Erhöhter Blutdruck ab 120/70, neuer Zielwert unter 129 mmHG

Hauptziel der Blutdrucksenkung ist es, kardiovaskuläre Ereignisse zu vermeiden. Bei „erhöhtem Blutdruck“ soll im Gegensatz zur Hypertonie-Behandlung nicht unbedingt direkt medikamentös therapiert werden, sondern eine Einschätzung des kardiovaskulären Risikos erfolgen: Liegen entsprechende Grunderkrankungen wie kardiovaskuläre Erkrankungen, eine moderate bis schwere chronische Nierenerkrankung, Diabetes mellitus (außer Typ-2-Diabetes bei unter 60-Jährigen), familiäre Hypercholesterolämie oder Hinweise auf vorliegende hypertensive Endorganschäden vor, sollen zunächst für drei Monate Lebensstiländerungen vorgenommen werden. Liegt der Blutdruck dann noch bei ≥ 130/80 mmHg, soll eine medikamentöse Therapie begonnen werden. Ansonsten gilt es, das Risiko mittels SCORE2 zu ermitteln und anhand dessen über eine Behandlung bzw. Lebensstilmaßnahmen zu entscheiden.

Eine weitere wichtige Neuerung in der Leitlinie ist, dass Erwachsene, die blutdrucksenkende Arzneimittel erhalten, einen systolischen Blutdruck von 120 bis 129 mmHg erreichen sollen. Frühere europäische Leitlinien hatten einen zweistufigen Ansatz empfohlen, bei dem Patienten zunächst einen Wert unter 140/90 mmHg erreichen sollten und erst in einem zweiten Schritt Werte unter 130/80 mmHg.

In Einzelfällen, wenn eine Senkung unter 120 bis 129 mmHg nicht vertragen wird, soll der Blutdruck so niedrig wie individuell möglich eingestellt werden. Die neuen Empfehlungen gelten auch für Patienten über 85 Jahre, wenn die blutdrucksenkende Behandlung gut verträglich ist. Bei gebrechlichen Menschen kann ein großzügigerer Zielwert von unter 140/90 mmHg angestrebt werden.

Zur medikamentösen Behandlung einer Hypertonie (ab 140/90 mmHg) wird eine Kombinationstherapie als Standard empfohlen: Therapiert werden soll mit einer niedrigdosierten Zweierkombination aus ACE-Hemmer bzw. Angiotensin-Rezeptor-Blocker und/oder Calciumkanalblocker und/oder Diuretikum. Wird das Therapieziel nach ein bis drei Monaten nicht erreicht, erfolgt eine Umstellung auf eine niedrigdosierte Dreierkombination. Erst bei weiterhin nicht ausreichender Blutdrucksenkung erfolgt eine Dosiserhöhung. Eine Monotherapie kann bzw. soll bei bestimmten Patientengruppen bevorzugt werden, u. a. bei Personen über 85 Jahren, gebrechlichen Patienten, Patienten mit orthostatischer Hypotonie und Patienten mit erhöhtem Blutdruck.

^Literatur

^{2024 ESC Clinical Practice Guidelines for the Management of Elevated Blood Pressure and Hypertension. Pressemitteilung des ESC vom 31. August 2024, https://www.escardio.org/Congresses-Events/ESC-Congress/Congress-news/2024-esc-clinical-practice-guidelines-for-the-management-of-elevated-blood-press}

^{McEvoy J, Touyz RM et al. 2024 ESC Guidelines for the management of elevated blood pressure and hypertension: Developed by the task force on the management of elevated blood pressure and hypertension of the European Society of Cardiology (ESC) and endorsed by the European Society of Endocrinology (ESE) and the European Stroke Organisation (ESO), European Heart Journal, ehae178, https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehae178}

^{Grätzel P. Neue ESC-Leitlinie Hypertonie: neuer Zielwert, neue Blutdruckkategorie. Artikel von Springer Medizin vom 30. August 2024, https://www.springermedizin.de/esc-2024/arterielle-hypertonie/neue-esc-leitlinie-hypertonie--neuer-zielwert--neue-blutdruckkat/27444400}