Everolimus
Everolimus
ATC-Code
L: Antineoplastische und immunmodulierende Mittel
L04: Immunsuppressiva
L04A: Immunsuppressiva
L04AA: Selektive Immunsuppressiva
L04AA18: Everolimus
Wirkungsmechanismus
Everolimus wirkt, indem es die Proliferation und damit die klonale Expansion antigen-aktivierter T-Zellen hemmt, welche durch die T-Zell-spezifischen Interleukine, zum Beispiel Interleukin-2 und Interleukin-15, gesteuert wird. Everolimus hemmt einen intrazellulären Signalweg, der durch die Bindung dieser T-Zell-Wachstumsfaktoren an die entsprechenden Rezeptoren angestoßen wird und normalerweise zur Zellproliferation führt. Wenn Everolimus dieses Signal blockiert, verharren die Zellen im G1-Stadium des Zellzyklus. Auf molekularer Ebene bildet Everolimus einen Komplex mit dem zytoplasmatischen Protein FKBP-12. In Anwesenheit von Everolimus wird die Wachstumsfaktorstimulierte Phosphorylierung der p70-S6-Kinase gehemmt. Da die Phosphorylierung der p70-S6-Kinase unter Kontrolle von FRAP (auch m-TOR genannt) steht, liegt es nahe anzunehmen, dass der Everolimus-FKBP-12-Komplex an FRAP bindet und auf diese Weise dessen Funktion beeinflusst. FRAP ist ein regulierendes Schlüsselprotein, welches den Zellmetabolismus, das Wachstum und die Proliferation regelt. Die Unterbindung der FRAP-Funktion erklärt somit die durch Everolimus verursachte Unterbrechung des Zellzyklus.
Everolimus hat demnach einen anderen Wirkmechanismus als Ciclosporin. In präklinischen Modellen zur Allotransplantation war die Kombination von Everolimus mit Ciclosporin wirksamer als einer der beiden Wirkstoffe allein. Die Wirkung von Everolimus ist nicht auf die T-Zellen beschränkt. Es hemmt vielmehr generell eine durch Wachstumsfaktoren stimulierte Proliferation von hämatopoetischen und nicht-hämatopoetischen Zellen, beispielsweise jene der vaskulären glatten Muskelzellen. Die durch Wachstumsfaktoren stimulierte Proliferation der vaskulären glatten Muskelzellen, die durch eine Verletzung der Endothelzellen ausgelöst wird und zur Bildung einer Neointima führt, spielt eine Schlüsselrolle in der Pathogenese der chronischen Abstoßung. Präklinische Studien mit Everolimus zeigten eine Hemmung der Bildung der Neointima an einem Rattenaorta-Allotransplantationsmodell.
Hintergrundinformation
mTOR-Inhibitoren
Das natürlich vorkommende Makrolid Sirolimus (syn. Rapamycin, Rapamune®) und sein synthetisches Derivat Everolimus (Certican®) sind die ersten beiden Vertreter einer neuen Klasse von Immunsuppressiva, den Inhibitoren von mTOR (mammalian Target Of Rapamycin). Sirolimus kann oral eingenommen werden, Everolimus wurde entwickelt, um die orale Pharmakokinetik zu verbessern. Im Gegensatz zu den anderen Makrolid-Immunsuppressiva Tacrolimus und Ciclosporin blockieren Sirolimus und Everolimus nicht Calcineurin und somit das Signal der T-Zell-Aktivierung, sondern greifen zu einem späteren Zeitpunkt in die Aktivierungskaskade ein. Die Kinase mTOR liegt im Mittelpunkt der so genannten Signal-III-Kaskade.
Die Aktivierung von mTOR führt nach einer Stimulation durch Interleukin-2 zu einer Proliferation und Aktivierung von T- und B-Zellen und zu einer Steigerung der Antikörperproduktion. Durch den anderen Wirkungsmechanismus kommt es einerseits zu synergistischen Effekten mit den herkömmlichen Immunsuppressiva und andererseits zu einem anderen Spektrum an unerwünschten Begleiteffekten.
