Möglicher Benefit einer Kombinationsbehandlung?

Gliflozine und Glutide im Doppel

17.09.2024, 09:15 Uhr

SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) hemmen die Glucose-Rückresorption im proximalen Tubulus in der Niere und fördern die Glucose-Ausscheidung mit dem Harn. (Foto: Boehringer, BMS/Astra Zeneca / Montage DAZ)

SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) hemmen die Glucose-Rückresorption im proximalen Tubulus in der Niere und fördern die Glucose-Ausscheidung mit dem Harn. (Foto: Boehringer, BMS/Astra Zeneca / Montage DAZ)


SGLT-2-Inhibitoren und GLP-1-Agonisten haben positive Effekte auf Herz und Nieren. Da sie an unterschiedlichen Targets angreifen, stellt sich die Frage: Lohnt sich eine Kombinationstherapie? Ein inter­nationales Konsortium hat in den großen Interventionsstudien mit den SGLT-2-Inhibitoren nach Antworten gesucht: Die Substanzen wirken ihrer Metaanalyse nach unabhängig von GLP-1-Agonisten.

Die Inhibitoren des Natrium-abhängigen Glucose-Transporters 2 (SGLT-2) und Agonisten am Glucagon-like-Peptide-1 (GLP-1) erweiterten als erste Antidiabetika den Fokus vom Blutglucosespiegel beim Typ-2-Diabetiker auf Organ-Endpunkte: Sie reduzieren das Risiko von Herz- und Nierenerkrankungen. Ungeklärt ist, ob beide Klassen kombiniert werden sollen: Die unterschiedlichen Wirkpfade lassen auf additive Effekte hoffen. Die Herz- und Nierenstudien mit beiden Wirkstoffgruppen liefen aber ungefähr zur selben Zeit, weshalb vergleichende Daten fehlen.

Pharmakologie Refresh

SGLT-2-Inhibitoren (Gliflozine) hemmen die Glucose-Rückresorption im proximalen Tubulus in der Niere und fördern die Glucose-Ausscheidung mit dem Harn.

GLP-1-Rezeptor-Agonisten (Glutide) ahmen die Wirkung des Inkretins GLP-1 nach. Sie stimulieren glucoseabhängig die Insulin-Sekretion, senken die Glucagon-Konzentration, verlangsamen die Magenentleerung, reduzieren den Appetit, erhöhen die Insulin-Sensitivität und fördern den Energieumsatz.

Das SMART-Konsortium (SGLT-2 Inhibitor Meta-Analysis Cardio-Renal Trialists’ Consortium) hat deshalb alle zwölf großen Interventionsstudien mit den SGLT-2-Inhibitoren in einer Metaanalyse zusammengefasst, um die Wirksamkeit und Sicherheit der Gli­flozine in Abhängigkeit von parallel verwendeten GLP-1-Agonisten zu betrachten [1]. Die Autoren beschränkten sich auf die 73.238 Diabetiker in den Studien, wovon ein kleiner Teil (3065, 4,2%) parallel GLP-1-Agonisten anwendete.

Prüfung auf Herz …

Ob allerdings ein GLP-1-Agonist genutzt wurde oder nicht, beeinflusste die Wirksamkeit der SLGT-2-Inhibitoren nicht: Die Wahrscheinlichkeit für schwerwiegende kardiovaskuläre Ereignisse wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und assoziierte Todesfälle wurde durch die SLGT-2-Inhibitoren um 11% reduziert (Hazard Ratio [HR] = 0,89; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,85 bis 0,94), egal ob die Teilnehmer einen GLP-1-Agonisten anwendeten (HR = 0,81; 95%-KI = 0,63 bis 1,03) oder nicht (HR = 0,90; 95%-KI = 0,86 bis 0,94, p = 0,31). Konsistente Risikoreduktionen für eine Hospitalisierung und kardiovaskulär bedingte Todesfälle bestätigen die Ergebnisse (mit GLP-1-Agonist: HR = 0,76; 95%-KI = 0,57 bis 1,01; ohne: HR = 0,78; 95%-KI = 0,74 bis 0,82; p = 0,90).

… und Nieren

Erwartungsgemäß reduzierten die SGLT-2-Inhibitoren das Risiko für das Fortschreiten einer Nierenerkrankung um 33% (HR = 0,67; 95%-KI = 0,62 bis 0,72). Eine Verordnung von GLP-1-Agonisten änderte daran nichts (mit GLP-1-Agonist: HR = 0,65; 95%-KI = 0,46 bis 0,94; ohne: HR = 0,67; 95%-KI = 0,62 bis 0,72; p = 0,81). Da nur bei wenigen Anwendern von GLP-1-Agonisten Nierenerkrankungen auftraten, betrachteten die Wissenschaftler zusätzlich die geschätzte glomeruläre Filtrationsrate (eGFR). Sie fällt mit fortlaufender Erkrankung stetig ab. SGLT-2-Inhibitoren verlangsamten den eGFR-Abfall um 57%. GLP-1-Agonisten als Komedikation machten keinen Unterschied (mit GLP-1-Agonist: 60%; 95%-KI = 45 bis 76; ohne: 57; 95%-KI = 53 bis 60; p = 0,43). Nicht zuletzt unterschied sich die durch die SGLT-2-Inhibitoren reduzierte Gesamtmortalität (HR = 0,89; 95%-KI = 0,84 bis 0,93) nicht durch gleichzeitige Verordnung von GLP-1-Agonisten (mit GLP-1-Agonist: HR = 0,82; 95%-KI = 0,60 bis 1,13; ohne: HR = 0,89; 95%-KI = 0,84 bis 0,94; p = 0,63).

Konsistente Sicherheit

Auch das Nebenwirkungsprofil von SGLT-2-Inhibitoren wurde durch die gleichzeitige Gabe von GLP-1-Agonisten nicht verändert. Das Risiko für schwere unerwünschte Ereignisse blieb gleich, Hypoglykämien traten nicht häufiger auf, auch die Reduktion des Plasmavolumens durch SGLT-2-Inhibitoren war bei Komedikation mit GLP-1-Agonisten vergleichbar.

Kombination sinnvoll

Die Wissenschaftler fassen zusammen, dass die Reduktion der kardiovaskulären Nieren- und Mortalitätsoutcomes mit SGLT-2-Inhibitoren einheitlich seien, unabhängig von einer Komedikation mit GLP-1-Agonisten. Die Daten legten nahe, dass der Nutzen der SGLT-2-Inhibitoren unabhängig von den GLP-1-Agonisten sei, und unterstützten so die Kombination der beiden Wirkstoffklassen. Ob sie wirklich additiv wirken, müsse aber in klinischen Studien gezeigt werden.

Literatur

Apperloo EM et al. Efficacy and safety of SGLT2 inhibitors with and without glucagon-like peptide 1 receptor agonists: a SMART-C collaborative meta-analysis of randomised controlled trials. Lancet Diabetes Endocrinol 2024;12(8):545-557, doi: 10.1016/S2213-8587(24)00155-4


Dr. Tony Daubitz, Apotheker
redaktion@daz.online


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