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Atypische Pneumonien
Welche Antibiotika wirken bei Mykoplasmen?
Betalaktam-Antibiotika, wie Penicilline, versagen bei Mykoplasmen. Makrolide, Tetrazykline, Fluorchinolone wirken, doch eignen sich nicht alle Wirkstoffe für Kinder. Lieferengpässe schränken zudem die Auswahl ein.
Mykoplasmen sind zellwandlose Bakterien. Damit versagen Antibiotika, welche die bakterielle Zellwandsynthese hemmen: alle Betalaktame – Penicilline, Cephalosporine, Carbapeneme oder Monobaktame –, Glykopeptide (Vancomycin) oder Fosfomycin. Mykoplasmen-wirksam sind hingegen Antibiotika, die die Zellteilung blockieren: Makrolide und Tetrazykline hemmen die bakterielle Proteinsynthese, indem sie an die 50S- beziehungsweise 30S-Untereinheit des Ribosoms binden. Sie wirken vorwiegend bakteriostatisch. Fluorchinolone blockieren die bakterielle DNA-Replikation und sind bakterizid.
Diese drei antibiotischen Gruppen – Makrolide, Tetrazykline, Fluorchinolone – empfehlen die US-amerikanischen CDC (Centers for Disease Control and Prevention), wenn Mykoplasmen-Infektionen eine Antibiose erfordern. Die meisten Erkrankungen verlaufen mild und selbstlimitierend.
Erythromycin und Clarithromycin bereits für Säuglinge
Makrolide eignen sich bereits für Säuglinge und Kleinkinder, Clarithromycin dürfen Neugeborene ab Geburt erhalten (vgl. Fachinformation Klacid Saft), für ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene gibt es Clarithromycin in Tablettenform.
Auch Erythromycin (z. B. Infectomycin 200 Saft) dürfen bereits Säuglinge erhalten.
Die Fachinformation zu Azi-TEVA 200 mg/5 ml Pulver zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen nennt Dosierungen für Säuglinge im Alter von einem Jahr beziehungsweise ab 10 kg Körpergewicht. Ab 45 kg Körpergewicht eignen sich Azithromycintabletten (250 mg oder 500 mg).
Roxythromycin – in Deutschland nur als Tabletten im Handel – eignet sich ebenfalls erst für Kinder oder Jugendliche ab 40 kg Körpergewicht. Alle vier Makrolide sind zugelassen bei Pneumonien, insbesondere, wenn diese durch atypische Erreger, wie Mykoplasmen, verursacht werden.
Problematisch bei Makroliden könnten Resistenzen sein. Laut den CDC sind weltweit 28 Prozent der Mykoplasmen resistent gegen Makrolidantibiotika, wobei diese Werte stark variieren – hohe Resistenzraten gibt es in China (80 Prozent) und Japan (mehr als 50 Prozent), in Europa liegt diese durchschnittlich bei 5 Prozent (Italien 20 Prozent).
Doxycyclin und Minocyclin erst ab acht Jahren
Für ältere Kinder und Erwachsene erweitern sich die Behandlungsoptionen bei Mykoplasmen: Das Tetrazyklin Doxycyclin ist zugelassen ab zwölf Jahren, jüngere Kinder – zwischen acht und zwölf Jahren – dürfen Doxycyclin dann einnehmen, wenn andere Arzneimittel nicht verfügbar, wahrscheinlich unwirksam oder kontraindiziert sind. Grund sind irreversible Zahnverfärbungen, wenn unter Achtjährige Doxycyclin anwenden. Auch Minocyclin, bekannt aus der Aknetherapie, darf aus diesen Gründen erst ab acht Jahren verordnet werden. Es ist wie Doxycyclin zugelassen bei Infektionen der Atemwege, wenn Mykoplasmen ursächlich sind.
Cipro-, Levo- und Moxifloxacin als Reserve
Fluorchinolone wirken ebenfalls gegen Mykoplasmen-Pneumonien. Sie sind bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren in der Wachstumsphase aufgrund möglicher unerwünschter Wirkungen auf Gelenke und/oder gelenknaher Gewebe kontraindiziert. Ciprofloxacin (z. B. Ciprobay) darf nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung bei schweren Infektionen auch Kindern verabreicht werden – Pseudomonas-aeruginosa-Infektionen bei zystischer Fibrose oder komplizierte Harnwegsinfektionen, akute Pyelonephritis oder nach Inhalation von Milzbranderregern.
Wichtig ist: Ciprofloxacin, Levofloxacin, Moxifloxacin oder Ofloxacin wirken zwar bei ambulant erworbenen Pneumonien, wenn Mykoplasmen beteiligt sind, allerdings sollten Ärzt:innen Fluorchinolone nicht als Mittel der Wahl in dieser Indikation verordnen. Diese Antibiotika sind bei ambulant erworbenen Pneumonien nur dann indiziert, wenn andere primär empfohlenen Antibiotika sich nicht eignen oder nicht verfügbar sind. Letzteres könnte durch Engpässe, beispielsweise bei Doxycyclin durchaus relevant werden.
Auf Hygiene achten
Regelmäßiges Händewaschen sowie Husten und Niesen in die Armbeuge helfen, die Verbreitung der Bakterien einzudämmen.
Derzeit kommt es verstärkt zu Mykoplasmen-Infektionen, genaue Zahlen für Deutschland gibt es nicht, da Mykoplasmen außer in Sachsen nicht meldepflichtig sind.
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