Pharmakokinetik
- Resorption: Nach oraler Einnahme treten die Everolimus-Spitzenkonzentrationen nach ein bis zwei Stunden auf. Die Blutspiegel verhalten sich bei transplantierten Patienten über einen Dosisbereich von 0,25 bis 15 mg dosisproportional. Die relative Bioverfügbarkeit der Tablette zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen verglichen mit der Tablette beträgt 0,9, basierend auf dem AUC-Verhältnis. Cmax und AUC von Everolimus werden um 60% bzw. 16% reduziert, wenn die Tablette gleichzeitig mit einer fettreichen Mahlzeit gegeben wird. Um die Variabilität zu minimieren, sollte Certican® entweder immer mit oder immer ohne Nahrung eingenommen werden.
- Verteilung: Bei gesunden Probanden und Patienten mit moderater Einschränkung der Leberfunktion beträgt die Plasmaproteinbindung etwa 74%.
- Metabolismus: Everolimus ist ein Substrat von CYP3A4 und P-Glykoprotein. Die Hauptabbauwege beim Menschen sind die Monohydroxylierung und die O-Dealkylierung. Die zwei wichtigsten Metabolite werden durch Hydrolyse der zyklischen Laktone gebildet. Keiner der Hauptmetaboliten trägt wahrscheinlich signifikant zur immunsuppressiven Aktivität von Everolimus bei.
- Exkretion: Nach Gabe einer Einzeldosis von radioaktiv markiertem Everolimus an transplantierte Patienten, die Ciclosporin erhalten, findet sich der Großteil der Radioaktivität (80%) in den Fäzes, und nur ein kleinerer Teil (5%) wird mit dem Urin ausgeschieden. Nicht-metabolisierte Substanz wurde in Urin und Fäzes nicht gefunden.
- Steady-state-Pharmakokinetik: Die Pharmakokinetik war bei nieren- und herztransplantierten Patienten, die Everolimus zweimal täglich gleichzeitig mit Ciclosporin-Mikroemulsion erhielten, vergleichbar. Ein Steady-state-Zustand wird am vierten Tag erreicht; verglichen mit der Anfangsdosis liegen die Blutspiegelwerte zwei- bis dreifach höher. Tmax tritt ein bis zwei Stunden nach der Einnahme auf. Die Everolimus-Exposition bleibt während des ersten Jahres nach der Transplantation stabil.
- Leberfunktionsstörung: Die Everolimus-AUC wurde bei acht Patienten mit moderater Leberfunktionsstörung (Child-Pugh Klasse B) um durchschnittlich das Zweifache erhöht, verglichen mit acht gesunden Probanden.
- Nierenfunktionsstörung: Eine Nierenfunktionsstörung nach der Transplantation beeinträchtigte die Pharmakokinetik von Everolimus nicht.
- Kinderheilkunde: Die Everolimus-Cl/F steigt linear mit dem Patientenalter (1 - 16 Jahre), mit der Körperoberfläche (0,49 - 1,92 m²) und mit dem Gewicht (11 -77 kg).
- Ältere Patienten: Eine begrenzte Reduktion der oralen Cl von Everolimus um 0,33% pro Jahr wird bei Erwachsenen geschätzt (untersuchter Altersrahmen 16 70 Jahre). Eine Dosisanpassung erscheint nicht notwendig.
- Ethnische Faktoren: Die orale Clearance (Cl/F) ist bei transplantierten Patienten mit schwarzer Hautfarbe durchschnittlich um 20% höher.
- Exposition-Wirkungs-Beziehung: Die durchschnittlichen Talkonzentrationen von Everolimus während der ersten sechs Monate nach der Transplantation korrelierten bei nieren- und herztransplantierten Patienten mit der Inzidenz der durch eine Biopsie belegten akuten Abstoßung und einer Thrombozytopenie.
