BPhD-Kolumne

Warum man Pharmazie studieren sollte

30.09.2024, 10:45 Uhr

BPhD-Generalsekretärin Anna Gommlich. (Foto: BPhD)

BPhD-Generalsekretärin Anna Gommlich. (Foto: BPhD)


Das Studium der Pharmazie ist beschwerlich und in seiner aktuellen Ausführung alles andere als perfekt. Die BPhD-Generalsekretärin Anna Gommlich erklärt, warum es sich dennoch lohnt.

Dass das Pharmaziestudium sehr zeitintensiv und anspruchsvoll ist, wagt wohl kaum jemand zu bezweifeln, der*die dieses Fach studiert hat. Ungefähr ein Drittel aller Studienanfänger*innen brechen das Studium ab. Etwa die Hälfte aller Pharmaziestudierenden absolvieren dieses nicht innerhalb der Regelstudienzeit und viele berichten von einer zu hohen Arbeitsbelastung. Warum also Pharmazie studieren? Warum sollte dieses Fach ein schönes Studium sein? Wir kritisieren das Studium häufig und stehen auch weiterhin zu dieser Kritik. Dennoch gibt es nach wie vor jedes Jahr 2000 bis 2500 Studierende,1 die das Studium erfolgreich abschließen und auch immer wieder Personen, die sich nicht nur kritisch, sondern auch konstruktiv äußern, um dieses Studium langfristig aktiv zu verbessern. Was macht dieses Studium all die Mühen wert?

Das Studium als Allround-Paket

Im Studium wird eine unglaubliche Bandbreite an naturwissenschaftlichem Wissen vermittelt. Kaum ein Studium ist so interdisziplinär und vielseitig ausgerichtet wie das der Pharmazie. Es werden immens viele Inhalte vermittelt und die Ausbildung hat eine hohe Qualität. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass es nach dem Grundstudium mit etwas Arbeit durchaus möglich ist, in einem Chemie Bachelor und sogar in einigen Masterkursen mitzuhalten und Klausuren und Praktika erfolgreich abzuschließen. 

Dazu kommt ein sehr hoher Praxisanteil. Ca. 45 Prozent der Zeit im Studium verbringen Pharmaziestudierende im Labor.2 Sicherlich sind die vielen Laborpraktika sehr anstrengend, sie geben aber auch die Möglichkeit tatsächlich, anwendungsbereites Wissen zu erwerben. Egal wie viel über Physiologie, Synthese, Arzneibuchanalytik und Galenik im Hörsaal vermittelt wird, so richtig durchführen und verstehen können die meisten Studierenden das Gelernte erst im oder nach dem Praktikum. 

Nicht nur schafft die viele Praxis eine Abwechslung zur trockenen Theorie, die Studierenden lernen auch in welchen Punkten sich Theorie und Praxis unterscheiden. Auch wenn Dinge wie Kommunikation mit Patient*innen, tatsächliche interprofessionelle Zusammenarbeit oder wissenschaftliches Arbeiten im Studium deutlich zu kurz kommen, so erhält man dennoch eine sehr hochwertige und unglaublich breit gefächerte Ausbildung.

Von Studierenden für Studierende

Einer der wichtigsten Punkte, die dieses Studium zu dem machen, was es ist, sind die Mitstudierenden. Die gegenseitige Unterstützung ist groß. Sei es im Labor, wenn ein Glasgerät fehlt, in Lerngruppen vor einer Klausur, beim Schreiben von Zusammenfassungen, bei Erklärungen, wenn man etwas nicht verstanden hat oder auch einfach nur die Unterstützung, wenn mal wieder alles zu viel ist. In jedem Studium finden sich Freundschaften fürs Leben. Wenn man vier Wochen lang zehn Stunden am Stück Labor hat und danach noch drei bis vier Stunden in die Bibliothek geht und zusammen einen Abzug hat brennen sehen, ist das noch einmal eine andere Ebene von Verbundenheit.

Außerdem ist die Studierendenschaft der Pharmazie infrastrukturell so gut aufgestellt wie kaum ein anderes Studienfach. Es beginnt bei den Fachschaftsräten, die an den einzelnen Standorten für die Studierenden einstehen und geht weiter mit der nationalen und den internationalen Interessensvertretungen. Verbände wie der BPhD bieten unglaublich viele Möglichkeiten, sich zu vernetzen und fortzubilden. Von nationalen Veranstaltungen, Ratgebern und Leitfäden über internationale Angebote und Ausbildungen ist alles dabei. Unter den Pharmaziestudierenden bestehen eine hervorragende Vernetzung und ein guter Zusammenhalt, die das Studienleben sehr bereichern.

