Therapie der Herzinsuffizienz

Seltener ins Krankenhaus dank Sacubitril / Valsartan

25.10.2024, 09:14 Uhr

Ältere, multimorbide Patienten mit Herzinsuffizienz haben ein besonders hohes Hospitalisierungsrisiko. (Foto: De Visu/AdobeStock) 

Ältere, multimorbide Patienten mit Herzinsuffizienz haben ein besonders hohes Hospitalisierungsrisiko. (Foto: De Visu/AdobeStock) 


In einer Post-hoc-Analyse zweier Studien wurden die Effekte von Sacubitril/Valsartan auf die Hospitalisierung von Patienten mit Herzinsuffizienz untersucht. Besonders die Patienten mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion profitieren.

Die Wirkstoffkombination Sacubitril/Valsartan (Entresto®, s. Kasten „Update Pharmakologie“) wird weltweit eingesetzt, um bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz und reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF) das Risiko eines kardiovasku­lären Todes oder einer Krankenhauseinweisung zu senken. Die Zulassung des Arzneimittels basiert auf der PARADIGM-HF-Studie, zusätz­liche Erkenntnisse gewann man in der PARAGON-HF-Studie. In beiden Studien wurde Sacubitril/Valsartan mit Standard­therapien verglichen: Enalapril in der PARADIGM-HF und Valsartan in der PARAGON-HF. Dabei wurden Patienten in PARADIGM-HF mit LVEF ≤ 40% eingeschlossen, während man in PARAGON-HF solche mit LVEF ≥ 45% untersuchte. Der Einfluss der Wirkstoffkombination auf die Hospitalisierungsrate wurde in einer Post-hoc-Analyse der Daten beider Studien genauer beleuchtet, bei der die Ergebnisse von Sacubitril/Valsartan mit denen einer Enalapril- bzw. Valsartan-Therapie verglichen wurden. Besonders bei älteren Patienten mit Herzinsuffizienz und weiteren Erkrankungen kann das Risiko für Krankenhauseinweisungen auch aus anderen Gründen erhöht sein.

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In die Analyse wurden 13.194 Patienten mit durchschnittlich 67 Jahren und einer mittleren linksventrikulären Ejektionsfraktion von 40% (Standardabweichung [SD] = 15%) einbezogen. Während der mittleren Nachbe­obachtungszeit von 2,5 Jahren wurden insgesamt 6145 Erkrankte zum ersten Mal in ein Krankenhaus eingewiesen. Davon nahmen 2995 Sacubitril/Valsartan und 3150 Valsartan oder Enalapril ein. Personen, vor allem Männer, die älter sind, eine höhere linksventrikuläre Ejektionsfraktion zeigen, komorbide und in einem schlechteren Gesundheitszustand sind, haben ein höheres Risiko für erstmalige Hospitalisierungen aller Ursachen.

Unter Sacubitril / Valsartan weniger Einweisungen

Es zeigte sich, dass die Behandlung mit Sacubitril/Valsartan die Rate von Krankenhauseinweisungen signifikant senkte (Hazard Ratio [HR] = 0,92; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,88 bis 0,97; p = 0,002). Die Inzidenzrate der ersten Einweisung jeglicher Ursache lag bei 25 pro 100 Patientenjahren verglichen mit 27 pro 100 Patientenjahren (95%-KI = 26 bis 28) unter Valsartan bzw. Enalapril. Die absolute Risikoreduktion [ARR] lag bei 2,1 weniger Einweisungen pro 100 Patientenjahren. Das bedeutet, dass 48 Patienten ein Jahr lang behandelt werden müssten (Number needed to treat, NNT) um eine Hospitalisierung zu verhindern. Der größte Nutzen wurde bei Patienten mit einer linksventrikulären Ejektionsfraktion unter 60% (HR = 0,91, 95%-KI = 0,86 bis 0,96) beobachtet, während der Effekt bei Patienten mit einer LVEF von ≥ 60% weniger ausgeprägt war (HR = 0,97, 95%-KI = 0,86 bis 1,09). Der Vorteil von Sacubitril/Valsartan resultierte primär aus einer geringeren Rate an Einweisungen aufgrund von kardialen und pulmonalen Gründen, während Einweisungen aufgrund von nicht-kardialen Problemen in beiden Gruppen ähnlich häufig auftraten.

