Gegenäußerung zu Länder-Stellungnahme

Bundesregierung hält an Dispensierrecht für Notärzte fest

Berlin - 04.10.2024, 12:15 Uhr

(Foto: IMAGO/Rust)

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Die Bundesregierung lässt sich bei der Notfallreform nicht auf wesentliche Änderungen ein. Sie stimmt keinem der Nachbesserungsvorschläge des Bundesrats zu – auch auf das begrenzte Dispensierrecht von Notärzten will sie nicht verzichten. Einige Punkte sollen aber geprüft werden.

Die Bundesregierung ist überzeugt: Ihr Gesetzentwurf zur Reform der Notfallversorgung wird die Akut- und Notfallversorgung verbessern und zu einer gezielteren Patientinnen- und Patientensteuerung führen. Unter anderem sollen Integrierte Notfallzentren (INZ) als sektorenübergreifende Notfallversorgungsstrukturen etabliert werden.

Für die Apotheken ist vor allem relevant, dass ein neuer Versorgungsvertrag (§ 12b Apothekengesetz - neu) geschaffen werden soll. Er soll die Versorgung der INZ mit Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukte sicherstellen. Zu schließen sind die Verträge mit Apotheken, die in unmittelbarer Nähe zur Notdienstpraxis des INZ liegen. Ist das nicht möglich, hat die Vertrags-Apotheke eine zweite Offizin mit Lagerräumen am Standort der Notdienstpraxis zu betreiben. Für den Fall, dass kein Versorgungsvertrag geschlossen ist, sollen die Notarztpraxen ein begrenztes Dispensierrecht haben.

Der Bundesrat hatte Ende September eine Stellungnahme mit verschiedenen Änderungsvorschlägen zu dem Gesetzentwurf der Regierung beschlossen. Zu dieser hat am vergangenen Mittwoch das Bundeskabinett eine Gegenäußerung abgenickt. Darin heißt es zunächst rigoros: „Die Bundesregierung stimmt keinem Vorschlag des Bundesrates zu“. Aber es gibt immerhin einige Vorschläge, die sie bereit ist, zu prüfen. 

Dispensierrecht nur eingeschränkt und übergangsweise

Nicht einmal prüfenswert ist der Regierung allerdings das geplante Dispensierrecht für Notärzte. Dieses lehnen die Länder ab: Sie schließen sich der Kritik aus der Apothekerschaft an und verweisen darauf, dass es bereits ein etabliertes und funktionsfähiges Apothekennotdienstsystem gebe. 

Doch die Regierung will davon nichts wissen. Sie betont, dass diese Ausnahme lediglich eingeschränkt und übergangsweise gelten soll: Nämlich nur während der Öffnungszeiten der Notdienstpraxis und für den akuten Bedarf – „etwa zum sofortigen Einleiten einer Antibiotika- oder Schmerztherapie“ sowie nur solange noch kein Versorgungsvertrag mit einer notdienstpraxisversorgenden Apotheke geschlossen ist – und zu letzterem sind die Integrierten Notfallzentren verpflichtet.

Auch den Vorschlag des Bunderats für eine gesonderte Erlaubnispflicht für den Betrieb einer zweiten Offizin mit einer notdienstversorgenden Apotheke lehnt die Bundesregierung ab. „Eine solche zweite Offizin ist Teil der Betriebsräume der Apotheke und somit in die Apothekenbetriebserlaubnis einzubeziehen“.

Ebenso hält die Regierung die von den Ländern geforderte behördliche Genehmigungspflicht der neuen Versorgungsverträge für unnötig. Durch die Verpflichtung zur Vorlage des Vertrags erhalte die zuständige Behörde rechtzeitig Kenntnis über die Versorgungsabsicht.

Wird geprüft: Herstellungsfragen, Teilnotdienste, Anwesenheitspflichten

Hingegen will die Regierung prüfen, ob es nötig ist, klarzustellen, dass in den Räumlichkeiten der zweiten Offizin keine Herstellungstätigkeiten durchgeführt werden dürfen. Von vornherein ausschließen will sie solche Tätigkeiten nicht – es muss aber einen geeigneten Arbeitsplatz nach den Vorgaben der Apothekenbetriebsordnung geben.

Prüfen will die Regierung überdies den Vorschlag, eine Vergütung von Teilnotdiensten von Apotheken einzuführen. Das gleiche gilt für die Empfehlung, in der Apothekenbetriebsordnung klarzustellen, dass es auch in der zweiten Offizin einer notdienstpraxisversorgenden Apotheke eine Anwesenheitspflicht für Apotheker*innen bzw. vertretungsberechtigtes Personal geben muss.

Damit kann die Notfallreform nun ins parlamentarische Verfahren starten. Für kommenden Mittwoch, den 9. Oktober ist die erste Lesung im Bundestag angesetzt.


Kirsten Sucker-Sket
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

übrig bleiben Nasenspray und Exoten.

von Kleiner Apotheker am 04.10.2024 um 12:56 Uhr

und in der Durchschnitts-Apotheke verfallen dann die Antiobiotika, weil noch schwerer zu Planen. Oder eben nicht mehr ausreichend an Lager. Das klingt doch super.
Einseitige Lieferverträge bei Rabatt-Arzneimittel klappen ja auch wunderbar.

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