Schwangerschaftsdiabetes

Insulin bleibt Queen

Insulin gilt als Standardtherapie in der Behandlung eines Gestationsdiabetes. In einer aktuellen Studie scheitert der Nachweis der Nicht-Unterlegenheit einer oralen Therapie mit Metformin oder Metformin plus Glibenclamid.

Insulin bleibt Queen

Ein Gestationsdiabetes sollte im Sinne der Gesundheit von Mutter und ungeborenem Kind therapiert werden, darin besteht Einigkeit. In der Leitlinie Gestationsdiabetes (in Überarbeitung) werden mehrmals gemessene Nüchternblutzuckerwerte über 110 mg/dl bzw. 6,1 mmol/l als Indikation für eine zügige medikamentöse Therapie angegeben. Bei Hyperglykämie mit niedrigeren Werten kann zunächst für zwei Wochen versucht werden, mit einer Ernährungsumstellung und körperlicher Aktivität die Blutwerte zu normalisieren. Gelingt dies nicht, soll ebenfalls medikamentös behandelt werden.

Standardmäßig wird ein Gestationsdiabetes mit Insulin therapiert. In den letzten Jahren untersuchen Forschende jedoch zunehmend orale Alternativen, da dies von den Schwangeren bevorzugt wird. Für Metformin, außerhalb einer Schwangerschaft Mittel der Wahl bei Typ-2-Diabetes, waren die Erkenntnisse der letzten Jahre widersprüchlich. Dänische Forscher fügen dem nun mit einer aktuellen Studie, die im Fachjournal JAMA veröffentlicht wurde, ein weiteres Puzzleteil hinzu. Dabei erfüllt eine orale Therapie mit Metformin jedoch nicht die Kriterien für eine Nichtunterlegenheit im Vergleich zur Insulin-Therapie.

Metformin im Vergleich mit Insulin

In die randomisierte opel-label Nichtunterlegenheits-Studie wurden 820 Frauen mit einem Durchschnittsalter von 33,2 Jahren eingeschlossen, bei denen zwischen der 16. und 34. Schwangerschaftswoche ein Gestationsdiabetes mit unzureichend kontrollierbarem Blutzuckerspiegel vorlag. 409 Frauen erhielten Metformin (initial 500 mg pro Tag, alle drei Tage wurde aufdosiert bis auf 1000 mg Metformin zweimal täglich oder der höchsten tolerierten Dosis). Wurde unter Metformin der Zielkorridor nicht erreicht, wurde Glibenclamid zusätzlich verordnet. War auch dies nicht ausreichend, wurde es durch Insulin ersetzt. 411 Frauen wurden mit Insulin therapiert.  

Erhöhtes Geburtsgewicht häufiger unter Metformin  

Der wesentliche Unterschied zwischen den beiden Gruppen bestand hinsichtlich des Anteils der Kinder mit zu hohem Geburtsgewicht, definiert als Geburtsgewicht über der 90%-Perzentile. Dies betraf unter oraler Therapie 97 Kinder (23,9%), unter Insulin dagegen nur 79 Kinder (19,9%). Die absolute Risikoreduktion lag also bei 4%. Das 95%-Konfidenzintervall von -1,7% bis 9,8% überschritt jedoch die festgelegte Nichtüberlegenheits-Grenze von 8%. Die Nichtunterlegenheit der oralen Metformin-Therapie gegenüber der Insulin-Therapie gilt damit als nicht belegt, Insulin hat also in Bezug auf Geburtsgewicht Vorteile.

Ob die Schwangere mit oralem Antidiabetikum oder mit Insulin therapiert wurde, führte auch zu einem Unterschied hinsichtlich der Häufigkeit von Hypoglykämien: Diese tragen unter oraler Therapie bei 20,9% der Patientinnen, unter Insulin-Therapie bei 10,9% der Patientinnen auf (absolute Risikoreduktion 10,0%, 95%-KI 3,7% bis 21,2%). Die Studienautoren führen als mögliche Erklärung das hohe Hypoglykämie-Risiko unter Glibenclamid an, das 96 Probandinnen aus der Metformin-Gruppe zusätzlich einnehmen mussten, um euglykämische Blutspiegel zu erreichen.

Hinsichtlich anderer Endpunkte (Häufigkeit von Kaiserschnitten, Schwangerschafts-Hypertonie bis hin zur Präeklampsie, mütterliche Gewichtszunahme und intensivmedizinische Versorgung des Neugeborenen) bestand kein relevanter Unterschied zwischen Metformin- und Insulin-Gruppe.

Widerspruch zu anderen Studien

Die Ergebnisse der Studie stehen im Gegensatz zu Publikationen der vergangenen Jahre. Die Autoren eines Cochrane-Reviews fanden keine Evidenz für die Überlegenheit von Insulin im Vergleich zu oralen Antidiabetika. In einer Metaanalyse aus dem Jahr 2015, auf den sich auch die deutsche Leitlinie bezieht, kamen die Studienautoren zu dem Ergebnis, dass die Therapie mit Metformin im Vergleich zu Insulin mit einer geringeren Gewichtszunahme der Schwangeren, einem niedrigeren Risiko für Schwangerschaftshypertonie und einer geringeren Rate für schwere Hypoglykämien beim Neogeborenen verbunden ist.

Embryotox, das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie der Charité Berlin, empfiehlt angesichts der widersprüchlichen und nur unzureichenden Erkenntnisse zur Sicherheit von Metformin und der guten Plazentagängigkeit der Substanz eine Therapie des Gestationsdiabetes mit Insulin. Auch die gängigen Leitlinien geben diese Empfehlung, zumal langfristige Studien fehlen – oder wie die Autoren des JAMA-Editorials formulieren: „In pregnancy glycemic management, insulin is queen“.

Literatur

[1] Rademaker D et al. Oral Glucose-Lowering Agents vs Insulin for Gestational Diabetes: A Randomized Clinical Trial. JAMA 2025, doi: 10.1001/jama.2024.23410

[2] Powe CE. For Gestational Diabetes Pharmacotherapy, Insulin Reigns Supreme. JAMA 2025, doi: 10.1001/jama.2024.27148

[3] Gestationsdiabetes (GDM), Diagnostik, Therapie und Nachsorge. S3-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG). AWMF Reg.Nr. 057-008, Stand: 28. Februar 2018 (in Überarbeitung)

[4] Martis R et al. Treatments for women with gestational diabetes mellitus: an overview of Cochrane systematic reviews. Cochrane Database Syst Rev 2018;8(8):CD012327, doi:10.1002/14651858.CD012327.pub2

[5] Balsells M et al. Glibenclamide, metformin, and insulin for the treatment of gestational diabetes: a systematic review and meta-analysis. BMJ 2015;350:h102, doi:10.1136/bmj.h102

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