Dosierung, Art und Dauer der Anwendung
Allgemein wird eine anfängliche Dosierung von 0,75 mg zweimal täglich empfohlen, beginnend sobald wie möglich nach der Transplantation. Die Tagesdosis sollte immer aufgeteilt auf zwei Dosen (zweimal täglich) oral gegeben werden, durchgängig entweder mit oder ohne Nahrungsaufnahme und zur gleichen Zeit wie Ciclosporin-Mikroemulsion.
Certican® ist nur zum Einnehmen vorgesehen. Die Tabletten sollten im Ganzen mit einem Glas Wasser eingenommen werden und vor Gebrauch nicht zerstoßen werden. Für Patienten, die keine Tabletten im Ganzen schlucken können, stehen auch Certican®-Tabletten zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen zur Verfügung.
Eine routinemäßige Überwachung der therapeutischen Vollblutspiegel von Everolimus wird empfohlen, um die Wirksamkeit der Behandlung zu gewährleisten. Besonders wichtig ist die Überwachung bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen, während einer begleitenden Medikation mit starken CYP3A4-Induktoren und -Inhibitoren, bei einem Wechsel zu einer anderen Darreichungsform und/oder wenn die Ciclosporin-Dosierung deutlich reduziert wird. In Abhängigkeit vom erreichten Blutspiegel, von der Verträglichkeit, dem individuellen Ansprechen, einer Änderung der Begleitmedikation und des klinischen Zustands können Dosisanpassungen erforderlich sein. Diese können in Intervallen von 4 bis 5 Tagen erfolgen.
- Akute Abstoßungsreaktionen sind bei Patienten mit schwarzer Hautfarbe signifikant häufiger als bei nicht-schwarzen Patienten. Patienten mit schwarzer Hautfarbe benötigen möglicherweise höhere Dosen, um die gleiche Wirksamkeit wie bei nicht-schwarzen Patienten zu erzielen.
- Die Erfahrungen sind nicht ausreichend, um die Anwendung von Everolimus bei Kindern und Jugendlichen zu empfehlen. In begrenztem Umfang sind für pädiatrische Nieren-Transplantationspatienten Daten verfügbar.
- Die klinische Erfahrung mit Patienten über 65 Jahren ist ebenfalls begrenzt. Bisher gibt es allerdings keine offensichtlichen Unterschiede in der Pharmakokinetik von Everolimus bei Patienten im Alter von 65 bis 70 Jahren. Dosisanpassungen sind daher nicht erforderlich.
- Die Vollblutspiegel von Everolimus sollten bei Patienten mit Leberinsuffizienz engmaschig überwacht und die Dosis gegebenenfalls angepasst werden. Everolimus wurde nicht bei Patienten mit schwerer Leberinsuffizienz untersucht.
- Eine Nierenfunktionsstörung nach der Transplantation beeinträchtigte die Pharmakokinetik von Everolimus nicht, wie erwähnt.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Everolimus, Sirolimus oder einem der sonstigen Bestandteile.
Unerwünschte Wirkungen
In kontrollierten klinischen Studien über mindestens ein Jahr entwickelten 1,4% der Patienten, die Everolimus (1,5 mg oder 3,0 mg/Tag) in Kombination mit anderen Immunsuppressiva erhielten, Lymphome oder lymphoproliferative Erkrankungen. Malignitäten der Haut entwickelten sich bei 1,3% der Patienten, andere Arten von Malignitäten traten bei 1,2% der Patienten auf. Erhöhungen des Serum-Kreatinins wurden häufiger bei Patienten beobachtet, die Everolimus in Kombination mit voller Dosis Ciclosporin-Mikroemulsion erhalten hatten, als bei Patienten der Kontrollgruppe. Die Gesamtinzidenz der Nebenwirkungen war bei reduzierter Dosierung von Ciclosporin-Mikroemulsion geringer. Die nachfolgend beschriebenen Nebenwirkungen spiegeln die gepoolten Daten von 1199 Patienten wider (sehr häufig: > 1/10, häufig: > 1/100 und < 1/10, gelegentlich: > 1/1000 und < 1/100, selten: > 1/10 000 und > 1/1000, sehr selten: < 1/10 000).