Eine Profession mit Sinn

Einer der wohl wichtigsten Gründe sich für ein Pharmaziestudium zu entscheiden, ist der Sinn dieses Studiums. Egal für welchen der vielen Berufszweige sich Studierende nach ihrem Abschluss entscheiden, in jedem dieser Felder gibt es die Möglichkeit einen sinnvollen Beitrag zur Gesellschaft und zum Gesundheitssystem zu leisten. Die ca. 76 bis 78 Prozent der Pharmazeut*innen, die in den öffentlichen Apotheken arbeiten, leisten einen unglaublich wertvollen Beitrag zum Gesundheitssystem und tragen zur flächendeckenden Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln bei.1;3 Egal, ob in der Forschung, der Lehre, der Industrie, der Klinik oder der öffentlichen Apotheke. Überall hat die Arbeit einen Einfluss auf Menschen und deren Gesundheit. Eine einfache Beratung, eine gute Lehreinheit, korrekte Arbeit in der Produktion und vieles mehr können einen großen Einfluss auf die Gesundheit einzelner Personen haben. Die Arbeit als Pharmazeut*in hat einen Sinn und das führt auch statistisch gesehen zu einer höheren persönlichen Lebensqualität und größerer Leistungsfähigkeit sowie größerer Zufriedenheit im Beruf .4 Als Pharmazeut*in bekommt man tagtäglich die Möglichkeit, Menschen zu helfen und dies ist eine Konstante, die sich auch mit dem sich wandelnden Berufsbild halten wird.

Was gut ist, kann noch besser werden

Das Pharmaziestudium ist in seiner jetzigen Ausführung alles andere als perfekt. Nach einer Weile im Studium ist es schwer, noch genauso für dieses Fach zu brennen wie in den ersten Semestern. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, die Wichtigkeit dieses Fachgebietes zu erkennen. So anstrengend dieses Studium auch ist, so relevant und sinnvoll ist es auch für die Gesellschaft und die flächendeckende Gesundheitsversorgung. Es vermittelt vielseitig interessierten jungen Menschen eine unglaubliche Bandbreite und Menge an Wissen. Und nur weil es jetzt noch nicht perfekt ist, heißt es nicht, dass es das nicht noch werden kann. Wir haben es in der Hand, diese Profession und deren Ausbildung weiterzuentwickeln und aus dem Studium nicht nur etwas zu machen, was man studieren sollte, sondern etwas, das man auch nach acht Semestern noch studieren kann und möchte. Ein Studium, das man guten Gewissens weiterempfehlen würde, ohne gedanklich zwischen zwei Stühlen zu stehen.

 

Quellen:

 

[1] https://www.abda.de/aktuelles-und-presse/publikationen/detail/die-apotheke-zahlen-daten-fakten-2024/

[2] https://www.bio.uni-jena.de/15334/studienaufbau

[3] https://www.pharma4u.de/praktikanten/infos/zahlen-und-fakten/

[4] Kiebbaum Purpose Studie 2022

iga Report 2023

https://www.zeit.de/arbeit/2019-03/zufriedenheit-job-arbeitsplatz-sinn-motivation-identifikation?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.com%2F


Anna Gommlich, BPhD-Generalsekretärin


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1 Kommentar

Ja, die Pharmazeut:innen ...

von Reinhard Herzog am 30.09.2024 um 14:12 Uhr

Pharmazeuten - die "naturwissenschaftlichen Universaldilettanten" schlechthin ;-)

Dieses alte Bonmot gilt nach wie vor.
Tatsächlich ist kein naturwissenschaftliches Studium so breit angelegt, sodass nach wie vor enorm viele Betätigungsfelder offen stehen. Allerdings heute mit der noch viel tiefergehenden Erfordernis der Spezialisierung und steten Weiterbildung, wenn man wirklich vorne dabei sein will.

Rechts und links sind aber eine Reihe von ebenfalls attraktiven Konkurrenzstudiengängen mit sehr guten Berufsaussichten entstanden, die zwar nicht in die Apotheke, sehr wohl aber in die Industrie und angeschlossene Dienstleister führen: Pharmatechnik, Pharmazeutische (Bio-)Technologe, Pharmazeutische Chemie und Biotechnologie, Bioanalytik u.a.m. - oft an Hochschulen für angewandte Wissenschaften, ehemals Fachhochschulen. So ganz einmalig steht die klassische Pharmazie nicht mehr da.

Ob der Beruf überdurchschnittlich zufrieden macht?
Da habe ich gerade bei der Apothekerschaft so meine Zweifel. Ein (aber eher kleinerer) Teil fühlt sich tatsächlich sehr wohl. Viele leiden aber daran, letztlich unter Wert zu arbeiten und irgendwie immer um ihre Existenzberechtigung und Legitimation im Gesundheitswesen kämpfen zu müssen.

Und die Pharmaindustrie - kann sehr spannend und einträglich sein, genauso aber auch gnadenlos. Ein Angestellten-Arbeitsplatz ist im Grunde nichts wert - ruckzuck geratet ihr da zwischen die Mühlen von Fusionen, Übernahmen, gescheiterten Projekten in einer ökonomischen Hochrisiko-Forschung.
Nicht so schön ab einem gewissen Alter ...

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