kampf gegen Polio

Feuerpause soll Impfkampagne in Gaza ermöglichen

02.09.2024, 10:45 Uhr

Im vom Krieg zerstörten Gaza sollen 640.000 Kinder gegen Polio geimpft werden. (Foto: IMAGO / APAimages)

Im vom Krieg zerstörten Gaza sollen 640.000 Kinder gegen Polio geimpft werden. (Foto: IMAGO / APAimages)


In Gaza startet eine großangelegte Impfaktion gegen Polio. Der Fund getöteter Geiseln kurz vor den dafür geplanten Feuerpausen sorgt in Israel für einen Aufschrei. Die Proteste gegen die Regierung Netanjahu verschärfen sich. 

Nachdem es kürzlich den ersten Fall von Kinderlähmung seit 25 Jahren in Gaza gegeben hatte, sollen in den kommenden Tagen nach Angaben der UN-Weltgesundheitsorganisation (WHO) rund 640.000 Kinder gegen das hochansteckende Poliovirus immunisiert werden. Üblicherweise werden zwei Impfdosen im Abstand von vier Wochen verabreicht.

Die Massenimpfung werde von den lokalen Gesundheitsbehörden, dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF und dem UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA durchgeführt, sagte eine WHO-Sprecherin. Start war am Sonntag. 

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Halima Baraka, eine 39-jährige Mutter von vier Kindern, kam am Morgen in eines der Impfzentren in Deir al-Balah. „Ich bin hergekommen, um meine Kinder vor dieser Krankheit zu schützen“, sagte sie und wies auf die beengten Lebensumstände von Binnenflüchtlingen in Zeltlagern hin. „Die Lage ist miserabel, wir haben keine Reinigungsmittel, kein gesundes Essen für unsere Kinder und überall liegt Müll herum.“ Krankheiten könnten sich leicht unter den Kindern ausbreiten. 

Auch Sally Saidam aus dem Nuseirat-Flüchtlingsviertel ist gekommen, um vier ihrer sechs Kinder impfen zu lassen. „Wir kämpfen um unser Überleben, nicht nur wegen der ständigen israelischen Bombardements, sondern auch wegen Krankheiten, Hunger und Armut.“ Ihre Botschaft an die internationale Gemeinschaft: „Genug mit Tod und Zerstörung, ihr müsst uns dabei helfen, diesen Krieg zu stoppen.“ 

Begrenzte Kampfpausen sollen Impfkampagne ermöglichen

Während der Impfkampagne, die gut eine Woche dauert, wollte die israelische Armee zeitlich und örtlich begrenzte Kampfpausen einhalten. Regierungschef Benjamin Netanjahu betonte nach Angaben seines Büros, dass es sich bei den geplanten Kampfunterbrechungen nicht um eine Waffenruhe im klassischen Sinne handeln solle. 

Überschattet von Fund getöteter Geiseln

Kurz vor dem Beginn der geplanten Kampfpause fand die israelische Armee am Sonntag sechs weitere tote Geiseln, die Kritik an Netanjahu verschärft sich damit. Der israelische Gewerkschafts-Dachverband Histadrut rief für Montag zu einem eintägigen Proteststreik auf, von dem auch der internationale Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv betroffen sein soll. 

Einem Armeesprecher zufolge wurden die Geiseln nach erster Einschätzung von der Hamas getötet, kurz bevor die Armee sie erreichte. Ein anderer Armeesprecher nannte zunächst keine Details zu den Umständen ihres Todes, sagte aber, sie seien von Hamas-Terroristen getötet worden. Die Hamas machte dagegen israelisches Bombardement für den Tod der Geiseln verantwortlich.

Netanjahu warf der Hamas vor, Bemühungen um eine Waffenruhe systematisch zu torpedieren. „Wer Geiseln ermordet, will keinen Deal“, sagte er in einer Videobotschaft. Die Hamas habe mehrere US-Vorschläge zurückgewiesen, während Israel diesen zugestimmt habe. Kritiker in Israel werfen dagegen Netanjahu vor, er untergrabe die Bemühungen um eine Waffenruhe selbst aus innenpolitischen und persönlichen Erwägungen.

Auch im besetzten Westjordanland dauerte die Gewalt an: Bei einem mutmaßlich palästinensischen Anschlag nahe Hebron wurden drei Polizisten getötet, zwei Männer und eine Frau.


dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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