- Infektionen und parasitäre Erkrankungen: häufig: virale, bakterielle und Pilz-Infektionen, Sepsis; gelegentlich Wundinfektionen
- Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems: sehr häufig: Leukopenie; häufig: Thrombozytopenie, Anämie, Koagulopathie, thrombotische-thrombozytopenische Purpura/hämolytisch-urämisches Syndrom; gelegentlich Hämolyse
- endokrine Erkrankungen: gelegentlich: männlicher Hypogonadismus (Testosteron erniedrigt, LH erhöht)
- Stoffwechsel und Ernährungsstörungen: sehr häufig: Hypercholesterinämie, Hyperlipidämie, häufig: Hypertriglyzeridämie
- Gefäßerkrankungen: häufig: Hypertonie, Lymphozelen, venöse Thromboembolie
- Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums: häufig: Pneumonie, gelegentlich: Pneumonitis
- Erkrankungen des Gastrointestinaltraktes: häufig: Bauchschmerzen, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen
- Leber- und Gallenerkrankungen: gelegentlich: Hepatitis, Leberfunktionsstörungen, Gelbsucht, abnorme Leberfunktionswerte
- Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes: häufig: Akne, Wundheilungsstörungen nach Operationen; gelegentlich: Hautausschlag
- Erkrankungen der Skelettmuskulatur: gelegentlich: Myalgie
- Erkrankungen der Nieren und Harnwege: häufig: Infektionen der Harnwege; gelegentlich: renale tubuläre Nekrosen, Pyelonephritis
- allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort: häufig: Ödeme, Schmerzen
Wechselwirkungen
Everolimus wird hauptsächlich über CYP3A4 in der Leber und in gewissem Ausmaß in der Darmwand metabolisiert. Es ist ein Substrat für die MultisubstratEfflux-Pumpe, das P-Glykoprotein (PgP). Die Absorption und darauf folgende Elimination von systemisch aufgenommenem Everolimus kann daher durch Arzneimittel beeinflusst werden, die auf CYP3A4 und/oder P-Glykoprotein einwirken. Die gleichzeitige Behandlung mit starken 3A4-Inhibitoren und -Induktoren wird nicht empfohlen. Inhibitoren von P-Glykoprotein können die Ausschleusung von Everolimus aus den Darmzellen behindern und die Blutspiegel von Everolimus erhöhen.
In vitro erwies sich Everolimus als kompetitiver Inhibitor von CYP3A4 und CYP2D6, der potenziell die Konzentration von Arzneistoffen erhöht, die über diese Enzyme eliminiert werden. Daher ist Vorsicht geboten, wenn Substrate von 3A4 und 2D6 mit enger therapeutischer Breite zusammen mit Everolimus angewendet werden. Alle Studien zu In-vivo-Wechselwirkungen wurden ohne begleitende Ciclosporin-Gabe durchgeführt.
- Ciclosporin ist ein CYP3A4/ PgP-Inhibitor. Die Bioverfügbarkeit von Everolimus war bei gleichzeitiger Anwendung mit Ciclosporin signifikant erhöht. In einer Studie mit Einmalgabe an gesunden Probanden erhöhte Ciclosporin-Mikroemulsion die AUC von Everolimus um 168% (46% bis 365%) und Cmax um 82% (25% bis 158%) im Vergleich zur alleinigen Gabe von Everolimus. Eine Dosisanpassung von Everolimus könnte erforderlich werden, falls die Dosierung von Ciclosporin geändert wird. Bei Patienten nach Nieren- und Herztransplantation, die Ciclosporin-Mikroemulsion erhielten, hatte Everolimus einen klinisch geringen Einfluss auf die Pharmakokinetik von Ciclosporin.
