Barrierefreiheit im virtuellen Raum

Nicht nur Treppen gilt es zu überwinden

28.11.2024, 07:00 Uhr

Auch digitale Inhalte müssen barrierefrei zugänglich sein  (Foto: Bilal Ulker/AdobeStock)

Auch digitale Inhalte müssen barrierefrei zugänglich sein  (Foto: Bilal Ulker/AdobeStock)


Barrierefreiheit ist viel mehr als die Rampe vor verbreiteter Tür, eine barrierefreie Toilette oder das Blindenleitsystem. Barrierefreiheit spielt in allen Bereichen des Lebens eine Rolle. Wir werden alle früher oder später auf Barrieren in unserem Leben stoßen und Barrierefreiheit benötigen. Ab 28. Juni 2025 ist es Pflicht, digitale Inhalte barrierefrei anzubieten – auch den Internetauftritt Ihrer Apotheke.

Neben körperlichen Einschränkungen, wie beispielsweise in der Motorik durch Lähmungen oder arthritische Veränderungen an den Fingern, können auch die Fähigkeiten zum Hören oder Sehen eingeschränkt sein. Barrieren, die bei den meisten Menschen mit dem Alter zunehmend auftreten. Nicht vergessen werden dürfen aber auch mentale Einschränkungen. Dazu zählen neurobiologische (z. B. ADHS, Autismus, Legasthenie, Rechenschwäche) und kognitive Beeinträchtigungen, die bei Alz­heimer, Alkoholabhängigkeit oder Depressionen auftreten können. Wir werden alle früher oder später Barrieren im Leben haben und Barrierefreiheit benötigen.

Ziel: Keine Barrieren bei digitalen Inhalten

Die EU-Richtlinie über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen legt die technischen Anforderungen für die Barrierefreiheit sowie die barrierefreien Informationspflichten bestimmter Produkte und Dienstleistungen einheitlich fest. In Deutschland wurde dazu am 22. Juli 2021 das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) veröffentlicht, das ab 28. Juni 2025 umgesetzt sein muss.

Im Sinne des Gesetzes (§ 3 Absatz 1 Satz 2) gelten Produkte und Dienstleistungen als barrierefrei, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind [1]. Unterstützung bei der Erfüllung der Forderungen nach diesem Absatz bieten die Web Content Accessibility Guide­lines (WCAG, /www.w3.org/WAI/standards-guidelines/wcag/ [2]), diese Richtlinien sind international gültig, werden regelmäßig aktualisiert und sind als die offiziellen Richtlinien zum Umsetzen der Barrierefreiheit rechtlich bindend.

Um zu prüfen, ob von der Apotheke umgesetzte Internetseiten die Anforderungen erfüllen, können vorab verschiedene Tools zum Testen genutzt werden (z. B. www.w3.org/WAI/test-evaluate/tools/list/), mit deren Hilfe die ersten groben Fehler behoben werden können. Allerdings ist das sehr zeitintensiv und bedarf viel Recherche. Außerdem werden nicht alle Barrieren von den Tools gefunden, da bei einigen Vorgängen eine menschliche Prüfung notwendig ist. Zur umfassenden Gestaltung eines barrierefreien Internetauftritts und je nach der Art der Website kann eine Agentur hinzugezogen werden, zum Beispiel eyeable (eye-able.com), die auch in den Web Content Accessibility Guide­lines genannt werden. Wird der Internetauftritt einer Apotheke von externen Anbietern gestaltet und betreut, sollte mit diesen geklärt werden, ob die Websites barrierefrei sind. Teilweise müssen einige Schritte selbst umgesetzt werden, zum Beispiel das Hinterlegen von Alternativtexten bei Bildern, die von der Apotheke selbst eingebaut wurden.

Barrierefreies Internet

Die Inhalte sollten den vier Prinzipien des barrierefreien Internetzugangs entsprechen:

  • Wahrnehmbarkeit: Inhalte sollten mit mindestens einem der Sinne des Menschen wahrnehmbar sein, z. B. werden Bilder mit einem alternativen Text für Menschen mit einer Sehbehinderung beschrieben. Dazu gehört auch die Unterscheidbarkeit von Elementen, das heißt einen Kontrast bei Bildern und Texten, aber auch in Videos sollten Geräusche im Hintergrund und Stimmen klar unterscheidbar sein.
  • Bedienbarkeit: Inhalte sollten mit einer Vielzahl von Geräten angesteuert werden können, z. B. nur mit der Tastatur, wenn Menschen nicht in der Lage sind, eine Maus zu bedienen, ein Schieberegler als Alternative für Zeiger-Gesten wie das Zoomen mit zwei Fingern. Es darf kein Blinken und Blitzen verwendet werden, um Anfälle zu vermeiden
  • Verständlichkeit: Es sollte eine klare und einfache Sprache, wenn nötig mit Erläuterungen bei Fachbegriffen, sowie berechenbare und kohärente Schnittstellen verwendet werden (z. B. immer gleicher Aufbau der Navigation). Dies hilft Menschen mit kognitiven oder Lesebehinderungen.
  • Robustheit: Die Website oder Anwendung sollte plattform-, browser- und geräteübergreifend und auch mit Assistenztechnologien gut funktionieren.

