Alleskönner GLP-1-Agonisten?

Nüchtern dank Glutid

Stuttgart - 11.12.2024, 09:19 Uhr

Wirken GLP-1-Agonisten auch bei Alkoholkonsumstörung? (Foto:Pixel-Shot/AdobeStock) 

Wirken GLP-1-Agonisten auch bei Alkoholkonsumstörung? (Foto:Pixel-Shot/AdobeStock) 


In einer aktuellen schwedischen Studie reduzierte der Einsatz der GLP-1-Agonisten Semaglutid und Liraglutid bei Patienten mit einer Alkoholkonsumstörung (AUD, alcohol use disorder) und Typ-2-Diabetes oder Adipositas das Risiko einer AUD-bedingten Krankenhauseinweisung. Die GLP-1-Agonisten schnitten besser ab als die in Schweden zugelassene Standardmedikation.

Ein Forscherteam um Dr. Markku Lähteenvuo von der Universität  
Ostfinnland untersuchte in einer aktuellen Kohortenstudie, ob GLP-1(Glucagon-like-Peptide-1)-Agonisten bei Alkoholkonsumstörung (AUD, alcohol use disorder) wirken. 

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In der Analyse wurden Daten aus schwedischen Registern von 227.866 Patientinnen und Patienten einbezogen, die an einer Alkoholkonsumstörung litten; 6276 wendeten einen GLP-1-Agonisten (Exenatid, Liraglutid, Dulaglutid, Sema­glutid) an. Untersucht wurde die Häufigkeit von Krankenhauseinweisungen wegen Alkoholkonsumstörung, Suchterkrankungen im Allgemeinen (SUD, substance use disorder) oder somatischen Erkrankungen unter der Einnahme von GLP-1-Agonisten oder in Schweden zugelassenen Arzneimitteln für AUD (Disulfiram, Acamprosat, Naltrexon).  

Weniger Hospitalisierungen unter GLP-1-Agonisten 

Insgesamt wurden 133.210 Teil­nehmer aufgrund einer AUD und 138.390 Teilnehmer aufgrund einer SUD im Krankenhaus behandelt. Semaglutid und Liraglutid wurden mit einem deutlich verringerten Risiko für Hospitalisierung in Verbindung gebracht. Unter Semaglutid war das Risiko dabei am geringsten (AUD: adjusted Hazard  
Ratio [aHR] = 0,64; 95%-Konfidenzintervall [KI] = 0,50 bis 0,83; SUD: aHR = 0,68; 95%-KI = 0,54 bis 0,85), gefolgt von Liraglutid (AUD: aHR = 0,72; 95%-KI = 0,57 bis 0,92; SUD: aHR = 0,78; 95%-KI = 0,64 bis 0,97). Auch das Risiko für somatische Hospitalisierungen war unter Semaglutid und Liraglutid geringer. Das Suizidrisiko war unter den GLP-1-Agonisten nicht erhöht.  
Die bisher in Schweden für Alkoholkonsumstörung zugelassenen Medikamente Disulfiram (in D. nicht auf dem Markt), Acamprosat (Campral®) und Naltrexon (z. B. Adepend®) zeigten insgesamt keine signifikante Reduktion des Risikos einer Hospitalisierung aufgrund einer Alkoholkonsumstörung oder Suchterkrankungen (AUD: aHR = 0,98; 95%-KI = 0,96 bis 1,00; SUD: aHR = 0,98; 95%-KI = 0,97 bis 1,00), während Naltrexon mit einem geringeren Risiko assoziiert war (AUD: aHR = 0,86; 95%-KI = 0,83 bis 0,89; SUD: aHR = 0,86; 95%-KI = 0,84 bis 0,90). Disulfiram und Acamprosat zeigten im Vergleich zu Naltrexon ein erhöhtes Risiko. 
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass Semaglutid und Liraglutid in Zukunft bei Suchterkrankungen, insbesondere bei Alkoholabhängigkeit, eingesetzt werden könnten. Die Studienautoren erwähnen jedoch einschränkend, dass es sich bei der Kohortenstudie um eine Beobachtungsstudie handelt, die Assoziationen zeigt, aber keine Kausalität nachweisen kann. Weitere klinische Studien sind nötig, um die Ergebnisse zu bestätigen.

 

Literatur

Lähteenvuo M, Tiihonen J, Solismaa A et al. Repurposing Semaglutide and Liraglutide for Alcohol Use Disorder. JAMA Psychiatry November 2024, doi: 10.1001/jamapsychiatry.2024.3599


Oliver Nossek, Apotheker


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