- Rifampicin (CYP3A4-Induktor): Die Vorbehandlung gesunder Probanden mit Mehrfach-Dosen von Rifampicin, gefolgt von einer Einmal-Dosis von Everolimus, erhöhte die Clearance von Everolimus fast um das Dreifache, erniedrigte Cmax um 58% und die AUC um 63%. Eine Kombination mit Rifampicin wird nicht empfohlen.
- Atorvastatin (CYP3A4-Substrat) und Pravastatin (PgP-Substrat): Die Einmalgabe von Everolimus an gesunde Probanden, die entweder Atorvastatin oder Pravastatin einnahmen, beeinflusste die Pharmakokinetik von Atorvastatin, Pravastatin und Everolimus ebenso wenig in klinisch relevantem Ausmaß wie die Gesamtaktivität der HMG-CoA-Reduktase im Plasma. Diese Ergebnisse können jedoch nicht auf andere HMG-CoA-Reduktase-Hemmer übertragen werden. Patienten sollten auf die Entwicklung einer Rhabdomyolyse oder anderer Nebenwirkungen hin überwacht werden, wie sie in der Fachinformation von HMG-CoA-ReduktaseHemmern beschrieben werden.
- Mäßige Inhibitoren von CYP3A4 und PgP können die Blutspiegel von Everolimus erhöhen (z. B. Fluconazol; Erythromycin; Verapamil, Nicardipin, Diltiazem; Nelfinavir, Indinavir, Amprenavir). Die gleichzeitige Gabe von starken CYP3A4Inhibitoren (z. B. Ketoconazol, Itraconazol, Voriconanzol, Clarithromycin, Telithromycin, Ritonavir) und -Induktoren (z. B. Rifampicin, Rifabutin) wird nicht empfohlen, außer der Nutzen überwiegt das Risiko. Induktoren von CYP3A4 können den Metabolismus von Everolimus verstärken und die Blutspiegel von Everolimus erniedrigen (z. B. Johanniskraut (Hypericum perforatum); Antikonvulsiva: Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin; Arzneimittel gegen HIV: Efavirenz, Nevirapin). Es wird empfohlen, die Vollblut-Talkonzentrationen von Everolimus zu überwachen, sobald CYP3A-Induktoren oder -Inhibitoren gleichzeitig angewendet werden, sowie nach deren Absetzen.
- Grapefruit und Grapefruitsaft beeinflussen die Aktivität von Cytochrom P450 und PgP und sollen daher vermieden werden.
- Impfungen: Immunsuppressiva können die Immunantwort nach Impfungen beeinträchtigen. Eine Impfung kann während der Behandlung mit Everolimus weniger wirksam sein. Die Anwendung von Lebendimpfstoffen sollte vermieden werden.
Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen
- In klinischen Studien wurde Certican® gleichzeitig mit Ciclosporin-Mikroemulsion, Basiliximab und Glucocorticoiden gegeben. Die Kombination von Certican® mit anderen Immunsuppressiva wurde nicht ausreichend untersucht.
- Certican® sollte nicht langfristig in Kombination mit einer vollen Dosis von Ciclosporin eingesetzt werden. Durch die Reduktion der Ciclosporin-Dosis bei Nieren-Transplantationspatienten verbessert sich deren Nierenfunktion. Auch bei Herz-Transplantationspatienten in der Erhaltungsphase sollte die Dosierung von Ciclosporin, soweit toleriert, reduziert werden, um die Nierenfunktion zu verbessern.
- Eine regelmäßige Überwachung der Nierenfunktion wird für alle Patienten empfohlen. Für Patienten mit erhöhten Serum-Kreatinin-Werten sollte eine adäquate Anpassung der immunsuppressiven Therapie - insbesondere eine Reduktion der Ciclosporin-Dosis - in Betracht gezogen werden. Die gleichzeitige Anwendung von anderen Arzneimitteln, die bekanntermaßen eine schädliche Wirkung auf die Nierenfunktion haben, sollte mit Vorsicht erfolgen.
