Elek­trolytstörung als Bindeglied

Erhöhen PPI das Risiko für ein Delir?

15.11.2024, 07:00 Uhr

Bei langfristiger PPI-Einnahme besteht ein erhöhtes Delir-Risiko bei gleichzeitiger Hyponatriämie (Foto: LIGHTFIELD STUDIOS/AdobeStock)

Bei langfristiger PPI-Einnahme besteht ein erhöhtes Delir-Risiko bei gleichzeitiger Hyponatriämie (Foto: LIGHTFIELD STUDIOS/AdobeStock)


Unter Protonenpumpen-Inhibitoren treten vermehrt Delire auf. Ob ein direkter Zusammenhang besteht, oder das Delir auf eine gleichzeitig auftretende Hyponatriämie zurückzuführen ist, wurde in einer Pharmakovigilanzstudie untersucht. 

Das Risiko, unter einer langfristigen Einnahme von PPI ein Delir zu erleiden, wurde mehrfach beschrieben. In den meisten Fällen wird von einer gleichzeitigen Hyponatriämie berichtet. Es wird aber auch vermutet, dass Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) ohne begleitende Hyponatriämie zu einem Delir führen können. Ob diese Vermutung zutrifft, wurde in einer Pharmakovigilanzstudie untersucht. Dazu wurden Einträge aus der WHO Pharmakovigilanz Datenbank Vigi­Base zwischen 1991 und 2022 erfasst und ausgewertet. In einem ersten Schritt wurden diejenigen Berichte erfasst, die ein Delir im Zusammenhang mit einem PPI oder PPI-Interaktionen beschrieben. Im zweiten Schritt wurde die Assoziation zwischen der PPI-­Exposition, dem Auftreten eines Delirs und dem Vorliegen einer Hyponatri­ämie ermittelt. Die statistische Grundlage hierfür war die Disproportionalitätsanalyse. Hierbei wird die Anzahl der zu erwartenden Nebenwirkungen berechnet, die auf der Grundlage der proportionalen Meldequote aller anderen Medikamente in der Datenbank auftreten würden. Anschließend wird diese erwartete Zahl mit der tatsächlich beobachteten Zahl verglichen.

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In 2395 Meldungen über das Auftreten eines Deliriums wurde die Beteiligung einer PPI-Exposition vermutet – meist Omeprazol, Esomeprazol und Pantoprazol. In 11% der Fälle lag eine Hyponatriämie vor. Die Disproportionalitätsanalyse umfasste 1.264.798 Berichte über unerwünschte Arzneimittelereignisse bei Patienten mit PPI-Exposition, 19.081 Meldungen über das Auftreten eines Delirs. Es fand sich kein Disproportionalitätssignal für den Zusammenhang zwischen einer PPI-Anwendung und dem Auftreten eines Delirs (reporting Odds Ratio [OR] = 0,89; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,87 bis 0,91). Allerdings wurde eine Assoziation zwischen der Anwendung eines PPIs und dem Auftreten eines Delirs bei gleichzeitigem Vorliegen einer Hyponatriämie festgestellt (reporting OR = 1,53; 95%-KI = 1,41 bis 1,65). Es fanden sich keine Unterschiede im Hinblick auf das Alter der Betroffenen, und das Delir­risiko bei Vorliegen einer Hyponatri­ämie war bei jungen und alten Patienten gleich ausgeprägt.

Das heißt, es fanden sich keine Hinweise für ein vermehrtes Auftreten eines Delirs unter der PPI-Exposition im Vergleich mit anderen Arzneistoffen. Bestand allerdings gleichzeitig eine Hyponatriämie, dann kam es zu einem gehäuften Auftreten eines Delirs unter der PPI-Anwendung. Die Hyponatriämie könnte somit die Verbindung zwischen einem Delir und der PPI-Exposition sein. Dies müsste den Studienautoren zufolge in prospektiven Studien geklärt werden. 

Literatur

Decros A et al. Association between exposure to proton pump inhibitors and delirium: a descriptive and disproportionality analysis of VigiBase. BMJ Open 2024;14(10):e081911, doi: 10.1136/bmjopen-2023-081911


Dr. Petra Jungmayr, Apothekerin
redaktion@daz.online


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