Landtagswahl

Was erwartet die Apotheken in Brandenburg?

Berlin - 19.09.2024, 17:50 Uhr

Belegen in den Umfragen zur Wahl in Brandenburg die Podiumsplätze: AfD, SPD und CDU. (Foto: Martin Müller)

Belegen in den Umfragen zur Wahl in Brandenburg die Podiumsplätze: AfD, SPD und CDU. (Foto: Martin Müller)


In Brandenburg wird am kommenden Sonntag ein neuer Landtag gewählt. Wie zuvor schon in Sachsen und Thüringen liegt auch hier die AfD laut Umfragen vor. Allerdings sieht es in Brandenburg für die SPD besser aus: Die Partei des regierenden Ministerpräsidenten Dietmar Woidke rangiert an zweiter Stelle. Was den Apotheken in den Wahlprogrammen der Parteien versprochen wird, hat sich die DAZ genauer angeschaut und zusammengetragen.

Aktuelle Wahlumfragen (Stand: 17.09.) prognostizieren einen Wahlsieg der AfD in Brandenburg. Sie liegt derzeit bei knapp 28 Prozent. Die SPD kann mit 25 Prozent Platz zwei belegen – bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen mussten die Sozialdemokraten zunächst um den Wiedereinzug ins Landesparlament bangen, lagen dann jedoch knapp über der Fünf-Prozent-Hürde. Die CDU wird in Brandenburg voraussichtlich drittstärkste Kraft mit 16 Prozent, dicht gefolgt vom BSW mit 14 Prozent der Stimmen. Bündnis 90/Die Grünen (5 Prozent), die Freien Wähler (4 Prozent) sowie die Partei Die Linke (3 Prozent) müssen um den Wiedereinzug bangen. Die FDP liegt derzeit in den Umfragen knapp einem Prozent.

Damit dürfte die Regierungsbildung in Brandenburg vermutlich etwas einfacher werden als in Sachsen und Thüringen. Die aktuelle rot-schwarz-grüne Koalition könnte laut den aktuellen Umfragen bestehen bleiben, wenn die Grünen mindestens ein Mandat erhalten – sie bewegen sich derzeit nah an der Fünf-Prozent-Hürde. Zusammen müssten SPD, CDU und die Grünen 45 der 88 Sitze des Landtags für eine absolute Mehrheit besetzen. CDU und SPD würden nach aktuellem Stand zwei Mandate im Landtag fehlen, um eine große Koalition zu bilden. 

Die Alternative wäre eine Koalition aus SPD, CDU und BSW, die laut den aktuellen Umfragen 58 Sitze besetzen würden – schließlich gibt es, anders als gegenüber der Linkspartei und der AfD keinen Unvereinbarkeitsbeschluss der CDU gegenüber dem BSW. Die AfD könnte rechnerisch in verschiedenen Konstellationen eine Mehrheitskoalition bilden – praktisch ist dies durch die Unvereinbarkeitserklärungen von SPD, CDU, BSW und Grünen zunächst ausgeschlossen.

Gesundheitspolitik der Parteien in Brandenburg

Aufgrund der knappen Mehrheitsverhältnisse sollten diejenigen, die noch unentschlossen sind einen Blick in die Programme der relevanten Parteien werfen. Was die Wahlprogramme für die Gesundheitsversorgung und speziell die Apotheken verheißen, hat die DAZ nachverfolgt. Gibt es überhaupt konkrete Aussagen zu Apotheken? Und greift eine der Parteien die langjährige Forderung der brandenburgischen Apothekerschaft auf, endlich einen Pharmaziestudiengang im Land zu etablieren?

Im Folgenden haben wir die Parteien gemäß ihrer zu erwartenden Stimmanteile priorisiert. Die FDP bleibt außen vor, da sie weder im aktuellen Landtag präsent ist noch eine reale Chance auf den Wiedereinzug hat.

AfD

Die AfD will die „Gesundheitswirtschaft als wichtigen Motor für die Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Brandenburg stärken uns zukunftssicher gestalten“, heißt es. Auch die Apotheken werden in diesem Zusammenhang erwähnt. Zudem will die AfD gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln vorgehen. Sie sieht dabei eine „gefährliche Abhängigkeit vom Nicht-EU-Ausland, insbesondere von China und Indien.“ Zudem seien ein gestiegener Kostendruck sowie die Rabattverträge der Krankenkassen für die Lieferengpässe verantwortlich.

Die Digitalisierung des Gesundheitssystems begrüßt die AfD ausdrücklich – wenngleich sie hierbei die Apotheken nicht ausdrücklich erwähnt: „Im Einsatz von Telemedizin sehen wir große Chancen gerader die Ergänzung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum.“ Dafür müsse jedoch die Breitbandinternetstruktur ausgebaut werden, fordert die AfD.