- Patienten, die eine Therapie mit immunsuppressiven Arzneimitteln - inklusive Certican® - erhalten, weisen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Lymphomen oder anderer maligner Erkrankungen, insbesondere der Haut, auf. Die Patienten sollten regelmäßig auf die Bildung von Haut-Neoplasmen überwacht werden und angewiesen werden, die Exposition gegenüber UV-Licht und Sonnenlicht zu minimieren und ausreichend Sonnencreme zu verwenden.
- Eine zu starke Immunsuppression prädisponiert für Infektionen, insbesondere mit opportunistischen Keimen. Es wurde von tödlichen Infektionen und Septikämien berichtet.
- Für Patienten, die ein erhöhtes Risiko für CMV-Erkrankungen aufweisen, wird eine Prophylaxe vor Cytomegalie-Viren (CMV) während der ersten 3 Monate nach der Transplantation empfohlen.
- Die Einnahme von Certican® mit Ciclosporin-Mikroemulsion bei Transplantationspatienten wurde mit erhöhten Serum-Cholesterol- und Triglycerid-Spiegeln in Verbindung gebracht, die gegebenenfalls einer Behandlung bedürfen.
- Patienten mit seltenen hereditären Störungen wie Galactose-Intoleranz, LappLaktase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten Everolimus nicht einnehmen.
Schwangerschaft und Stillzeit
Es gibt keine ausreichenden Daten über die Anwendung von Everolimus bei schwangeren Frauen. Tierstudien haben reproduktionstoxische Effekte einschließlich Embryo-/Fetotoxizität ergeben. Das potenzielle Risiko beim Menschen ist unbekannt. Certican® sollte schwangeren Frauen nicht verabreicht werden, es sei denn, der potenzielle Nutzen übersteigt das potenzielle Risiko für den Fetus. Frauen im gebärfähigen Alter sollten angewiesen werden, effektive Verhütungsmethoden anzuwenden, solange sie Certican® erhalten und in den 8 Wochen nach dem Behandlungsende.
Es ist nicht bekannt, ob Everolimus in die Muttermilch übertritt. In Tierstudien gingen Everolimus und/oder seine Metaboliten leicht in die Milch von säugenden Ratten über. Frauen, die Everolimus einnehmen, dürfen daher nicht stillen.
Handelspräparat Certican®
Hersteller
Einführungsdatum
Zusammensetzung
Eine Tablette zum Einnehmen enthält 0,25/0,5/0,75 mg Everolimus.
Hilfsstoffe:
Butylhydroxytoluol (Ph. Eur.) (E 321), Magnesiumstearat (Ph. Eur.), LactoseMonohydrat, Hypromellose, Crospovidon, Lactose.
Eine Tablette zur Herstellung einer Suspension zum Einnehmen enthält 0,1/0,25 mg Everolimus.
Hilfsstoffe:
Butylhydroxytoluol (Ph. Eur.) (E 321), Magnesiumstearat (Ph. Eur.), LactoseMonohydrat, Hypromellose, Crospovidon, Lactose, hochdisperses Siliciumdioxid.
Packungsgrößen, Preise, PZN
Tabletten zur Herstellung einer Suspension.
0,1 mg:
50 Stück, Euro 67,49, PZN 1754735;
100 Stück, Euro 123,38, PZN 1754741.
0,25 mg:
50 Stück, Euro 154,63, PZN 1754770;
100 Stück, Euro 294,36, PZN 1754793.
Tabletten zum Einnehmen:
0,25 mg:
50 Stück, Euro 154,63, PZN 0465762;
100 Stück, Euro 294,36, PZN 0465779.
0,5 mg: 50 Stück, Euro 299,84, PZN 1754617,
100 Stück, Euro 579,32, PZN 1754623.
0,75 mg: 50 Stück, Euro 445,07, PZN 1754698;
100 Stück Euro 864,28, PZN 1754706.
Indikation
Zur Prophylaxe der Transplantatabstoßung nach allogener Nieren- oder Herztransplantation bei erwachsenen Patienten mit einem geringen bis mittelgradigen immunologischen Risiko in Kombination mit Ciclosporin-Mikroemulsion und Glucocorticoiden.
