Moderna startet Zulassungsstudie mit mRNA-1403

Können wir bald gegen Noroviren impfen?

Stuttgart - 29.10.2024, 15:15 Uhr

mRNA-1403, Modernas Impfstoffkandidat gegen Noroviren, soll moderate bis schwere Norovirus-Gastroenteritiden bei Erwachsenen verhindern. (Foto: 健二 中村 / AdobeStock)

mRNA-1403, Modernas Impfstoffkandidat gegen Noroviren, soll moderate bis schwere Norovirus-Gastroenteritiden bei Erwachsenen verhindern. (Foto: 健二 中村 / AdobeStock)


Noroviren verursachen schlimmen Durchfall mit Übelkeit und schwerem Erbrechen. Moderna entwickelt einen Impfstoff gegen Noroviren und prüft mRNA-1403 jetzt in der Phase-III-Zulassungsstudie NOVA 301.

Moderna arbeitet an einem Impfstoff gegen das Norovirus: mRNA-1403 soll vor Norovirus-bedingten, akuten und mittelschweren bis schweren Gastroenteritiden schützen. In NOVA 301, einer Beobachter-verblindeten, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie, prüft Moderna, wie wirksam, immunogen und sicher mRNA-1403 bei Erwachsenen ist. In den Vereinigten Staaten erhielt Ende September ein erster Studienteilnehmer die erste Dosis – entweder mRNA-1403 oder Placebo. Und auch das Vereinigte Königreich (UK) will die Phase-III-Studie in den nächsten Tagen „öffnen“, berichtet das „National Institute for Health and Care Research“ („NIHR“). Die Studie soll Grundlage für die Zulassung von mRNA-1403 sein – es wäre weltweit der erste Norovirus-Impfstoff.

Weltweite Studie vor allem an älteren Menschen

Für NOVA 301 will Moderna weltweit insgesamt 25.000 erwachsene Teilnehmer rekrutieren, der Fokus liegt auf dem Norovirus-Schutz für ältere Menschen ab 60 Jahren (20.000 geplante Probanden), einer Risikogruppe für Norovirus-Infektionen und Komplikationen. Bei 5.000 Studienteilnehmern will der forschende Impfstoffhersteller zudem die Wirksamkeit, Sicherheit und Immunogenität von mRNA-1403 bei jüngeren Erwachsenen zwischen 18 und 59 Jahren untersuchen.

mRNA-1403 ist ein trivalenter Norovirus-Impfstoffkandidat. Die enthaltene mRNA kodiert für mehrere Virus-ähnliche Partikel (VLPs) – Proteine, die bestimmte Oberflächenmerkmale von Noroviren nachahmen. Neben mRNA-1403 erforscht Moderna noch einen pentavalenten Norovirus-Impfstoffkandidaten (mRNA-1405) in Phase II.

Die Pipeline bei Norovirus-Impfstoffen

Moderna hat es bei der Entwicklung eines potenziellen Norovirus-Impfstoffes bislang am weitesten gebracht. HilleVax, ein biopharmazeutisches Unternehmen mit Schwerpunkt Impfstoffentwicklung, informierte im Sommer 2024 über enttäuschende Ergebnisse der Phase-IIb-Studie NEST-IN1 (doppelblind, Placebo-kontrolliert, randomisiert) seines bivalenten Norovirus-Impfstoffkandidaten HIL-224 bei fünf Monate alten Säuglingen. Die Impfeffektivität von HIL-224 lag bei 5 Prozent, und NEST-In1 versagte beim primären Endpunkt. Hillevax stoppte daraufhin die weitere Entwicklung von HIL-214 an Kindern, prüft aber, HIL-224 und einen weiteren Norovirus-Impfstoffkandidaten, HIL-216, weiter an Erwachsenen zu untersuchen. Zuvor hatte HIL-214 in einer Phase-IIb-Studie (NOR-211) an Erwachsenen eine signifikante Wirksamkeit gegen moderate und schwere Norovirus-bedingte Gastroenteritiden gezeigt.

Ein oraler Norovirus-Impstoffkandidat

Vaxart will eine bivalente orale Norovirus-Vakzine entwickeln. Da das Norovirus ein Erreger sei, der den Dünndarm infiziere, ist Vaxart der Ansicht, dass ein Impfstoff, der zu den systemischen und im Blut zirkulierenden Antikörpern zusätzliche lokale Antikörper in der Darmschleimhaut induziere, besser vor einer Norovirus-Infektion schützen könne als ein injizierbarer Impfstoff, begründet Vaxart seinen Ansatz. Zwei Phase-I-Studien (monovalente Tabletten) hat das Unternehmen erfolgreich abgeschlossen, mit einer guten Verträglichkeit der Vakzine sowie einer „breiten“ systemischen und mukosalen Immunantwort.

Fakten zum Norovirus

Noroviren kommen weltweit vor. Sie zeichnen für die meisten nicht bakteriellen Gastroenteritiden verantwortlich, laut Robert Koch-Institut (RKI) für 30 Prozent der kindlichen und die Hälfte der akuten Magen-Darm-Entzündungen bei Erwachsenen. Die US-amerikanische Seuchenbehörde CDC (Centers for Disease Control and Prevention) schätzt weltweit 685 Millionen Norovirus-Fälle pro Jahr, 200 Millionen treffen Kinder und 50.000 dieser Kinder versterben aufgrund der Norovirus-Erkrankung (vor allem in Entwicklungsländern). Finanziell gesehen verursachen Norovirus-Infektionen gesundheitliche Kosten und wirtschaftliche Verluste von jährlich etwa 60 Milliarden US-Dollar.

Noroviren übertragen sich leicht, und zwar fäkal-oral. Die Viren finden sich in Stuhl und Erbrochenem von Infizierten, und bereits zehn bis 100 Viruspartikel genügen, um eine weitere Person anzustecken. Die Inkubationszeit liegt zwischen sechs und 50 Stunden. Auch nach der akuten Erkrankungsphase bleiben die Infizierten ansteckend: Noroviren werden über sieben bis 14 Tage über den Stuhl ausgeschieden, manchmal sogar über Wochen.

Erkrankte leiden meist zwölf bis 48 Stunden an starken Durchfällen und heftigem Erbrechen, meist mit Übelkeit, Bauchschmerzen, Kopf- und Muskelschmerzen und fühlen sich ausgeprägt krank.

Die Therapie erfolgt rein symptomatisch, am wichtigsten ist es, die durch Durchfall und Erbrechen verlorene Flüssigkeit und Elektrolyte zu ersetzen, am besten mit oralen Rehydratationslösungen (ORL), das raten die Leitlinienautoren der 2023 aktualisierten S2k-Leitlinie „Gastrointestinale Infektionen“. Das RKI erwägt bei ausgeprägtem Erbrechen zudem Antiemetika. 

Hygienemaßnahmen sollen eine weitere Ausbreitung minimieren, als Desinfektionsmittel eignen sich Produkte, die „begrenzt viruzid PLUS“ oder „viruzid“ wirken.


Celine Bichay, Apothekerin, Redakteurin DAZ
redaktion@daz.online


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