BKK-Dachverband will „Reboot“ bei GKV
Beitragssatzexplosion, Probleme bei Versorgung, Pflege, Prävention, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) fordert: „Neu machen, anders machen, besser machen!“ Das hat er der kommenden Bundesregierung ins „gesundheitspolitische Aufgabenheft für die kommende Legislatur“ geschrieben. Denn: „Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) braucht einen Reboot, um wieder auf die Beine zu kommen“, heißt es in der dazugehörigen Pressemitteilung vom Donnerstag vergangener Woche.
Axtanlegen beim Sozialgesetzbuch
„Die Misere der gesetzlichen Krankenversicherung und unserer Gesundheitsversorgung ist nicht schicksalhaft, sondern hausgemacht“, erklärte der Dachverbands-Vorsitzende, Franz Knieps. Axt anlegen will er vor allem beim Sozialgesetzbuch, einem „Buch voller Fehlanreize, Beschränkungen und Absurditäten, die verantwortlich für unsere allenfalls mittelmäßige und teure Versorgung sind“.
Ansetzen will der Dachverband auch bei der Prävention. Er kritisiert: „Aktuell sind die Krankenkassen überwiegend dafür zuständig, die Versorgung ihrer Versicherten bei Erkrankung zu organisieren – nicht aber für deren Gesundheit insgesamt“. Strategien gegen vermeidbare Erkrankungen würden an den „Sektoren-Silos“ des Systems scheitern.
Gesundes Leben als politische Priorität
So fordert der BKK-Dachverband, dass das Recht auf ein gesundes Leben politische Priorität haben müsse. Dies nicht nur im Gesundheitswesen, sondern auch bei Ernährung, Bildung, Städtebau oder Verkehr.
Das bedeutet unter anderem, die Potenziale von KI-gestützter Datenanalyse besser zu nutzen. Oder aber auch, dass Prävention gleichberechtigter Teil des Leistungskatalogs der GKV werden soll. Und, dass die Kassen selbst zu einer Art Leistungserbringern werden. „Krankenkassen müssen mehr Möglichkeiten erhalten, individuell auf Versicherte zugehen zu dürfen, um sie anhand von Analysedaten gezielter beraten zu können“.
Kassen als „Lotsen im Gesundheitswesen“
Dem entspricht, dass die Kassen für sich eine aktivere Rolle als „Lotsen im Gesundheitswesen“ in Anspruch nehmen sollen. Die BKK fordert: „Krankenkassen müssen durch mehr Gestaltungsfreiheit problemlos Verträge mit Ärzten und Krankenhäusern und anderen Leistungserbringenden schließen dürfen, die den Aufbau von Gesundheitsnetzwerken ermöglichen“. Für die Kassen will der Verband, dass sie in einen Wettbewerb um die beste medizinische Versorgung treten dürfen.
Mit Blick auf die stark angestiegenen Beitragssätze der GKV kritisiert die BKK, dass sich bei den Bundes- und Landesregierungen „über Jahrzehnte ein unfairer und in Teilen verfassungswidriger Griff in die Taschen der GKV-Beitragszahlenden etabliert“ habe, der ein wesentlicher Grund für die hohen Beiträge sei.
Mehrwertsteuersatz runter
Hier fordert der Dachverband, dass der Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen regelmäßig angepasst wird und die Kassen mehr Gestaltungsmöglichkeiten bekommen. Wichtig ist ihm auch, dass der Mehrwertsteuersatz für alle Waren und Dienstleistungen, die der Gesundheit der Patienten dienen, gesenkt wird.
In der Pflege verlangt der Verband nach einer „Zeitenwende“. Hier soll unter anderem die soziale Pflegeversicherung durch dauerhafte Steuerzuschüsse von den Kosten versicherungsfremder Leistungen entlastet und die Prävention ausgebaut werden, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden. Pflegende An- und Zugehörige sollen unter bestimmten Umständen einen Pflegelohn erhalten.
Nachholbedarf bei Nachhaltigkeit
Auch beim Thema Nachhaltigkeit des Gesundheitswesens sieht der BKK-Dachverband Nachholbedarf. Dazu sollen die Kassen die Möglichkeit bekommen, Verträge abschließen zu können, die Umweltbelange berücksichtigen.
„Es ist eine nationale Nachhaltigkeitsstrategie für das Gesundheitswesen zu entwickeln, die die besondere Rolle der Krankenkassen einerseits als Kostentragende und anderseits als für die Gesundheit der Versicherten verantwortliche Institutionen berücksichtigt“, heißt es in dem Papier.
Der Verband sieht allgemein „die Grenzen der Belastbarkeit der Versicherten und ihrer Arbeitgebenden“ erreicht. „Der soziale Zusammenhalt des Landes und seine internationale Wettbewerbsfähigkeit stehen auf dem Spiel“, heißt es in dem Papier, um die Dringlichkeit zu unterstreichen.