Dosierung
Anfängliche Dosierung: 0,75 mg zweimal täglich, beginnend sobald wie möglich nach der Transplantation. Die Tagesdosis sollte immer aufgeteilt auf zwei Dosen (zweimal täglich) oral gegeben werden, durchgängig entweder mit oder ohne Nahrungsaufnahme und zur gleichen Zeit wie Ciclosporin-Mikroemulsion.
Kontraindikationen
Überempfindlichkeit gegenüber Everolimus, Sirolimus oder einem der sonstigen Bestandteile
Unerwünschte Wirkungen
Virale, bakterielle und Pilz-Infektionen, Sepsis; Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie, Koagulopathie, thrombotische-thrombozytopenische Purpura/hämolytisch-urämisches Syndrom; Hypercholesterinämie, Hyperlipidämie, Hypertriglyzeridämie; Hypertonie, Lymphozelen, venöse Thromboembolie; Pneumonie; Bauchschmerzen, Diarrhö, Übelkeit, Erbrechen; Akne, Wundheilungsstörungen nach Operationen; Infektionen der Harnwege; Ödeme, Schmerzen
Wechselwirkungen
Die Absorption und darauf folgende Elimination von systemisch aufgenommenem Everolimus kann durch Arzneimittel beeinflusst werden, die auf CYP3A4 und/oder P-Glykoprotein einwirken. Die gleichzeitige Behandlung mit starken CYP3A4Inhibitoren und -Induktoren wird nicht empfohlen. Substrate von CYP3A4 und CYP2D6 sollten mit Vorsicht zusammen mit Everolimus angewendet werden.
Warnhinweise, Vorsichtsmaßnahme
Everolimus sollte nicht langfristig in Kombination mit einer vollen Dosis von Ciclosporin eingesetzt werden, weil dadurch die Nieren geschädigt werden können. Eine regelmäßige Überwachung der Nierenfunktion wird für alle Patienten empfohlen. Patienten, die eine Therapie mit immunsuppressiven Arzneimitteln - inklusive Certican® - erhalten, weisen ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Lymphomen oder anderer maligner Erkrankungen, insbesondere der Haut, auf. Eine zu starke Immunsuppression prädisponiert für Infektionen, insbesondere mit opportunistischen Keimen. Die Einnahme von Certican® mit Ciclosporin-Mikroemulsion bei Transplantationspatienten wurde mit erhöhten Serum-Cholesterol- und Triglycerid-Spiegeln in Verbindung gebracht, die gegebenenfalls einer Behandlung bedürfen.
Literatur
Eisen HJ, Tuzcu EM, Dorent R, Kobashigawa J, Mancini D, Valantine-von Kaeppler HA, Starling RC, Sorensen K, Hummel M, Lind JM, Abeywickrama KH, Bernhardt P; RAD B253 Study Group. Everolimus for the prevention of allograft rejection and vasculopathy in cardiac-transplant recipients. N. Engl. J. Med 349, 847 858 (2003).
Banas B, Boger C, Kramer B. Everolimus in cardiac-transplant recipients. N. Engl. J. Med 349, 2271 - 2272 (2003).
Kurz zusammengefasst
Everolimus (Certican®) ist nach Sirolimus (Rapamune®) und Tacrolimus (Prograf®) das dritte Makrolid, das als Immunsuppressivum eingeführt wird. Everolimus soll wie Tacrolimus und Sirolimus die Transplantatabstoßung nach Nieren- und zusätzlich auch nach Herztransplantationen verhindern. Everolimus wird wie Sirolimus initial mit Ciclosporin und Glucocorticoiden kombiniert. Das oral applizierbare Sirolimus (syn. Rapamycin) war der erste Wirkstoff einer neuen Klasse von Immunsuppressiva, den Inhibitoren von mTOR (mammalian target of rapamycin). Everolimus ist ein synthetisches Derivat von Sirolimus und weist eine verbesserte orale Pharmakokinetik auf.
