Δ9-THC beeinflusst den Zellstoffwechsel

Hirnalterung mit Cannabis stoppen?

22.10.2024, 07:00 Uhr

Cannabis scheint den Stoffwechselschalter mTOR auf unterschiedliche Weise zu beeinflussen. (Foto: Aleksandr/AdobeStock)

Cannabis scheint den Stoffwechselschalter mTOR auf unterschiedliche Weise zu beeinflussen. (Foto: Aleksandr/AdobeStock)


Keine Termine, leicht bekifft und dazu ein frisches Gehirn im Alter – wer wünscht sich das nicht? Forschungen an der Universität Bonn deuten darauf hin, dass ältere Mäuse von dieser Kombination profitieren. 

Seit einigen Jahren wird die Anti-Aging-Wirkung des Cannabis-Inhaltsstoffs Δ9-Tetrahydrocannabinol (Δ9-THC) untersucht. Im Jahr 2017 zeigten Forscher an der Universität Bonn, dass niedrig dosiertes Δ9-THC bei jüngeren Mäusen zwar die Hirnleistung verschlechtert, bei älteren Nagern aber die Hirnalterung verlangsamt. Erst ihre jüngste Studie liefert eine mögliche Erklärung. 

Dazu verabreichten sie Labormäusen 28 Tage lang täglich 3 mg Δ9-THC pro Kilogramm Körpergewicht. Im Gehirn der alten Mäuse hatte sich die Synapsendichte erhöht, gleich­zeitig waren Alterungsindikatoren peripherer Zellen verlangsamt. Was war passiert?

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Cannabis schien den Stoffwechselschalter mTOR auf unterschiedliche Weise zu beeinflussen. Das Protein funktioniert wie eine komplexe Schaltzentrale im Körper: Je nachdem, wie viel Energie zur Verfügung steht, löst mTOR in Zellen Wachstumsprozesse aus oder schickt sie in den Ruhemodus. Diesen Schalter zu hemmen, galt lange Zeit als guter Ansatz, um Alterungsprozesse im Gehirn aufzuhalten – doch das stimmt nur zum Teil. Denn die Hemmung führt dazu, dass weniger neue Synapsen gebildet werden, was wiederum anderen Alterserscheinungen entspricht. 

Δ9-THC schien jedoch zunächst die Aktivität von mTOR zu erhöhen und die Bildung neuer Synapsen anzuregen. Kurz darauf wurde die mTOR-Aktivität wieder heruntergefahren, was zelluläre Reparaturmechanismen auslöste ‒ möglicherweise, weil der Energiebedarf zunächst gestiegen war. Das Überraschende: All diese Prozesse schienen auch bei jungen Mäusen abzulaufen – allerdings in umgekehrter Richtung. 

Studien, die dieses Ergebnis replizieren könnten, fehlen ebenso wie umfassende Untersuchungen zur Wirkung von Δ9-THC auf das alternde menschliche Gehirn. Ob Cannabis wirklich ein gutes Rezept gegen das Altern ist, lässt sich also noch nicht sagen.

Literatur

Bilkei-Gorzo A, Schurmann B, Schneider M et al. Bidirectional Effect of Long-Term Δ9-Tetrahydrocannabinol Treatment on mTOR Activity and Metabolome. ACS Pharmacol Transl Sci 2024;7(9):2637-2649, doi: 10.1021/acsptsci.4c00002


Apotheker Marius Penzel
redaktion@daz.online


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