Neue NICE-Leitlinie

Britische Arzneimittelbehörde plant Kostenübernahme von Mounjaro gegen Fettleibigkeit

Berlin - 06.12.2024, 10:45 Uhr

Das Abnehmmittel Mounjaro soll das britische Gesundheitswesen entlasten. (Foto: IMAGO/Pond5 Images)

Das Abnehmmittel Mounjaro soll das britische Gesundheitswesen entlasten. (Foto: IMAGO/Pond5 Images)


Adipositas ist eines der größten Probleme für die öffentliche Gesundheit im Vereinigten Königreich. Deshalb sollen Menschen mit starkem Übergewicht zukünftig mit Mounjaro behandelt werden. Die Kosten soll der staatliche National Health Service (NHS) übernehmen.

Das National Institute for Heath and Care Excellence (NICE), das für die Überwachung der Kostenwirksamkeit von Arzneimitteln im Vereinigten Königreich (UK) zuständig ist, hat an diesem Donnerstag eine neue vorläufige Leitlinien-Empfehlung veröffentlicht, in der die Behörde vorsieht, Menschen mit einem Body-Mass-Index über 35 und mindestens einer gewichtsbedingten Erkrankung Mounjaro zu verschreiben. 

Als gewichtsbedingte Erkrankungen gelten laut NHS Bluthochdruck, Dyslipidämie, obstruktive Schlafapnoe, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes. Davon sind nach Schätzungen des NICE 3,4 Millionen Menschen allein in England betroffen.

Der NHS hatte zuvor in einem Antrag gefordert, die Zulassung des Medikaments für Therapien zur Gewichtsreduktion über einen Zeitraum von zwölf Jahren zu erteilen. Für die geplante Einführungsphase von drei Jahren erwartet das NICE, dass etwa 220.000 Menschen das Zusatzangebot in Anspruch nehmen. Die Aufsichtsbehörde schätzt die jährlichen Kosten der zusätzlichen Leistungen auf 317,2 Millionen Britische Pfund (380,2 Millionen Euro). 

Menschen, die bereits in einer vom NHS finanzierten Therapie zur Gewichtsreduktion betreut werden, könnten innerhalb von 90 Tagen nach der Veröffentlichung der endgültigen NICE-Leitlinie mit Mounjaro versorgt werden. Alle anderen Menschen, mit den genannten Indikationen könnten innerhalb von 180 Tagen nach Veröffentlichung das Abnehmmittel erhalten. Nach der dreijährigen Einführungsphase sollen Kosten und Nutzen der Zusatzleistungen evaluiert werden.

Abnehmen soll Gesundheitswesen entlasten

Nach Einschätzung des NICE können durch die staatlich finanzierte Gewichtsreduktion Kosten für das Gesundheitswesen eingespart werden, da so zukünftige Erkrankungen in Zusammenhang mit Fettleibigkeit verhindert werden könnten. Nach Schätzungen von Frontier Economics beliefen sich die Kosten für die Behandlungen von Erkrankungen in Zusammenhang mit Fettleibigkeit im Jahr 2023 auf 11,4 Milliarden Pfund (13,7 Milliarden Euro).

„Wir sollten den Patienten die besten und wirksamsten Arzneimittel für jede Erkrankung anbieten. Daher ist dies ein sehr wichtiger Schritt nach vorn, um Patienten mit gesundheitlichen Komplikationen im Zusammenhang mit Fettleibigkeit das wirksamste derzeit auf dem Markt befindliche Medikament zur Verbesserung der Gesundheit durch Gewichtsabnahme zukommen zu lassen", sagte Lora Heisler Professorin am Lehrstuhl für Humanernährung am Rowett Institute der Universität Aberdeen.

Das Abnehmmittel mit dem Wirkstoff Tirzepatid wird von Eli Lilly hergestellt. Das NICE verweist auf die von Eli Lilly finanzierte SURMONT-4-Studie, der zufolge durch die Einnahme von Tirzepatid eine stärkere Gewichtsabnahme erzielt werden konnte, als bei der Einnahme des Konkurrenzproduktes Semaglutid von Novo Nordisk. Laut dem Health Survey for England sind knapp 64 Prozent der Engländer*innen übergewichtig oder adipös. Demnach ist Fettleibigkeit die zweithäufigste vermeidbare Todesursache nach dem Rauchen.

Auch in den USA plant die Regierung Joe Bidens am Ende ihrer Legislatur GLP1-Antagonisten gegen Adipositas durch die staatliche Krankenversicherung abdecken zu lassen. Das Weiße Haus schätzt die dadurch anfallenden Zusatzkosten auf 25 Milliarden US-Dollar (23,7 Milliarden Euro) über einen Zeitraum von zehn Jahren. Allerdings zeigte sich der vom zukünftigen Präsidenten Donald Trump designierte Gesundheitsminister Robert Kennedy Jr. kritisch gegenüber den Plänen Bidens.

Es bleibt also ungewiss, ob Bidens Pläne im kommenden Jahr realisiert werden. Im Vereinigten Königreich wird das NICE die endgültigen Leitlinien am 23. Dezember veröffentlichen, sofern innerhalb der nächsten zwei Wochen keine Einsprüche eingereicht werden.


Michael Zantke, Redakteur, DAZ
redaktion@daz.online


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