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- Irrtümer im Urlaubsrecht...
Zu Jahresbeginn findet in vielen Betrieben bereits die Urlaubsplanung statt. Ein Thema mit rechtlichen Tücken. Dieser Beitrag klärt über häufige Irrtümer auf.
Nur wenige Personalthemen bergen so viel Konfliktpotenzial, wie das Thema Erholungsurlaub und dessen Gewährung im Arbeitsalltag. Und natürlich bleibt auch die öffentliche Apotheke hiervon nicht verschont. Grund genug sich mit einigen Irrtümern aus diesem Bereich zu beschäftigen, die sehr häufig zu Beratungsbedarf bei Arbeitgebern und Arbeitnehmern führen. Die nachfolgende Auflistung versteht sich als Aufklärungsbeitrag für ein besseres Miteinander zwischen den Arbeitsvertragsparteien.
Irrtum Nr.1: Geringfügig Beschäftigte haben keinen Anspruch auf Urlaub
Ein weit verbreiteter Irrtum im Apothekenalltag ist, dass geringfügig Beschäftigte keinen Urlaubsanspruch hätten. Abseits der steuer- und sozialrechtlichen Besonderheiten ist festzuhalten, dass geringfügig Beschäftigte aus arbeitsrechtlicher Sicht die gleichen Rechte und Pflichten haben wie andere Arbeitnehmer. Da in der Regel die wöchentliche Arbeitszeit in solchen Beschäftigungsformen an ein bis zwei Arbeitstagen erbracht wird, sollte die Umrechnung des Urlaubsanspruchs von Werk- in Arbeitstage nicht vergessen werden.
Im Falle der Anwendbarkeit des Bundesrahmentarifvertrags für Apothekenmitarbeiter (BRTV) ist außerdem auf die tarifliche Sonderzahlung nach § 18 BRTV zu achten. Aufgrund der Geringfügigkeitsgrenze droht hier eine potenzielle Stolperfalle, weil durch die Einmalzahlung gegebenenfalls diese Grenze mit der Auszahlung überschritten wird. Als Lösung bietet es sich an, wenn man die Sonderzahlung anteilig monatlich auszahlt und vorab von der Geringfügigkeitsgrenze abzieht. Letztlich ergibt sich damit eine geringere wöchentliche Arbeitszeit für Minijobber.
Irrtum Nr. 2: Arbeitnehmer erwerben in der Elternzeit keine Urlaubsansprüche
Sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer gehen häufig davon aus, dass während der Elternzeit keine Urlaubsansprüche entstehen, da weder die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung durch den Arbeitnehmer erbracht wird noch eine Gehaltszahlung durch den Arbeitgeber erfolgt. Die Hauptpflichten des Arbeitsvertrages ruhen während der Elternzeit. Aus dieser Sicht ist es folglich durchaus nachvollziehbar, wenn keine der Vertragsparteien von weiteren Urlaubsansprüchen während der Elternzeit ausgeht.
Die Wertung des Gesetzgebers macht hier jedoch allen Beteiligten einen Strich durch die Rechnung. § 17 Abs. 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) räumt dem Arbeitgeber eine Kürzungsmöglichkeit von Urlaubsansprüchen aus der Elternzeit ein. Im Umkehrschluss müssen folglich zunächst überhaupt Urlaubsansprüchen entstehen können, wenn der Gesetzgeber eine Kürzung vorsieht.
Zu beachten ist hierbei weiterhin, dass das Kürzungsrecht des Arbeitgebers einseitig von diesem ausgeübt wird und der Arbeitnehmer diese Entscheidung nur zur Kenntnis nehmen kann. Die Kürzung sollte im laufenden Arbeitsverhältnis vorgenommen werden und kann daher auch noch nach einer genommenen Elternzeit erfolgen. Der frühestmögliche Zeitpunkt für diese Willenserklärung ist nach der Rechtsprechung nach dem Antrag auf Elternzeit durch den Arbeitnehmer.
Irrtum Nr. 3: Eine Urlaubsabgeltung im laufenden Arbeitsverhältnis ist unproblematisch
Im Zusammenhang mit der Elternzeit ist auch diese Variante ein „beliebter“ Sachverhalt im Apothekenalltag: Arbeitnehmer möchten häufig vor dem Antritt der Elternzeit noch die interne Familienkasse aufbessern und würden sich gerne vom Arbeitgeber den Resturlaub auszahlen lassen.
Dieser Wunsch ist leider nicht vereinbar mit den Vorgaben aus dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). § 7 Abs. 4 BUrlG regelt einen Abgeltungsanspruch explizit nur für den Fall, dass eine Urlaubsgewährung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr vorgenommen werden kann.
Als Ausnahme hierzu erlaubt § 11 Abs. 12 BRTV auch im laufenden Arbeitsverhältnis eine einvernehmliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Abgeltung von drei Werktagen des Urlaubsanspruchs pro Kalenderjahr. Durch eine solche Vereinbarung darf aber nicht der gesetzliche Mindesturlaub von 24 Werktagen unterschritten werden.
Irrtum Nr.4: Bei Ausscheiden in der zweiten Jahreshälfte, steht dem Arbeitnehmer immer der volle (tarifliche) Jahresurlaub zu
Einige Arbeitnehmer sind der Meinung, dass ihnen nach Ausscheiden aus dem Betrieb in der zweiten Jahreshälfte, der volle (tarifliche) Jahresurlaub zustünde. An diesem Punkt kommt es entscheidend auf die gesetzlichen, vertraglichen oder tariflichen Vorgaben an und daher ist diese pauschale Aussage nur bedingt richtig.