[Informationen des Europäischen Parlaments zur Barrierefreiheit, www.europarl.europa.eu/portal/de/accessibility]

Alternativtexte schreiben

Alternativtexte (sogenannte Alt-Texte) sind wichtig für alle visuellen Elemente, die Informationen vermitteln. Sie sollen Blinden und Sehbehinderten und Menschen mit kognitiven oder körperlichen Behinderungen helfen, Schaubildern, Symbole, Grafiken und Fotos zu verstehen. In diesen Alt-Texten wird ein digitales Bild so beschrieben, sodass ein Bildschirmleseprogramm oder andere Hilfstechnologien das Bild interpretieren und behinderte Menschen es so verstehen können. Da der Alternativtext vorgelesen wird, um den Zuhörern einen Eindruck der Bilder und deren Bedeutung im Kontext zu geben, sollte er nicht zu lang werden und nur die relevanten Informationen enthalten. Um einen Alternativtext zu erstellen, können folgende Fragen helfen:

  • Warum wurde dieses Bild gewählt?
  • Welcher Teil davon ist relevant?
  • In welchem Kontext/Situation wird das Bild genutzt?
  • Welche Teile des Bilds sind wichtig für das Verständnis?

Die Abbildung zeigt an einem Beispiel, wie der Alternativtext aussehen könnte. Rein dekorative Elemente benötigen keinen Alt-Text. Dazu gehören Kreise oder Linien, die nur „schön aussehen“, und nicht zum Trennen von Inhalten oder ähnlichen Gründen nötig sind, oder Hintergrundbilder, die keine ­Informationen ergänzen.

Alternativtexte schreiben

Alternativtexte (sogenannte Alt-Texte) sind wichtig für alle visuellen Elemente, die Informationen vermitteln. Sie sollen Blinden und Sehbehinderten und Menschen mit kognitiven oder körperlichen Behinderungen helfen, Schaubildern, Symbole, Grafiken und Fotos zu verstehen. In diesen Alt-Texten wird ein digitales Bild so beschrieben, sodass ein Bildschirmleseprogramm oder andere Hilfstechnologien das Bild interpretieren und behinderte Menschen es so verstehen können. Da der Alternativtext vorgelesen wird, um den Zuhörern einen Eindruck der Bilder und deren Bedeutung im Kontext zu geben, sollte er nicht zu lang werden und nur die relevanten Informationen enthalten. Um einen Alternativtext zu erstellen, können folgende Fragen helfen:

  • Warum wurde dieses Bild gewählt?
  • Welcher Teil davon ist relevant?
  • In welchem Kontext/Situation wird das Bild genutzt?
  • Welche Teile des Bilds sind wichtig für das Verständnis?

Die Abbildung zeigt an einem Beispiel, wie der Alternativtext aussehen könnte. Rein dekorative Elemente benötigen keinen Alt-Text. Dazu gehören Kreise oder Linien, die nur „schön aussehen“, und nicht zum Trennen von Inhalten oder ähnlichen Gründen nötig sind, oder Hintergrundbilder, die keine ­Informationen ergänzen.

Beispiel für einen Alternativtext Wird dieses Foto in einem Artikel über Corona verwendet, der darüber berichtet, dass die Impfung auch in Apotheken verabreicht wurde, könnte ein Alternativtext lauten: „Eine PTA verabreicht die Corona-Impfung in einer Apotheke an einen Mann.“ Geht es in dem Text um einen bestimmten Wirkstoff, der mittels einer Injektion am Besten in den Arm verabreicht werden muss: „Eine Ärztin verabreicht das Medikament mit einer Spritze in den Oberarm eines Patienten.“ In diesem Fall würde ein generischer Alt-Text wie „Eine Frau gibt einem Mann eine Spritze“ nicht richtig funktionieren, da wichtige Informationen wie „Injektion in den Oberarm“ oder „Impfung in der Apotheke“ verloren gehen. (Foto: dusanpetkovic1/AdobeStock)
 

Betrifft das alle Bilder einer ­bestehenden Apotheken-Website?

Bereits hochgeladene Bilder haben Bestandsschutz. Das heißt, sie müssen nicht nachträglich mit einem Alter­nativtext versehen werden. Trotzdem ist ein Alternativtext wichtig, damit Kunden die Website bedienen können. Sobald ein Element allerdings bearbeitet wird, gilt der Bestandsschutz nicht mehr!

Literatur

[1] Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), mit letzter Änderung durch Art. 25 G. vom 20.12.2022 (BGBl. I S. 2759), Stand: 2. August 2024, https://bfsg-gesetz.de/3-bfsg/

[2] Web Content Accessibility Guidelines (WCAG, /www.w3.org/WAI/standards-guidelines/wcag


Nadine Ruckaberle


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