Alle drei Wirkstoffe binden an das FK-506-Bindungsprotein 12 im Zytoplasma:
- Der Tacrolimus-Protein-Komplex wirkt direkt auf die Phosphatase Calcineurin, als Folge wird der Zellzyklus gestoppt. Auch das Immunsuppressivum Ciclosporin wirkt über eine Hemmung von Calcineurin.
- Die Sirolimus- und Everolimus-Protein-Komplexe interagieren, wie erwähnt, mit einem weiteren Schlüsselprotein, dem Enzym mTOR und greifen damit zu einem späteren Zeitpunkt in die Aktivierungskaskade ein. Die Kinase mTOR liegt im Mittelpunkt der so genannten Signal-III-Kaskade. Die Aktivierung von mTOR führt nach einer Stimulation durch Interleukin-2 zu einer Proliferation und Aktivierung von T- und B-Zellen und zu einer Steigerung der Antikörperproduktion. Durch die Hemmung von mTOR werden also mehrere spezifische Signaltransduktionspfade blockiert und die durch Interleukin vermittelte T-Zell-Aktivierung verhindert. Als Folge wird die Lymphozytenaktivierung gehemmt und dadurch die Immunantwort unterdrückt. Klinisch senkt Everolimus zunächst die Rate akuter Abstoßungsreaktionen. Es hemmt aber auch die Proliferation vaskulärer glatter Muskelzellen und wirkt dadurch langfristig einer Gefäßschädigung (Vaskulopathie) entgegen. Die Substanz ist daher wahrscheinlich nicht nur gegen akute Abstoßungsreaktionen, sondern auch gegen die chronische Abstoßung wirksam. Dadurch könnten sich die Langzeit-Überlebensraten transplantierter Organe verlängern. Die Zulassung von Everolimus in Deutschland stützt sich auf Daten aus Studien mit 634 herztransplantierten Patienten, die 24 Monate lang behandelt wurden, sowie mit mehr als 1700 nierentransplantierten Patienten, die bis zu 36 Monate behandelt wurden. Everolimus hat sich in klinischen Studien als ein guter Kombinationspartner für das Basis-Immunsuppressivum Ciclosporin erwiesen. Es wurde als Teil einer Tripeltherapie zusammen mit einer Ciclosporin-Mikroemulsion und Steroiden in zwei großen, doppelblinden Multizenterstudien geprüft. In der Auswertung nach 12 Monaten erwies es sich in der Immunsuppression als ebenso effektiv wie Mycophenolatmofetil, das in den letzten Jahren am häufigsten als Kombinationspartner in einer Tripeltherapie mit Ciclosporin eingesetzt wurde. Everolimus soll wie Sirolimus initial für die Dauer von 2 bis 3 Monaten mit Ciclosporin und Glucocorticoiden kombiniert werden. Langfristig sollte Everolimus nicht mit einer vollen Dosis von Ciclosporin eingenommen werden, weil Makrolide die nierenschädigende Wirkung von Ciclosporin verstärken können. Im Gegensatz zu Sirolimus, das nach drei Monaten abgesetzt werden muss, kann Everolimus zur Erhaltungstherapie weiter genommen werden, wenn gleichzeitig Ciclosporin stufenweise abgesetzt wird. Eine regelmäßige Überwachung der Blutspiegel von Everolimus und der Nierenfunktion wird für alle Patienten empfohlen. Bei erhöhten Serum-KreatininWerten sollte die immunsuppressive Therapie angepasst, insbesondere die Ciclosporin-Dosis reduziert werden. Arzneimittel, die bekanntermaßen eine schädliche Wirkung auf die Nierenfunktion haben, sollte mit Vorsicht gleichzeitig angewendet werden.