Zunächst ist festzuhalten, dass aus den Vorgaben des Bundesurlaubsgesetzes und der Rechtsprechung nur abgeleitet werden kann, dass bei einer Dauer des Arbeitsverhältnisses von länger als sechs Monaten im Kalenderjahr der Urlaubsanspruch nicht geringer als der gesetzliche Mindesturlaubsanspruch nach § 3 Abs. 1 BUrlG von 24 Werktagen sein darf. Das ist die eigentliche Aussage, die leider oftmals bei einer Internetrecherche verkürzt dargestellt wird. Der BRTV hat dahingehend keine abweichende Regelung getroffen, sodass auch bei Anwendbarkeit der tariflichen Regelungen nur Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub besteht bzw. auf die Vorgabe pro-rata-temporis nach § 11 Abs. 5 BRTV.
Irrtum Nr. 5: Jeder Apothekenmitarbeiter erhält nach dem BRTV 35 Tage Urlaub
Ein weiteres konfliktträchtiges Thema ist die Umrechnung des Urlaubsanspruchs von Werk- in Arbeitstage. Diese hat nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts immer dann zu erfolgen, wenn ein Arbeitnehmer weniger als sechs Werktage die Woche arbeitet. Die Formel zur Umrechnung lautet wie folgt:
Urlaubsanspruch in Werktagen: 6 Werktage x Anzahl der tatsächlichen Arbeitstage = Urlaubsanspruch in Arbeitstagen
Anders als manche Arbeitnehmer glauben, dient diese Umrechnungsformel gerade nicht dazu, den Urlaubsanspruch von Teilzeitmitarbeitern zu schmälern. Es erfolgt lediglich eine Umrechnung in eine andere Einheit, um die Handhabung zu präzisieren. Denn Urlaub muss nur für die Tage genommen werden, an denen auch eine Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung besteht. Die Umrechnung gewährleistet, dass jedem Arbeitnehmer in der Gesamtbetrachtung die gleiche Urlaubsdauer zur Verfügung steht.
In diesem Zusammenhang sollte man sich auch nochmal kurz die Rundungsregeln bei der Berechnung von Urlaubsansprüchen vor Augen führen. Nach § 5 Abs. 2 BUrlG wird nur bei der Berechnung von anteiligen Jahresurlaubsansprüchen eine Aufrundung vorgenommen, wenn Bruchteile von Urlaubstagen mindestens einen halben Tag ergeben. Bei der Umrechnung von Werk- in Arbeitstage gibt es keine gesetzliche Rundungsregel, sodass bei diesem Rechenschritt weder auf- noch abgerundet wird. Da der Bundesrahmentarifvertrag keine besonderen Rundungsregelungen enthält, muss bei tariflichen Sachverhalten auf die gesetzlichen Vorgaben zurückgegriffen werden.
Irrtum Nr. 6: Eine Umrechnung und Gewährung von Urlaub in Stunden ist zulässig
Eines der wohl größten Missverständnisse aus der täglichen Beratungspraxis ist die Meinung, dass man ohne Hindernisse Urlaubsansprüche in Stunden umrechnen und gewähren könne. Weder das Bundesurlaubsgesetz noch der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter sehen diese Variante allerdings direkt vor. Diese Handhabung entsteht wohl unter anderem durch die irrige Annahme, dass der Gesetzgeber eine Legaldefinition für die feste Wertigkeit eines Arbeitstages geregelt habe. Dies ist jedoch gerade nicht der Fall. Es ist letztlich immer auf die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer individuell vereinbarte Arbeitsleistung am jeweiligen Tag abzustellen. Der Urlaubsanspruch wird aber trotzdem immer nur in Tagen gewährt. Ob der konkrete Arbeitstag beispielsweise vier Stunden oder acht Stunden beträgt, ist hierbei völlig unerheblich.
Ergeben sich bei der Berechnung des Urlaubsanspruchs etwaige Bruchteile, ist deren Wertigkeit entsprechend davon abhängig, an welchem Tag sie gewährt werden. Arbeitnehmer haben aber nicht automatisch einen Anspruch darauf, dass der Bruchteil ggf. am Arbeitstag mit den meisten Arbeitsstunden gewährt werden muss. Es gelten insoweit auch in diesem Fall die üblichen Regeln zur Urlaubsgewährung nach Bundesurlaubsgesetz und BRTV.
Praxistipp: Um gegebenenfalls langwierige Diskussion zu diesem Thema zu vermeiden, bietet es sich zum Beispiel an, dass man die restliche Zeit mit Überstundenabbau überbrückt. Denkbar wäre unter Umständen auch, dass der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine pragmatische Vereinbarung dahingehend trifft, dass solche Bruchteile aufgespart werden, bis sich mindestens ein ganzer Urlaubstag hieraus ergibt. Besonders arbeitnehmerfreundlich wäre eine sofortige Aufrundung bei der Berechnung, auch wenn hierauf kein Anspruch seitens des Arbeitnehmers besteht.
Dieser Beitrag wird in einem zweiten Teil fortgesetzt.
1 Kommentar
Irrtum Nr.6
von Martina am 02.01.2025 um 23:29 Uhr
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