Arzneimittel und Therapie

Kolonkarzinom: Chronobiologischer Chemotherapie

Die chronobiologische Chemotherapie mit Fluorouracil, Folsäure und Oxaliplatin bei einem Dickdarm- oder Rektumkarzinom erhöht die Responderrate und reduziert deutlich die Häufigkeit unerwünschter Wirkungen.

Bei der chronobiologischen Pharmakotherapie wird die zirkadiane Empfindlichkeit bestimmter Zellen auf ein Arzneimittel berücksichtigt. So nimmt z.B. die DNA-Synthese von Knochenmark-, Haut- und Schleimhautzellen zwischen 0 Uhr und 4 Uhr um rund 50% ab, und zytotoxische Stoffe verursachen zu diesem Zeitpunkt weniger Zellschäden als während der maximalen DNA-Synthese. Von Fluorouracil ist bekannt, daß es am besten zwischen 0 Uhr und 4 Uhr vertragen wird, da die Aktivität der Dehydropyrimidindehydrogenase, eines Enzyms, das den intrazellulären Abbau von Fluorouracil beeinflußt und dessen Verträglichkeit erhöht, zu dieser Zeit am höchsten ist. Von diesen Erkenntnissen ausgehend, gewinnt die chronobiologische Anwendung von Zytostatika zunehmend an Bedeutung.

In einer randomisierten, multizentrischen Studie wurde die chronobiologische Zytostatikatherapie bei Patienten mit fortgeschrittenem Kolonkarzinom untersucht. Dazu wurden zwischen 1991 und 1993 an neun verschiedenen Zentren 186 Patienten mit metastasierendem Dickdarm- oder Rektumkarzinom ausgewählt. Alle Patienten erhielten während fünf aufeinanderfolgenden Tagen über 24 Stunden hinweg Fluorouracil (600 mg/m2), Folsäure (300 mg/m2) und Oxaliplatin (20mg/m2). Bei 93 Patienten erfolgte die Zytostatikazufuhr chronobiologisch moduliert (Gruppe A), bei 93 konstant (Gruppe B). Der Therapiezyklus wurde nach 16 Tagen mit einer erhöhten Dosis wiederholt (700 mg/m2 Fluorouracil, 300 mg/m2 Folsäure, 25 mg/m2 Oxaliplatin). In der Folgezeit wurden Responderraten, der Gesundheitszustand und unerwünschte Wirkungen der Therapie sowie die Überlebensdauer festgehalten.

Die Studie wurde vorzeitig abgebrochen, als sich zeigte, daß die chronobiologische Therapie weitaus weniger unerwünschte Wirkungen verursachte als die konstante Zytostatikazufuhr. Die bereits vorliegenden Daten von 87 Patienten wurden mit Hilfe einer Intention-to-treat-Analyse ausgewertet.
• Die Responderrate betrug bei den Patienten, die eine chronobiologische Chemotherapie erhalten hatten (Gruppe A) 51%; bei einer konstanten Zytostatikazufuhr hatten nur 29% der Patienten (Gruppe B) auf die Therapie angesprochen.
• Die Chronotherapie verursachte deutlich weniger unerwünschte Wirkungen. So brachen knapp doppelt so viel Patienten der Gruppe B als der Gruppe A (51% vs. 28%) die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen ab. Insbesondere klagten 76% der Gruppe B über Schleimhautschäden vs. 14 % der Gruppe A. Unter peripheren Neuropathien litten 31% der Gruppe B vs. 16% der Gruppe A. Übelkeit und Erbrechen traten in beiden Gruppen gleich häufig auf (bei rund einem Viertel aller Patienten).
• Die Zeit bis zum Therapieversagen betrug bei den Patienten der Gruppe A 6.4 Monate, bei den Patienten der Gruppe B 4.9 Monate; 24% dieser Patienten erhielten daraufhin eine chronobiologische Chemotherapie.
• Die mittlere Überlebenszeit war in beiden Gruppen ungefähr gleich; sie betrug in Gruppe A 15.9 Monate, in Gruppe B 16.9 Monate. Nach drei Jahren lebten noch 21% der Patienten der Gruppe A und 22% der Patienten der Gruppe B.




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