SPD

Die „Gesundheitsregion Berlin-Brandenburg“ soll stärker vernetzt werden. Auch die Sozialdemokraten setzen auf „innovative Lösungen“ durch die Digitalisierung, wie die „Telemedizin“ und die „elektronische Gesundheitskarte“. Ausländische Fachkräfte will die SPD durch vereinfachte Anerkennungen schneller ins Gesundheitssystem integrieren. Es sollen zusätzliche Anreize gesetzt werden, um „Apothekerinnen und Apotheker für die ländlichen Regionen zu gewinnen“, heißt es im Programm. Was das genau bedeuten soll, bleibt unklar.

CDU

In den ländlichen Regionen Brandenburgs will die CDU „die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern und ambulanten Strukturen wie Allgemeinmediziner und Apotheken noch besser koordinieren.“ Prävention, Gesundheitskompetenz und Pflege müssten stärker zusammengedacht werden. „E-Health und Telemedizin“ will auch die CDU weiter ausbauen. Gesundheitsberufe wie Medizinische Fachangestellte und PTA sollen in der Öffentlichkeit stärker gewürdigt werden, um ihre Attraktivität zu steigern. In allgemeinbildenden Schulen sollen junge Menschen zukünftig verstärkt für die Gesundheitsberufe „begeistert“ werden.

BSW

Gegen eine „Zweiklassenmedizin“ aus privat und gesetzlich Versicherten will sich das BSW stark machen. Zudem will der neu gegründete Landesverband gegen die Kommerzialisierung von Gesundheitsdienstleistungen vorgehen: „Gewinne aus dem Betrieb medizinischer Einrichtungen müssen in die Gesundheitsversorgung reinvestiert werden.“ Durch die „Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse“ will das BSW die Attraktivität für Gesundheitsberufe in ländlichen Regionen fördern. 

Auch die Digitalisierung des Gesundheitssystems wird in den Fokus gerückt. Zur bevorstehenden Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA für alle) heißt es, diese könne Arztpraxen „von überflüssiger Bürokratie“ entlasten. Allerdings müsse sichergestellt werden, dass private Versicherungsunternehmen keinen Zugriff auf die Versichertendaten aus der ePA erhalten: „Die elektronische Patientenakte darf nicht zum gläsernen Patienten führen.“ Es dürfe nicht dazu kommen, dass Bürgerinnen und Bürger Nachteile beim Abschluss von Versicherungsverträgen oder im Berufsleben dadurch befürchten müssen.

Für eine zuverlässige Arzneimittelversorgung will das BSW ein „Frühwarnsystem“ einrichten. Zudem soll die Lagerhaltung bei den Großhändlern erweitert und den Ausbau der heimischen Pharmaproduktion vorangetrieben werden.

Bündnis 90 / Die Grünen

Die Digitalisierung im Gesundheitssystem wollen die Grünen „massiv vorantreiben“ um die Versorgung in ländlichen Regionen zu verbessern. Ärzte und Pflegekräfte stehen im Fokus ihres Programms. Apotheken und Arzneimittelversorgung sind hier nicht präsent.

Freie Wähler

Bei den Freien Wählern (BVB) nehmen gesundheitspolitische Themen deutlich weniger Raum ein als bei den anderen Parteien. Immerhin hat es die Forderung zur Schaffung eines Pharmaziestudiengangs in Cottbus in ihr Programm geschafft – bisher existiert in Brandenburg kein Standort dafür.

Die Linke

Für den Ausbau der „sektorenübergreifenden Versorgung“ setzt sich die Partei die Linke in Brandenburg ein. Sie fordert bessere Arbeitsbedingungen und höhere Löhne für die Angehörigen der Gesundheitsberufe. Zudem fordert die Linke eine gleichwertige Versorgung und will dafür eine „solidarische Gesundheits- und Pflegeversicherung für alle“ einführen.

Apotheken kaum im Fokus

Unterm Strich sind die Apotheken und ihre Problemlagen in den gesundheitspolitischen Abschnitten der Wahlprogramme in Brandenburg kaum präsent. Keine der Parteien macht sich ausdrücklich für Erhöhung des Apothekenhonorars stark, geschweige denn für Maßnahmen zum Erhalt der Apotheken vor Ort. Lediglich beim befürworteten Ausbau der sektorenübergreifenden Versorgung finden die Apotheken einen Platz in manchen Wahlprogrammen. Abgesehen von den Freien Wählern hat keine der Parteien in Brandenburg die Schaffung eines dringend notwendigen Pharmazie-Studienortes im Wahlprogramm verankert. 

Dennoch sollten auch die Apothekerinnen und Apotheker in Brandenburg ihr Wahlrecht gebrauchen. Schließlich gilt auch diese Wahl als richtungsweisend für die kommende Bundestagswahl.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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