Noch ein ultralang wirksames Insulin?

Efsitora alfa als zweites Wocheninsulin in der Pipeline

21.10.2024, 16:45 Uhr

Insulin efsitora alfa wird nur einmal in der Woche subkutan injiziert. (Foto: hunna/AdobeStock)

Insulin efsitora alfa wird nur einmal in der Woche subkutan injiziert. (Foto: hunna/AdobeStock)


Seit September ist das erste Ultra-Langzeitinsulin icodec (Awiqli) der Firma Novo Nordisk im Handel, das nur einmal wöchentlich appliziert werden muss. Kaum ist es auf dem Markt erhältlich, könnte es auch schon Konkurrenz bekommen. So befindet sich das Wocheninsulin efsitora alfa der Firma Lilly im Phase-III-Studienprogramm. Die kürzlich veröffentlichten Ergebnisse sind vielversprechend.

Insulin efsitora alfa ist ein neues Basalinsulin für eine einmal wöchentliche Applikation. Das Fusionsprotein kombiniert eine Insulin-Kette, die an mehreren Stellen modifiziert wurde, mit der Fc-Region eines menschlichen IgG2-Antikörpers. Dadurch besitzt Insulin efsitora alfa ein flaches pharmakokinetisches Profil und eine lange Halbwertszeit. 

Im Rahmen des umfangreichen Phase-III-Studien­programms QWINT (once-weekly [QW] insulin therapy), welches fünf randomisierte klinische Studien umfasst, wird die Wirksamkeit und Sicherheit von Insulin efsitora alfa an Typ-1- und Typ-2-Diabetikern untersucht (s. Kasten „Veränderung des HbA1c-Wertes im Fokus“). 

Die Ergebnisse der QWINT-2-Studie wurden kürzlich im New England Journal of Medicine publiziert und im Rahmen der diesjährigen Jahres­tagung der European Association for the Study of Diabetes (EASD) in Madrid vorgestellt [1 – 3].

Efsitora alfa versus Degludec

In der unverblindeten Nichtunterlegenheitsstudie QWINT-2 wurden die Wirksamkeit und Sicherheit von Insulin efsitora alfa im Vergleich zum verabreichten Basalinsulin degludec an erwachsenen Typ-2-Diabetikern ohne vorherige Insulin-Therapie untersucht. Insgesamt wurden 928 Teilnehmer randomisiert – 466 in die Efsitora-Gruppe und 462 in die Degludec-Gruppe. Zu den Einschlusskriterien gehörten unter anderem ein HbA1c-Wert zwischen 7,0 und 10,5%, ein Body-Mass-Index (BMI) von maximal 45 kg/m2 sowie eine mindestens dreimonatige stabile Behandlung mit bis zu drei oralen Antidiabetika. Am häufigsten wurde Metformin eingenommen (von 779 Teilnehmern, 83,9%), gefolgt von Glucagon-like-Peptide-1(GLP-1)-Rezeptor-Agonisten, die von 464 Teilnehmern (50,0%) verwendet wurden.

Insulin efsitora alfa versus Insulin icodec

Als erstes Wocheninsulin erhielt Insulin icodec im Mai diesen Jahres die EU-Zulassung, seit September ist es unter dem Handelsnamen Awiqli® in Deutschland erhältlich. Im Vergleich zum Insulin efsitora alfa wurde hier die lange Halbwertszeit durch den Austausch von drei Aminosäuren am Insulin-Molekül und dem Anhängen einer C20-Fettsäurekette erzielt, die eine stärkere Bindung an Albumin ermöglicht und den Abbau verzögert. Auch hier wurde in einem umfangreichen Studienprogramm (ONWARDS) die Nichtunterlegenheit von Insulin icodec im Vergleich zu herkömmlichen Basal­insulinen gezeigt. Das Hypoglykämie-Risiko war bei Typ-1-Diabetikern im Vergleich zu Insulin degludec höher - daher sollten Typ-1-Diabetiker nur mit Insulin icodec therapiert werden, wenn ein eindeutiger Nutzen von einer wöchentlichen Dosierung erwartet wird. Insulin efsitora alfa befindet sich noch in der Pipeline, die ersten positiven Studienergebnisse liegen vor. Ein direkter Vergleich zwischen den beiden Wocheninsulinen ist aktuell nicht möglich, da Vergleichsstudien fehlen [1, 4, 5].

Nichtunterlegenheit gezeigt

Insulin efsitora alfa erwies sich im Hinblick auf die Veränderung des HbA1c-Wertes vom Ausgangswert der Teilnehmer bis zur 52. Woche als nicht unterlegen gegenüber Insulin degludec. In der Efsitora-Gruppe sank der mittlere HbA1c-Wert von 8,21% auf 6,97%, während er in der Degludec-Gruppe von 8,24% auf 7,05% fiel. Die Differenz zwischen beiden Gruppen lag bei -0,09 Prozentpunkten (95%-Konfidenzintervall [KI] = -0,22 bis 0,04), womit die Nichtunterlegenheitsgrenze von 0,4 Prozentpunkten nicht unterschritten wurde. Somit wurde der primäre Endpunkt der Studie erreicht.

Außerdem konnte gezeigt werden, dass der Anteil der Zeit, in dem der Glucosewert zwischen Woche 48 und 52 im Zielbereich von 70 bis 180 mg/dl lag, in der Efsitora-Gruppe höher war als unter degludec (64,3% vs. 61,2%). Die signifikante Differenz lag bei 3,1 Prozentpunkten (95%-KI = 0,1 bis 6,1).

