Rückblick 2024

Pen-Nadeln nein, Blindenhunde ja

02.01.2025, 12:15 Uhr

Sicherlich keine Überraschung: Blindenhunde sind keine apothekenüblichen Hilfsmittel. (Foto: Roman/AdobeStock)

Sicherlich keine Überraschung: Blindenhunde sind keine apothekenüblichen Hilfsmittel. (Foto: Roman/AdobeStock)


Es war nicht alles schlecht 2024, denn im April ist für apothekenüb­liche Hilfsmittel die Pflicht zur Präqualifizierung weggefallen. 

Seit 2011 mussten sich Apotheken, die Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen mit Hilfsmitteln versorgen wollten, präqualifizieren. Die Berechtigung, bestimmte Hilfsmittel zulasten der Kassen abzurechnen, war an bestimmte Bedingungen geknüpft, wie das Vorhandensein einer behindertengerechten Toilette oder einer Werkbank, um Bandagen (Fertigprodukte), und industriell hergestellte Orthesen (ohne Anpassung) abzugeben. Die Apothekenbetriebserlaubnis allein reichte nicht mehr aus. Apotheken durften also Insuline oder Asthmaspray problemlos abgeben, allein weil sie Apotheken sind. Die zugehörigen Nadeln, Pens oder eine Inhalierhilfe nicht. Dazu brauchten sie plötzlich seitenweise Belege ihrer Präqualifizierung. Kostenpflichtig war das Verfahren natürlich auch.

Problematisch war bei der Präqualifizierung zum einen, dass an Apotheken dieselben Anforderungen gestellt wurden wie an alle anderen Leistungserbringer, also Sanitätshäuser, Optiker oder Friseursalons. Vieles, was für die Präqualifizierung eingereicht werden musste, müssen Apotheken bereits für die Beantragung ihrer Betriebserlaubnis vorlegen. Nach gesundem Menschenverstand hätte die Tatsache, dass es sich bei der abgebenden Stelle um eine Apotheke handelt, eigentlich für vieles als Nachweis reichen müssen. So war es aber nicht. Zum anderen wurde das Gebaren der Präqualifizierungsstellen, darunter auch die ABDA-Tochter AfP, immer absurder. So war plötzlich die behindertengerechte Toilette plötzlich einen Zentimeter zu hoch oder die Unterlagen wurden als un­zureichend betrachtet, weil auf dem eingereichten Foto nicht sichtbar war, dass der Be­ratungsraum neben Wänden und einer Tür auch über eine Zimmerdecke verfügt.

Wegfall mit dem ALBVVG

Das stetige Lamento der Standesvertretung bei der Politik über diesen Zustand zeigte tatsächlich Wirkung. Mit dem Arzneimittellieferengpass- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) wurde die Präqualifizierung für apothekenübliche Hilfsmittel abgeschafft. Allerdings kam die Entlastung nicht mit Inkrafttreten des Gesetzes im Juli 2023. Denn GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband mussten noch festlegen, was genau „apothekenübliche Hilfsmittel“ sind. Und das innerhalb von sechs Monaten, also bis zum 27. Januar 2024.

Das ist dann tatsächlich gelungen. Im Februar stimmten dann noch die Gremien von DAV und Kassen zu und somit war das Ende der Präqualifizierung für apothekenübliche Hilfsmittel zum 31. März 2024 besiegelt. Seit dies bekannt ist, scheinen sich die Präqualifizierungsstellen nochmals richtig ins Zeug zu legen und unüblich früh Überwachungsaudits durchzuführen

Im Sommer wurde die Liste der apothekenüblichen Hilfsmittel dann nochmals aktualisiert. Für nicht-apothekenübliche Hilfsmittel, zum Beispiel Blindenhunde, ist übrigens weiterhin eine Präqualifizierung notwendig

Zu Ende ist die Geschichte damit allerdings nicht. Zum einen sehen Sanitätshäuser durch den Wegfall der Präqualifizierung eine verfassungswidrige Benachteiligung im Wettbewerb und beklagen eine Gefährdung einheitlicher Qualitätsstandards in der Gesundheitsversorgung. Daher hat das Stolle Sanitätshaus Verfassungsbeschwerde eingereicht. Zum anderen gestaltet sich der Ausstieg aus den Verträgen oftmals schwierig und es gibt nach wie und vor Ärger mit den Agenturen.  


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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