Doch auch in ihrer Studie beschreiben sie die Adhärenz der Proband:innen noch als verbesserungswürdig.

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Literatur

Little P, Vennik J, Rumsby K et al. Nasal sprays and behavioural interventions compared with usual care for acute respiratory illness in primary care: a randomised, controlled, open-label, parallel-group trial. Lancet Respir Med 2024; 12(8):619-632, DOI:https://doi.org/10.1016/S2213-2600(24)00140-1


Diana Moll, Apothekerin und Redakteurin, Deutsche Apotheker Zeitung (dm)
redaktion@daz.online


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