Veränderung des HbA1c-Wertes im Fokus

An den QWINT-Studien nahmen Typ-2-Diabetiker teil, die entweder noch nie mit Insulin behandelt worden waren (QWINT-1 und QWINT-2) oder bereits auf ein Basalinsulin eingestellt waren (QWINT-3 und -4). In der Studie QWINT-5 wurde Insulin efsitora alfa an Insulin-pflichtigen Typ-1-Diabetikern untersucht. Allen Studien war der primäre Endpunkt gemeinsam: die Veränderung des HbA1c-Wertes nach 26 bzw. 52 Wochen. Kürzlich wurden die Ergebnisse der QWINT-5-Studie veröffentlicht. Die nahezu 700 Teilnehmenden wurden ent­weder einmal wöchentlich mit Insulin efsitora alfa oder einmal täglich mit Insulin degludec behandelt – jeweils in Kombination mit Insulin lispro. In beiden Gruppen führte die Behandlung über 26 Wochen zu einer signifikanten Konzentrationssenkung des Glyko­hämoglobins. Der durchschnittliche HbA1c-Wert sank unter Insulin efsitora alfa von 7,88% auf 7,41% und unter Insulin degludec von 7,94% auf 7,36%. Somit konnte auch in dieser Studie die Nichtunterlegenheit von Insulin efsitora alfa gegenüber Insulin degludec gezeigt werden. Allerdings wurde ein höheres Risiko für Hypoglykämien unter Insulin efsitora alfa festgestellt, insbesondere in den ersten 12 Wochen, als die Dosisanpassungen stattfanden [6, 7].

Hypoglykämie-Risiko ist erhöht

Bei der Behandlung mit Insulin efsitora alfa kam es häufiger zu Hypoglykämien als bei Insulin degludec. Pro Jahr erlebten Teilnehmer in der Efsitora-Gruppe durchschnittlich 0,58 solcher Ereignisse, während es in der Degludec-Gruppe nur 0,45 waren (geschätzte Rate Ratio 1,30; 95%-KI = 0,94 bis 1,78). Schwere Hypoglykämien wurden unter Insulin efsitora alfa nicht beobachtet, während in der Degludec-Gruppe sechs Fälle auftraten. Die Häufigkeit unerwünschter Ereignisse war in beiden Gruppen vergleichbar [1].

Vielversprechende Alternative

In der QWINT-2-Studie an erwachsenen Typ-2-Diabetikern konnte gezeigt werden, dass die einmal wöchentliche Gabe von Insulin efsitora alfa dem täglich zu applizierenden Basalinsulin degludec bezüglich der Wirksamkeit in nichts nachsteht. Trotz eines leicht erhöhten, aber nicht signifikanten Hypoglykämie-Risikos im Vergleich zu Patienten unter degludec (Rate Ratio: 1,30) bleibt Insulin efsitora alfa eine vielversprechende Alternative für die Betroffenen. Durch die wöchent­liche Anwendung könnten Diabetiker entlastet werden, da sie sich seltener spritzen müssen. Dies würde nicht nur die Therapietreue fördern, sondern auch die Lebensqualität verbessern. Weitere Studienergebnisse bleiben abzuwarten [1]. 

Gute Aussichten für Diabetiker

Innovative Insuline: Was ist in der Pipeline?

Literatur

[1] Wysham C et al. Insulin Efsitora versus Degludec in Type 2 Diabetes without Previous Insulin Treatment. N Engl J Med 2024; doi:10.1056/NEJMoa2403953

[2] Smithers N, Fletcher J. Pressemitteilung Lilly. Once-weekly dose of insulin efsitora alfa delivers A1C reduction consistent with the most advanced daily insulin in people with type 2 diabetes; verfügbar unter: https://investor.lilly.com/news-releases/news-release-details/once-weekly-dose-insulin-efsitora-alfa-delivers-a1c-reduction, letzter Zugriff 30.09.2024

[3] Moyers JS et al. Preclinical characterization of LY3209590, a novel weekly basal insulin Fc-fusion protein. J Pharmacol Exp Ther 2022; 382:346-55

[4] DAZ. Ultralang wirkendes Insulin überzeugt in Metaanalyse; verfügbar unter: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2024/daz-8-2024/ultralang-wirkendes-insulin-ueberzeugt-in-metaanalyse, letzter Zugriff 30.09.2024

[5] Fachinformation Awiqli®, Stand: Mai 2024; verfügbar unter: www.fachinfo.de/static/lib/pdfjs/web/viewer.html?file=https://www.fachinfo.de/pharmaceutical-company-data/2226/024349/74824/109894/024349-74824-109894-1-DL-2024-06-03-Awiqli.pdf, letzter Zugriff 30.09.2024

[6] Bergenstal R, Philis-Tsimikas A, Wysham C et al. Once-weekly insulin efsitora alfa: Design and rationale for the QWINT phase 3 clinical development programme. Diabetes Obes Metab 2024 Aug;26(8):3020-3030. doi: 10.1111/dom.15604. Epub 2024 Apr 28.

[7] Bergenstal R, Weinstock RS, Mathieu C et al. Once-weekly insulin efsitora alfa versus once-daily insulin degludec in adults with type 1 diabetes (QWINT-5): a phase 3 randomised non-inferiority trial. Lancet 2024; 404: 1132–42, https://doi.org/10.1016/S0140-6736(24)01804-X


Dr. Martina Wegener, Apothekerin
redaktion@daz.online


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