Update Pharmakologie

Die fixe Kombination Sacubitril/Valsartan, ein Angiotensin-Rezeptor-Neprilysin-Inhibitor (ARNI), wird zur Behandlung von Herzinsuffizienz eingesetzt und vereint zwei Wirkmechanismen. Sacubitril hemmt das Enzym Neprilysin, was den Abbau natriuretischer Peptide wie atriales natriuretisches Peptid (ANP) und brain natriuretic peptide (BNP) verringert. Diese Peptide fördern die Natrium-Ausscheidung, wirken gefäßerweiternd und entlasten so das Herz. Da Neprilysin auch Angiotensin II (AT II) abbaut, würde seine alleinige Hemmung allerdings zu erhöhten AT-II-Spiegeln führen und das ohnehin überstimulierte Renin-Angiotensin-Aldosteron-System (RAAS) weiter aktivieren. Daher ist eine Kombination mit einem RAAS-Inhibitor notwendig. ACE-Hemmer sind ungeeignet, da sie, ebenso wie Sacubitril, den Bradykinin-Abbau hemmen und Angioödeme auslösen können. Valsartan wirkt an anderer Stelle durch die selektive Blockade des AT1-Rezeptors, wodurch der periphere Gefäßwiderstand gesenkt wird, ohne den Bradykinin-Spiegel zu beeinflussen. So maximiert die Kombination mit Sacubitril die positiven Effekte der natriuretischen Peptide und vermeidet potenzielle Nebenwirkungen.

Ältere, komorbide Patienten werden häufiger eingewiesen

Laut den Autoren können verschiedene Faktoren die Hospitalisierungs­raten in der heterogenen Patientengruppe beeinflussen.

So könnten bei Patienten mit normaler linksventrikulärer Ejektionsfraktion (≥ 60%) Nebenwirkungen von Sacubitril/Valsartan wie Hypotonie stärker ausgeprägt sein. Das könnte das Risiko für Krankenhausaufenthalte aufgrund von nicht-kardiovaskulären Ursachen erhöhen, beispielsweise durch sturzbedingte Verletzungen. Der beobachtete Rückgang von Einweisungen pulmonaler Ursache unter Sacubitril/Valsartan kann dadurch zustande kommen, dass eine Stabilisierung des kardialen Zustands auch Exazerbationen von Lungenerkrankungen wie COPD vorbeugen kann. Patienten mit Herzinsuffizienz unterliegen einem höheren Risiko für die Ansammlung von Alveolarflüssigkeit, was Lungeninfektionen begünstigen kann. Einige Forscher vermuten zudem, dass Einweisungen pulmonaler Ursache fälschlicherweise als solche erfasst wurden, obwohl sie eigentlich auf eine Verschlechterung der Herzinsuffizienz zurückzuführen waren. Bei herzinsuffizienten Patienten führen fortgeschrittenes Alter und Begleit­erkrankungen häufig auch zu Krankenhausaufenthalten aus nicht-kardiovaskulären Gründen, gesteigerten Kosten und einer erhöhten Sterblichkeit. In Nordamerika wurde die höchste Rate an Krankenhausaufenthalten aller Ursachen beobachtet. Diese geografische Hetero­genität ist möglicher­weise auf besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung und eine größere Krankheitslast zurückzuführen. Die Analyse weist jedoch auch verschiedene Limitationen auf: Da es sich um eine nachträgliche (Post-hoc-)Analyse handelt, sollte sie laut den Autoren vor allem zur Bildung von Hypothesen genutzt werden. Außerdem wurden Krankenhauseinweisungen, die nicht auf eine Herzinsuffizienz zurückzuführen sind, nicht zentral erfasst. Teilnehmer mit einer LVEF zwischen 40% und 45% waren zudem in den Studien unterrepräsentiert. Des Weiteren wurden Patienten mit fortgeschrittenen nicht-kardiovaskulären Erkrankungen oder stark eingeschränkter Lebens­erwartung von der Teilnahme ausgeschlossen, was die Übertrag­barkeit der Ergebnisse auf die klinische Praxis einschränkt.

Patienten mit LVEF unter 60% profitieren

Zusammengefasst wurde in der Analyse gezeigt, dass die Behandlung mit Sacubitril/Valsartan die Rate von Krankenhauseinweisungen reduzierte, besonders bei Patienten mit einer LVEF unter 60%. Der positive Effekt schien vor allem auf weniger Einweisungen wegen kardialen und pulmonalen Ursachen zurückzuführen zu sein, ohne dass dies durch mehr Hospitalisierungen anderer Ursache aufgehoben wurde. Krankenhausaufenthalte jeder Ursache zu reduzieren, bleibt laut den Autoren ein zentrales Ziel im Gesundheits­wesen.

Literatur

Lu H et al. Effects of Sacubitril/Valsartan on All-Cause Hospitalizations in Heart Failure. Post Hoc Analysis of the PARADIGM-HF and PARAGON-HF Randomized Clinical Trials. JAMA Cardiol 2024:e242566, doi:10.1001/jamacardio.2024.2566


Pauline Winter, Apothekerin


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