Rote-Hand-Brief

Auch bei Medroxyprogesteronacetat an Meningeom-Risiko denken!

09.10.2024, 15:00 Uhr

Bei injizierbaren Formulierungen und Darreichungsformen zum Einnehmen mit ≥ 100 mg gilt für Medroxyprogesteronacetat ein erhöhtes Meningeom-Risiko. (Symbolfoto: Semi/AdobeStock)

Bei injizierbaren Formulierungen und Darreichungsformen zum Einnehmen mit ≥ 100 mg gilt für Medroxyprogesteronacetat ein erhöhtes Meningeom-Risiko. (Symbolfoto: Semi/AdobeStock)


Ein Meningeom ist ein seltener, meist gutartiger Tumor – seine Lage kann jedoch zu schwerwiegenden Folgen führen und eine (intrakraniale) Operation erfordern. Neben hochdosierten Cyproteronacetat und Präparaten, die Chlormadinon und Nomegestrol enthalten, wird nun auch für Medroxyprogesteronacetat vor einem erhöhten Meningeom-Risiko gewarnt.

Bereits 2018 war die Anwendung von Cyproteronacetat wegen der möglichen Entstehung von Meningeomen eingeschränkt worden. Im September 2022 kam der Humanarzneimittelausschuss (CHMP) der EMA zu dem Schluss, dass auch hochdosierte Präparate, welche die Gestagene Chlormadinon und Nomegestrol enthalten, nur noch so niedrig dosiert und kurz wie möglich eingenommen werden sollten, weil sie ebenfalls das Risiko für Meningeome erhöhen.

Jetzt warnt ein Rote-Hand-Brief zusätzlich vor einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines Meningeoms bei hohen Dosen von Medroxyprogesteronacetat

Wie das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert, betrifft diese Warnung „alle injizierbaren Formulierungen und Darreichungsformen zum Einnehmen mit ≥ 100 mg, hauptsächlich nach längerer Anwendung (mehrere Jahre)“, konkret sind das:

  • von Pfizer Pharma GmbH, axicorp Pharma GmbH, kohlpharma GmbH und EMRA-Med Arzneimittel GmbH zur Empfängnisverhütung:
    • Depo-Clinovir 150 mg Injektionssuspension (auch von EurimPharm Arzneimittel GmbH)
    • SAYANA 104 mg/0,65 ml Injektionssuspension (auch von European Pharma B.V.)
  • von der Hexal AG bei hormonabhängigen metastasierendem Mammakarzinom oder fortgeschrittenem Endometriumkarzinom:
    • MPA 250 mg HEXAL Tabletten
    • MPA 500 mg HEXAL Tabletten
  • Von EurimPharm Arzneimittel GmbH zur Empfängnisverhütung: 
    Depo-Clinovir 150 mg/ml Fertigspritze mit Injektionssuspension
  • Von Abascus Medicine zur Empfängnisverhütung: 
    Depo-Clinovir 150 mg Injektionssuspension i.e. Fertigspritze

Nicht betroffen sind damit niedrig dosierte Präparate wie Indivina von der Orion Pharma GmbH oder MPA GYN 5 mg Tabletten von der Hexal AG.

Anzeichen und Symptome eines Meningeoms 

Patientinnen, die mit hochdosiertem Medroxyprogesteronacetat behandelt werden, sollen auf Anzeichen und Symptome eines Meningeoms überwacht werden. Diese können unspezifisch sein und umfassen:

  • Sehveränderungen,
  • Hörverlust oder Ohrensausen,
  • Geruchsverlust,
  • sich mit der Zeit verschlimmernde Kopfschmerzen,
  • Gedächtnisverlust,
  • Krampfanfälle oder
  • Schwäche der Extremitäten.

Bei Diagnose muss die Behandlung mit Medroxyprogesteronacetat bei nicht-onkologischen Indikationen abgebrochen werden.

Zudem dürfen Patientinnen mit Meningeom oder einem Meningeom in der Vorgeschichte zur Empfängnisverhütung oder bei nicht-onkologischen Indikationen kein hochdosiertes Medroxyprogesteronacetat erhalten. 

Bei onkologischen Indikationen müssen Nutzen und Risiken individuell abgewogen werden.

Neue Kontraindikation für Dydrogesteron-Kombi

Arzneimittel, die die Wirkstoffkombination Estradiol plus Dydrogesteron enthalten, müssen nach einem aktuellen Beschluss des Pharmakovigilanzausschusses der Europäischen Arzneimittel-Agentur (PRAC) in Zukunft in den Produktinformationen ein bestehendes Meningeom oder ein Meningeom in der Vorgeschichte als Kontraindikation aufführen. Hintergrund sind Hinweise auf einen kausalen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Dydrogesteron und dem Auftreten oder der Vergrößerung von Meningeomen (Tumore der Hirnhäute). Dydrogesteron-haltige Monopräparate enthalten die Kontraindikation bereits, in den Kombinations­präparaten ist eine ähnlich hohe Dosis enthalten. Eingesetzt wird die Wirkstoffkombination zur Hormonersatztherapie bei postmenopausalen Frauen.


Deutsche Apotheker Zeitung
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