Für die Realität von morgen: Mit Optimismus und Verantwortung wählen
Mehr als einmal wurde ich in den letzten Jahren gefragt, ob wir „junge Leute“ denn angesichts des aktuellen Weltgeschehens noch optimistisch in die Zukunft schauen können. Ich antworte auf diese Frage mit einem ganz klaren „Ja“. In einer demokratischen Gesellschaft, in der wir aktiv mitbestimmen können, wie sich die Zukunft entwickelt, halte ich die Antwort „Nein“ für eine Ausrede, um sich der eigenen Verantwortung zu entziehen. Optimismus steht für mich persönlich somit nicht zur Debatte.
Trotzdem nehme ich in vielen Bereichen wahr, dass diese optimistische Herangehensweise nicht immer vorhanden ist: Dass sich oftmals lieber beschwert wird, anstatt Alternativen zu entwickeln. Dass Veränderung grundsätzlich abgelehnt wird, anstatt sich auf neue Ideen einzulassen. Unzufriedenheit ist in den aktuellen Zeiten berechtigt, aber am Status Quo festzuhalten und den Kopf in den Sand zu stecken, wird weder die eigene Unzufriedenheit verbessern, noch etwas an der Situation ändern.
Aufgefallen ist mir in diesem Zusammenhang die überraschende Nachricht über die Nichtwiederwahl von Gabriele Regina Overwiening zur Abda-Präsidentin im Dezember 2024, obwohl ihre Kandidatur lange bekannt war und es keine Gegenkandidat*innen gab. Ich habe mich in dem Zuge gefragt, ob dies nicht leider für eine wenig konstruktive, nicht zukunftsgewandte Einstellung innerhalb der Standespolitik und eine Fehlerkultur spricht, die nicht Weiterentwicklung, sondern die Fehler selbst in den Mittelpunkt stellt. Warum haben die Delegierten, die gegen Frau Overwiening gestimmt haben, keine*n andere*n Kandidat*in unterstützt? Gibt es innerhalb der Abda keinen Rahmen, in dem ehrlich über mögliche Gründe gegen eine erneute Kandidatur der Präsidentin oder Unzufriedenheiten der Mitglieder lösungsorientiert diskutiert werden kann? Warum wurde hier eine scheinbar ausschließliche Entscheidung „dagegen“ getroffen? Auch wenn mit Thomas Preis ein neuer Abda-Präsident gewählt wurde, stimmt mich das alles nachdenklich.
Konsequenzen des Nichtwählens
Bei der Bundestagswahl oder bei Landtagswahlen werden Entscheidungen, die ausschließlich „dagegen“ sind, durch die Nichtwähler*innen getroffen. Bei der letzten Bundestagswahl 2021 lag die Wahlbeteiligung bei 76,6 %. Das heißt, fast ein Viertel der Wahlberechtigten hat nicht an der Wahl teilgenommen. Die Gründe sind hier sicherlich vielfältig und der soziale Hintergrund der Personen von großem Einfluss [1]. Den Konsequenzen sollte man sich als Nichtwähler*in dennoch bewusst sein. Ein Beitrag von ZDF-heute hat dies anlässlich der Bundestagswahl 2021 anschaulich aufgearbeitet und Prof. Rüdiger Schmitt-Beck, Politikwissenschaftler der Universität Mannheim fasst es hier passend zusammen: „Das Sinken der Wahlbeteiligung führt dazu, dass sich soziale Ungleichheit immer stärker in politische Ungleichheit übersetzt – nicht nur bezüglich der Vertretung im Parlament, sondern auch bezüglich der Politik, die daraufhin gemacht wird.“
Umso wichtiger ist es, dass wir selbst die Verantwortung des Wahlrechts und die Möglichkeiten der politischen Mitbestimmung wahrnehmen und in unserem Wirkungsspektrum und sozialen Umfeld für die Bedeutung sensibilisieren. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit. Wir können dankbar für unsere Demokratie sein und unserer Verantwortung gerecht werden, sie zu unterstützen und zu schützen, indem wir uns immer wieder für sie einsetzen und sie aktiv ausleben. Auch im Sinne unserer heilberuflichen Tätigkeit sollte uns das ein gemeinsames Anliegen sein. Dies haben der BPhD und die Abda in einer gemeinsamen Erklärung von 204 Akteuren aus dem Gesundheitswesen im März 2024 bekräftigt [2].
Welche Veränderungen wollen wir in der Zukunft sehen?
Wir sollten uns also in den kommenden Wochen die Frage stellen: Welche Veränderungen wollen wir in der Zukunft sehen? Und wie können wir Entscheidungen „dafür“ treffen? Für die Realität von morgen und für die Demokratie.
Ich wünsche mir von jedem*jeder Einzelnen, dass sich diese Fragen gestellt werden und dass kurzfristige Unzufriedenheit überwunden werden kann, um langfristig Verbesserungen und Fortschritt zu erzielen. Die Welt um uns herum verändert sich, ob wir es wollen oder nicht. Nur wenn wir bereit sind, Veränderungen zu akzeptieren und mitzugestalten, können wir vorankommen.
Mehr Lösungen für die öffentliche Apotheke der Zukunft
Ich wünsche mir von der Standespolitik, dass mehr über Lösungen für die öffentliche Apotheke der Zukunft und nicht nur über die Probleme diskutiert wird. Damit der Politik konstruktive Vorschläge präsentiert werden können und gleichzeitig Angeboten aus der Politik konstruktiv begegnet werden kann.
Und für die politischen Entscheidungen bezüglich der Apotheken und der Pharmazie wünsche ich mir, dass das Potenzial und die Kompetenzen der Apotheker*innen in der Berufsausübung der öffentlichen Apotheke erkannt und mehr genutzt werden, dass sich die Bedingungen für Pharmazeut*innen im Praktikum verbessern und dass das Pharmaziestudium endlich die Novellierung erhält, die es seit Langem braucht. Ich bin überzeugt davon, dass in diesen Veränderungen Chancen für die Zukunft einer verlässlichen Gesundheitsversorgung und der Apotheker*innen liegen. In diesem Sinne: Gehen wir wählen und entscheiden wir mit!