BVDAK lässt Gutachten erstellen

E-Rezept-Einlösung via Terminal – wie ist die Rechtslage?

Berlin - 16.09.2024, 10:45 Uhr

Rezept-Briefkästen haben in Zeiten der elektronischen Verordnung weitgehend ausgedient. Was sind die digitalen Alternativen und sind sie rechtlich zulässig? (Foto: Bill Ernest / AdobeStock)

Rezept-Briefkästen haben in Zeiten der elektronischen Verordnung weitgehend ausgedient. Was sind die digitalen Alternativen und sind sie rechtlich zulässig? (Foto: Bill Ernest / AdobeStock)


Vor einer Woche machte das Bestellterminal einer brandenburgischen Apotheke in einem Supermarkt Schlagzeilen. Zuvor hatte sich bereits Stefan Hartmann vom Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen Gedanken über solche Terminals zur Einlösung von E-Rezepten gemacht – und juristisch prüfen lassen. Rechtsanwalt Morton Douglas hat keine grundsätzlichen Bedenken.

Seit das E-Rezept für Arzneimittel zu Jahresbeginn Pflicht geworden ist, zeigen sich neue Herausforderungen im Alltag. Die Versorgung in ländlichen Regionen ist eine davon – jedenfalls so lange es noch nicht für alle Patientinnen und Patienten selbstverständlich ist, ihre E-Rezepte mithilfe eines Smartphones direkt digital in die Apotheke ihrer Wahl zu schicken. Wäre dies bereits überall gelebte Praxis, könnte die Apotheke unmittelbar die Arzneimittel zu den Patienten und Patientinnen schicken – per Bote oder Logistikdienstleister. Doch noch ist das physische Stecken der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) in der Apotheke vor Ort der weitaus gängigste Weg, um E-Rezepte einzulösen. Wo früher Rezeptsammelstellen oder schlichte Sammelboxen helfen konnten, wenn die nächste Apotheke weiter entfernt ist, kommt man heute mit einem analogen Rezeptkasten nicht weiter.

Der Apotheker Michael Kranz aus dem brandenburgischen Prenzlau präsentierte kürzlich seine Lösung für das Problem: Ein Terminal im örtlichen Supermarkt, das die eGK einlesen kann und somit der Apotheke den Abruf der E-Rezepte aus dem Fachdienst ermöglicht. Die Arzneimittel werden dann an die Empfänger*innen versendet. In einem nächsten Schritt würden Kranz und der Inhaber des Marktkauf-Centers gerne einen Abholautomaten für die bestellten Arzneimittel im Supermarkt installieren – doch noch ist die zuständige Behörde damit nicht einverstanden. 

Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), hat sich über derartige Modell auch schon Gedanken gemacht – ganz losgelöst vom Brandenburger Projekt. Für den BVDAK hatte er daher kürzlich ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben, das die Zulässigkeit solcher Terminals für die Einreichung von E-Rezepten prüfen sollte. Hartmann wollte ausloten, was Apotheken vor Ort möglich ist, um dem Versandhandel aus den Niederlanden die Stirn zu bieten. Wie schaffen sie es, hier gleichzuziehen und sich nicht abhängen zu lassen?

Der Freiburger Rechtsanwalt Morton Douglas nahm sich der Sache an und legte Hartmann Anfang August seine Überlegungen vor. Seine erste Feststellung: Es handelt sich bei einem solchen Terminal nicht um eine Rezeptsammelstelle, die nach § 24 Apothekenbetriebsordnung genehmigungspflichtig wäre. Betrieben werden kann (und muss!) sie mit einer Versandhandelserlaubnis. Dies lässt sich aus dem im April 2020 ergangenen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ableiten, das sich mit einer Rezeptsammelbox in einem Supermarkt befasst und sie für eine zulässige Spielart des Versandhandels gewertet hatte – selbst wenn Boten der Apotheke die auf diese Weise georderten Arzneimittel auslieferten.

Terminal im Ärztehaus?

Douglas geht auch der Frage nach, ob ein solches Terminal auch in einem Ärztehaus aufgestellt werden könnte. Hier verweist er auf die Berufsordnung der Ärzte, die es ihnen untersagt, Patienten ohne hinreichenden Grund bestimmte andere Leistungserbringer – auch Apotheken – zu empfehlen. Gegen diese Vorgabe würde verstoßen, wenn ein Terminal in oder unmittelbar vor einer Arztpraxis aufgestellt würde, sodass die Patienten davon ausgehen müssten, es gebe eine Kooperation oder auch nur abgestimmte Verhaltensweise zwischen Arzt und Apotheke. Anders könne es aber sein, wenn das Terminal in einem Ärztehaus mit vielen einzelnen Praxen betrieben würde. In diesem Fall wäre die vermeintliche Nähe nicht anders zu beurteilen als die einer im Erdgeschoss einer solchen Immobilie betriebenen Apotheke.

Nachteil: Kein Botendiensthonorar

Douglas weist zudem auf die Anforderungen im Hinblick auf die Beschriftung und die Ausgestaltung des Lieferservice hin. Und auf einen Nachteil: Das Botendiensthonorar darf nicht erhoben werden, wenn das Konzept auf den Vorgaben zum Versandhandel fußt.

Das Fazit des Anwalts: Terminals können ohne Genehmigung betrieben werden, wenn sie im Rahmen des Versandhandels eingesetzt werden. Auf das richtige Wording ist bei der Ausgestaltung zu achten. Wenn die eGK im Terminal einlesbar sein soll, müssen überdies die Spezifikationen nach den Vorgaben des Sozialgesetzbuch V eingehalten werden.

 


Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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